Der Flugverkehr kommt wieder ins Rollen. Dennoch werden weiterhin viele Flüge gestrichen und Passagiere umgebucht. Reiserechtsexperten sehen darin ein Grund für eine Rückerstattung – gerade in Zeiten von Corona.
Das Coronavirus hält die ganze Welt immer noch fest im Griff. Stark betroffen ist seitdem auch die Reisebranche – besonders der Flugverkehr kam in den letzten Monaten fast vollständig zum Erliegen. Seit den Grenzöffnungen und der weitestgehenden Aufhebung der Reisewarnungen innerhalb Europas kehrt wieder Schwung in den Reisebetrieb. Trotz allem werden immer noch viele Flugänderungen sowie -Stornierungen vorgenommen. Doch Passagiere müssen sich nicht alles gefallen lassen, wie unter anderem airliners.de und Flightright berichtet.
Weiterhin viele Flüge gestrichen
Da die weltweite Reisewarnung noch bis Ende August besteht, haben viele Airlines ihr Streckennetz gerade einmal auf 60 Prozent hochgefahren. Daher fallen weiterhin viele Flüge aus oder werden verschoben, was Reisende verunsichert. Gerade Flüge, die im vergangenen Jahr gebucht wurden und im Sommer starten sollten finden nicht so statt wie geplant. Der Anwalt und Reiserechtsexperte Paul Degott klärt verunsicherte Flugäste auf, inwieweit sie Änderungen oder gar eine Annullierung ihres Fluges hinnehmen müssen.
Die Verschiebung eines Fluges oder eine Umbuchung eines Passagiers auf eine andere Verbindung ist rechtlich betrachtet eine Annullierung – und in diesem Fall hat der Kunde das Recht, von seinem Vertrag zurückzutreten. Das heißt: Er muss nicht fliegen und kann sein Geld zurückbekommen
Paul Degott, Anwalt und Reiserechtsexperte
Ähnlich ist dies auch in Artikel 8 der EU Fluggastrechte-Verordnung geregelt. Reisende haben einen Anspruch auf Rückvergütung, wenn der Flug aufgrund von Corona durch die Airline abgesagt und diese dem Reisenden keine Ersatzbeförderung oder einen Alternativflug anbieten kann. In Zeiten von Corona bieten Airlines ihren Kunden vermehrt Gutscheine als alternative Entschädigung an, wobei der Kunde hier selbst entscheiden kann, ob er diesen annimmt oder auf die Rückerstattung seiner Kosten besteht, wie das Verbraucherportal Flightright verdeutlicht. Eine Grundvoraussetzung für die Ticketrückerstattung ist aber, dass der Flug von einem Flughafen in der EU starten oder landen sollte.
Mit der Erstattungsforderung kann man sich entweder direkt an die Airline wenden oder an den Vertreter des jeweiligen Buchungsportals richten. Hierbei handelt es sich oft um einen langwierigen Prozess, bei dem Portale wie Flightright den Betroffenen helfen können tatsächlich ihre Kosten erstattet zu kriegen.
Flugverschiebung um bis zu drei Stunden möglich
Wie der Anwalt und Reiserechtsexperte Paul Degott deutlich gemacht hat, ist eine Verschiebung oder Annullierung des Fluges ein Grund vom Vertrag zurückzutreten und sein Geld erstattet zu bekommen. Eine Flugverschiebung ist aber erst ab drei Stunden nach der geplanten Reisezeit als Annullierung geltend zu machen. Eine Verschiebung vom Abend auf den Morgen ist ebenfalls eine erhebliche Änderung der Flugzeit und ein Grund vom Flug zurückzutreten. Dies können auch Pauschalreisende in Anspruch nehmen – vorausgesetzt, der Flug mindert als Teil der angebotenen Paketleistung durch eine Verspätung oder gar Annullierung die gebuchte Reise.

Als ein Grund für Flugannullierungen gelten außergewöhnliche Umstände – nach EU Fluggastrechtsverordnung 261/2004. Diese werden gerade jetzt in Zeiten von Corona häufig als Grund von den Airlines genannt. Daher gilt seit dem 18. März nach einem Beschluss der EU-Kommission die Covid-19 Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen und Maßnahmen zur deren Eindämmung als außergewöhnlicher Umstand. Airlines sind dennoch nicht aus der Pflicht, den Ticketpreis zurückzuerstatten.
Das Portal Fairplane konnte jedoch feststellen, dass einige Airlines ihre Kunden unzureichend über eine Flugplanänderung informieren. Ihr Sprecher Prof. Ronald Schmid bedauert zudem, dass es oft zu gesonderten Mitteilungen bei Änderungen des Hin- oder Rückfluges kommt, was Betroffene bei der Rückerstattung oft verunsichert.
Bitte antworten Sie innerhalb von 24 Stunden, andernfalls gelten die Änderungen als akzeptiert. Von Erstattung ist da gar keine Rede. Flugverschiebungen bis drei Stunden muss man hinnehmen.
Prof. Ronald Schmid, Sprecher des Portals Fairplane
Reisende haben Ansprüche bei Verspätungen
Auch eine längere Wartezeit von zwei Stunden kann an den Nerven Reisender nagen. Hier haben Betroffene das Recht ab der zweiten Stunde mit kostenlosen Getränken und kleinen Snacks durch die Airline versorgt zu werden. Dies gilt bei Kurzstreckenflügen und bei Mittelstreckenflügen ab der dritten Stunde, wie das Portal Flightright erklärt.
Sollte der Flug erst am nächsten Tag stattfinden, so können Reisende einen Anspruch auf eine Hotelübernachtung inklusive An- und Abreise zum Flughafen geltend machen. In der Regel gilt die Frist auf eine Antragstellung auf Entschädigung bis zu drei Jahre in Deutschland, die in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben ist, da die EU in ihrer Fluggastrechtsverordnung keine einheitlichen Fristen festgeschrieben hat.
Wann steht Reisenden eine Entschädigung zu?
Eine weitere wichtige Frage, die viele Flugreisende beschäftigt ist die Frage, ob sie bei Flugausfällen aufgrund von Corona neben Erstattungsansprüchen auch auf eine Entschädigung hoffen können. Dies ist aber nur der Fall, wenn sich der Flug um mehr als drei Stunden verspätet und sich die Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände beruft, was seit März jedoch häufiger vorkommt. Paul Degott sieht bei derzeitigen Verschiebungen mit einer Corona-Begründung Probleme, da dies seiner Ansicht nach im März gerechtfertigt war, da der gesamte Flugplan zum Erliegen kam. Aktuell ergibt es wenig Sinn, den Flug aufgrund von Corona einen halben Tag zu verschieben. Das Portal Fairplane rechnet jedoch damit, dass sich weiterhin viele Airlines auf den Corona-Umstand stützen und es hier zu einigen neuen Gerichtsurteilen kommen wird.
Ein Entschädigungsanspruch kann unter drei Voraussetzungen geltend gemacht werden:
- die Airline streicht den Flug aus wirtschaftlichen Gründen
- für die Strecke liegt keine Einschränkung durch mögliche Grenzschließungen
- für das Zielgebiet besteht keine offizielle Reisewarnung
Die Airline ist hierbei in der Pflicht dem Fluggast mehr als 14 Tage im Voraus über die Flugannullierung zu informieren. Geschieht dies nicht, so kann der Gast seinen Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Das gilt auch dann, wenn Airlines den Flug aus wirtschaftlichen Gründen streichen, sich aber auf das Coronavirus beziehen und den Flug nur streicht, da dieser nicht voll ausgebucht ist.
Ob und wie hoch eine Entschädigung bei Ausfall oder eigener Annullierung sein kann, richtet sich nicht nach dem Ticketpreis. Um einen Überblick zu geben, hat Flightright auf ihrer Seite Richtwerte für Kurz,- Mittel- und Langstrecken veröffentlicht.
- Bei Kurzstrecken bis 1.500 Kilometer sind es 250 Euro
- Bei Mittelstrecken bis 3.500 Kilometer sind es 400 Euro
- Bei Langstreckenflügen ab 3.500 Kilometer sind es 600 Euro
Fazit zu den Fluggastrechten bei Umbuchung oder Verschiebung
Generell hat der Fluggast das Recht nicht alles zu akzeptieren, was die Airlines ihm vorschreiben. So kann er bei einer Annullierung oder einer Verschiebung des Fluges um mehr als drei Stunden vom geschlossenen Vertrag zurücktreten und die Erstattung der Ticketkosten verlangen. Eine Entschädigungszahlung ist dann möglich, wenn die Airline den Flug beispielsweise aus wirtschaftlichen Gründen streicht. Dies könnte in Zeiten der Covid-19 Pandemie häufiger vorkommen, da der Flugplan vieler Airlines noch nicht zu 100 Prozent ausgelastet ist. Dennoch ist es in vielen Fällen nicht so einfach, wie es klingen mag und vielen Airlines werden nicht auf Anhieb die Ticketkosten erstatten oder eine Entschädigung zahlen. Man kann also damit rechnen, dass viele Klagen bezüglich Rückerstattungen und Entschädigungen auf die Airlines und die Gerichte zukommen werden.