Die Entwicklung rund um alternative Kraftstoffe nimmt mehr und mehr Fahrt auf: Erstmals hebt am morgigen Sonntag ein Frachtflug auf der Langstrecke ab, der komplett klimaneutral durchgeführt wird – allerdings gibt es einen Haken.

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten verstärkt über alternative Kraftstoffe berichtet und dabei unter anderem auch durch unsere Mitgliedschaft bei aireg ein Zeichen gesetzt, um das Thema noch stärker in den Fokus zu rücken. Wie schnell die Entwicklung vorangeht, zeigen nun auch zwei bekannte Unternehmen: Lufthansa Cargo und die Bahn-Tochter Schenker führen am Sonntagmorgen den ersten komplett klimaneutralen Frachtflug durch, wie unter anderem das Handelsblatt berichtet.

Pflanzenrückstände und Bratfett statt Kerosin

Der erste klimaneutrale Frachtflug der Welt basiert auf einer simplen Logik: Bio-Treibstoff, bei dem keinerlei Kerosin verwendet werden muss. Stattdessen wird der Treibstoff vollständig aus Pflanzenrückständen und Bratfett gewonnen, wie Lufthansa Cargo und Schenker betonen. Eine Spezialfirma aus Finnland liefert für diesen außergewöhnlichen Flug insgesamt 174 Tonnen klimaneutralen Bio-Treibstoff. Peter Gerber, Geschäftsführer von Lufthansa Cargo erklärt dazu:

Dies wird der erste Flug dieser Art sein, der 100 Prozent CO2-frei fliegt

Lufthansa Cargo CEO Peter Gerber

Der gesonderte Treibstoff ist in dieser Form noch nie auf einem Frachtflug zum Einsatz gekommen und soll gewissermaßen eine Revolution anstoßen. “Der Umweltschutz in der Luftfracht ist viel weiter, als viele denken”, betont dazu der Schenker-Vorstandsvorsitzende Jochen Thewes. Das gilt besonders insofern, als an den Triebwerken des Boeing 777-Frachter, der am Sonntagmorgen nach Shanghai abheben wird, keine Änderungen vorgenommen werden mussten. Der Bio-Treibstoff kann ganz einfach ersatzweise für herkömmliches Kerosin verwendet – nur eben ohne die üblichen damit in zusammenhängenden Emissionen.

Klimaneutraler Frachtflug nur auf dem Papier

So schön die Geschichte klingt, gibt es allerdings den einen oder anderen Haken. Da ist erst einmal der auf dem Papier klimaneutrale Flug, der das auf den zweiten Blick gar nicht ist. Aufgrund von regulatorischen Einschränkungen ist der Langstreckenflug nach China bislang mit maximal 50 Prozent Bio-Treibstoff möglich, weswegen in Frankfurt die Hälfte des Tanks weiterhin mit herkömmlichem Treibstoff gefüllt wird. In Shanghai steht ein vergleichbares Produkt zudem nicht zur Verfügung, sodass es zurück nach Frankfurt mit herkömmlichem Kerosin geht. Das heißt konkret: Bei dem Hin- und Rückflug kommen insgesamt nur 25 Prozent Bio-Treibstoff zum Einsatz. Gleichwohl betonen Schenker und Lufthansa Cargo allerdings, dass sie den Bio-Treibstoff dafür auf andere Flüge verteilen werden, sodass die Bilanz dieses Fluges insgesamt klimaneutral ist.

Lufthansa Cargo

Sollten sich die regulatorischen und logistischen Probleme der fehlenden Verfügbarkeit mittelfristig aber ändern, scheinen Frachtflüge mit Bio-Treibstoff durchaus auch schon in wenigen Jahren realistisch. Dazu kommt allerdings noch ein anderes Problem, wie Schenker und Lufthansa betonen. Der Bio-Treibstoff kostet aktuell das drei- bis siebenfache von herkömmlichem Kerosin, wodurch die Nutzung wenig rentabel ist. Für diesen Sonderflug allerdings zahlen Siemens Healthineers und der Pharmakonzern Merck für den Transport von Medizingütern einen erhöhten Tarif, um für die Zusatzkosten aufzukommen. Im Gegenzug erhalten die Konzern ein CO2-Zertifikat. Mit dieser Entlohnungslogik möchten Schenker und Lufthansa Cargo mittelfristig noch weitere Kunden davon überzeugen, mehr für den umweltfreundlichen Transport mit Bio-Treibstoffen zu bezahlen. Ein Modell ähnlicher Art könnte es möglicherweise auch bald für Passierflüge geben.

Fazit zum ersten klimaneutralen Frachtflug

Es ist sicherlich gewissermaßen Augenwischerei, dass Lufthansa Cargo und Schenker den Frachtflug nach Shanghai als klimaneutral bezeichnen – doch die Bemühungen und der Fortschritt beim Thema Bio-Treibstoff sind dennoch bewundernswert. Regulatorische Aspekte und der hohe Preis werden wohl dazu führen, dass es Bio-Treibstoffe noch länger schwer haben werden. Klar ist aber auch: Mittelfristig können Treibstoffe wie diese nicht nur Fracht-, sondern auch Passagierflüge deutlich umweltschonender machen.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.

  • “Eine Spezialfirma aus Finnland liefert für diesen außergewöhnlichen Flug insgesamt 174 Liter klimaneutralen Bio-Treibstoff” – 174 Liter?
    Habe ich da etwas nicht verstanden oder überlesen, oder wo kommt der restliche Treibstoff für diesen Flug her, denn auf dem Weg nach Shanghai werden 174 Liter bei mehreren Strahltriebwerken evtl. doch nicht mal für den Start reichen…?!

Alle Kommentare anzeigen (1)