Die Fluggastrechteverordnung wird oft auf das Thema Entschädigungen reduziert, dabei regelt sich auch noch weitere wichtige Aspekte – wir zeigen, welche Rechte sich schon bei moderaten Verspätungen ergeben!

Das Thema Entschädigungen bei Flugverspätungen ist ein vielfach diskutiertes Thema, das auch gerade im Umgang zwischen Passagier und Fluggesellschaft oft zu Komplikationen führt. Doch es gibt andere Rechte, bei denen stellen sich Fragen nach den sogenannten außergewöhnlichen Umständen gar nicht, sodass man die Ansprüche ganz einfach und auch direkt vor Ort geltend machen kann. Unglücklicherweise sind diese bei vielen Verbrauchern kaum oder gar nicht bekannt – wir klären auf und zeigen, welchen Anspruch Reisende bei einer jeden Verspätung oder Flugverschiebung haben.

Kostenlose Verpflegung ab zwei Stunden Verspätung

Gerade zu Ferienbeginn, aber auch bei schlechtem Wetter, kann es oft dazu kommen, dass Flüge mit relevanter Verspätung unterwegs sind. Unabhängig vom Grund einer Verspätung müssen Fluggesellschaften sogenannte Unterstützungsleistungen gewähren. Diese enthalten “Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit”, was im Grunde bedeutet, dass man sich beispielsweise ein Getränk und eine Mahlzeit kaufen kann und dann einen Anspruch auf Erstattung eben jener hat. Diese Regelung gilt immer dann, wenn ein Flug:

  • bei einer Distanz bis maximal 1.500 Kilometer eine Verspätung von zwei Stunden oder mehr hat
  • bei einer Distanz bis maximal 3.500 Kilometer eine Verspätung von drei Stunden oder mehr hat
  • bei einer Distanz von über 3.500 Kilometern eine Verspätung von vier Stunden oder mehr hat

Je länger die Wartezeit ist, desto mehr Verpflegung dürfte dabei als angemessen angesehen werden. Wenn ein Flug beispielsweise fünf Stunden Verspätung aufweist, dürften auch zwei Mahlzeiten oder beispielsweise drei Getränke angemessen im Sinne der Fluggastrechteverordnung sein.

Um das Geld für die Verpflegung bei einer Verspätung von der Airline zurückzuerhalten, muss man die Belege aufheben und diese danach per E-Mail oder postalisch für die Erstattung einreichen.

Eine wichtige Ausnahme von der genannten Regelung ist Alkohol, denn wie eine richterliche Entscheidung im Jahr 2023 klargemacht hat, ist Alkohol nicht als sogenannte Erfrischung anzusehen. Generell sollte man immer darauf achten, dass Mahlzeiten und Getränke nicht aus dem “angemessenen” Raster fallen. Wer ein Sandwich kauft, ein Pasta-Gericht bestellt oder einen Hamburger ist, dürfte keine Probleme bekommen – wer dagegen Kaviar und Austern bestellt, könnte in Argumentationsschwierigkeiten geraten.

Lufthansa mehr Flugzeuge
Die meisten Fluggastrechte gelten unabhängig vom Grund der Verspätung

Zu beachten ist, dass Airlines teilweise auch Gutscheine zur Verfügung stellen, die einen bestimmten Wert haben. Sofern dies der Fall ist, kann man nicht zusätzlich auch noch eine Erstattung von weiteren Kosten für Mahlzeiten und Erfrischungen beantragen.

Kostenlose Hotelübernachtung bei Verspätungen über Nacht

Wegen des Nachtflugverbots und eng getakteten Flugplänen kommt es gerade abends öfter zu Verspätungen. Das kann insofern problematisch werden, als die letzte Maschine des jeweiligen Abends teils nicht mehr abheben kann. Wer auf den entsprechenden Flug gebucht ist, kann dann oft erst am nächsten Morgen fliegen und muss die Nacht vor Ort verbringen. Dabei ist die Fluggesellschaft allerdings verpflichtet, eine unentgeltliche Hotelunterbringung anzubieten, falls “ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist”. Die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges) ist ebenfalls zu übernehmen.

Bei Verspätungen über Nacht muss die Airline die Hotelkosten übernehmen und zudem die Kosten für den Transfer übernehmen. Auch wer in der eigenen Wohnung übernachtet, bekommt von der Airline beispielsweise die Taxi-Kosten für die zusätzlichen Fahrten erstattet.

Bezüglich der Hotelübernachtung gibt es teils unterschiedliche Interpretationen bezüglich der Kosten, wobei die Verordnung hier anders als bei den anderen Betreuungsleistungen explizit nicht das Wort “angemessen” enthält. Zwar kann die Fluggesellschaft auch selbstständig einen Hotelaufenthalt anbieten, etwa durch Hotelgutscheine. Macht sie das allerdings nicht, kann man als Betroffener selbst ein Hotel buchen und sich das Geld im Nachgang zurückholen.

Fluggastrechte Ersatzleistunge

Dabei darf man annehmen, dass die Kosten für ein typisches Flughafenhotel in der Regel problemlos zurückerstattet werden. Hierbei muss man nicht darauf achten, dass es sich um die günstigste Option handelt – auch eine Unterbringung im direkt mit dem Terminal verbundenen Hotel, oft etwa einem Hilton oder Sheraton, sollte problemlos erstattbar sein. Einzig dann, wenn man sich in einem teuren Luxushotel einbucht und die Kosten von der Airline zurückholen möchte, dürfte es problematisch werden.

Umbuchung auf andere Airlines und Flüge bei Verspätung

Ebenfalls unabhängig von sogenannten außergewöhnlichen Umständen wie Wetterextremen oder Streiks, die nicht im Einflussbereich der Airline liegen, greifen Rechte hinsichtlich der Umbuchung auf andere Flüge derselben oder anderen Airlines. Gerade hier sperren sich die Fluggesellschaften häufig, wobei die Regeln ebenfalls klar sind. So ist in Artikel 8 der Fluggastrechteverordnung geregelt, inwiefern ein “Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung” zu gewähren ist. Wichtig sind hierbei allerdings zwei Aspekte, denn die Regeln hinsichtlich der Umbuchung und Erstattung gelten nicht, wenn:

  • die Verspätung weniger als fünf Stunden beträgt
  • die Änderung oder Annullierung mindestens zwei Wochen vor dem Abflug kommuniziert wurde
  • die Änderung oder Annullierung mindestens eine Woche vor Abflug kommuniziert wurde und eine angebotene alternative Beförderung zu maximal vier Stunden Verspätung am Zielort führt
  • eine angebotene alternative Beförderung zu maximal zwei Stunden Verspätung am Zielort führt

In allen anderen Fällen gilt dagegen, dass Passagiere wählen können zwischen:

  • einer vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten
  • einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
  • einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes

Besonders wichtig ist hier, dass die Fluggastrechteverordnung keine Einschränkung auf Flüge der jeweiligen Airline, verbundenen Luftfahrtunternehmen oder einer Allianz vorsieht. Das bedeutet konkret, dass die Fluggesellschaft Euch zwingend auf einen Flug umbuchen muss, der die oben genannten Bedingungen erfüllt. Sofern sie dies nicht selbstständig tut, kann man den Flug selbst buchen und sich die Kosten danach erstatten lassen.

Bei einer Verspätung von über fünf Stunden oder einer kurzfristigen Annullierung muss eine Fluggesellschaft auch auf andere Airlines umbuchen oder die Kosten für durch den geschädigten Passagier selbst gebuchte Flüge übernehmen, sofern sie selbst keine alternative Beförderung anbieten kann, die zu maximal zwei Stunden Verspätung am Zielort führt.

Gerade Günstigflieger stellen sich in diesem Punkt oft quer und bieten ausschließlich Umbuchungen auf eigene Flüge um, die teils erst viele Stunden oder gar Tage später stattfinden. Als Passagier muss man dies nicht akzeptieren und kann stattdessen eine Umbuchung auf andere Airlines verlangen oder selbst tätig werden. Zwar muss man sich darauf einstellen, dass die Airline die Umbuchung nicht selbst durchführen wird, allerdings hat man die Rechtslage klar auf seiner Seite und kann entsprechend problemlos im Nachgang eine Erstattung der Kosten einfordern.

Fluggastrechte sind mehr als nur Entschädigung

Neben den genannten Rechten dürfen sich Passagiere je nach Streckenlänge und Dauer der Verspätung zusätzlich auch noch über eine Entschädigung freuen – allerdings gilt dies nur dann, wenn außergewöhnliche Umstände nicht der Grund für die Verspätung waren. Deshalb sollte man sich auch immer in Erinnerung rufen, dass die Fluggastrechte mehr sind als nur Entschädigungszahlungen bei stark verspäteten Flügen. Ob bei Gewitter, Streik oder anderen größeren Problemen: Einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen und Umbuchungen hat man immer.

Fluggastrechte Entschädigung

Natürlich liegt der Teufel bei den Fluggastrechten immer im Detail, aber einfach merken kann man sich, dass es ab zwei Stunden Verspätungen kostenfreie Mahlzeiten und Erfrischungen geben muss. Ab fünf Stunden Verspätung hat man zudem Anspruch auf eine Umbuchung auf andere Flüge, unabhängig von der jeweiligen Airline und sofern die Verspätung dafür sorgt, dass man eine Nacht anderswo verbringt, muss die Airline das Hotel bezahlen. Übrigens: All das sorgt nicht dafür, dass man potenziell nicht trotzdem noch zusätzlich Anspruch auf eine Entschädigung hat!

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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  • Kostenlose Verpflegung ist ein Witz. Letztens mit Aer Lingus geflogen, ewig bis zum Start gewartet, mit vier Stunden Verspätung los. An Bord gab es nichts – man hätte selbst für die Cola noch drei Euro zahlen müssen!

  • bzgl. kostenloser Verpflegung bei Verspätung stelle ich mir die Frage welcher (Geld-)Wert vor Gericht als “angemessen” gesehen wird? Das es kein Champaner und Kavier sein soll ist mir klar, nur bekommt man für einen €7,50 Voucher, den EW seinen Passagieren bei Verspätung verteilt, am Flughafen keinen Burger und Cola mehr dafür. Mitlerweile sind Verspätungen >4Stunden leider keine Seltenheit. Dafür die Passagiere dann mit einem €7,50 Voucher zu beglücken und dies als geleistete “angemessene” Unterstützungsleistung zu betrachten, halte ich für nicht gerecht.

    Kann jemand vielleicht aus Erfahrung berichten ob man trotzdem noch einen höhere Wert für seine Verpflegungsausgaben erstattet bekommt? Vielleicht jetzt nicht zwingend von EW. Es gibt ja noch andere Airlines die einen sehr geringen Wertgutschein als “angemessen” seinen Passagieren ausgibt.

    • Hi Peter, ich würde mich hinsichtlich der Definition immer am lokalen Preisniveau orientieren. Ich sehe eine reguläre Mahlzeit bestehend aus einem Hauptgericht sowie Getränke immer mindestens als angemessen an, selbst eine Vorspeise oder ein Dessert zusätzliche dürfte dieser Definition entsprechen. An einem Airport sind das gut und gerne 20 bis 30 Euro, je nach Destination auch mehr – das hat die Airline dann auch zu erstatten und das lässt sich auch rechtlich einklagen. Selbst dann, wenn die Airline einen Gutschein verteilt, der nur einen Teil dessen deckt – 7,50 Euro sind für eine Mahlzeit am Flughafen definitiv nicht angemessen.

  • Pauschal sind die Aussagen bzgl Alkohol nicht richtig.. haben schon Amtsgerichte den Reisenden zugebilligt, dass ein guter Wein zu einem Abendessen dazugehören darf und die Airline dafür zahlt.

    Wie gesagt, ist aber noch nicht höchstrichterlich (BGH) entschieden.

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