Ursprünglich plante die Bundesregierung einen millionenschweren Fonds, welcher Verbraucher vor der Insolvenz von Reiseveranstaltern schützen sollte – die entsprechende Vorlage soll zwar am morgigen Freitag debattiert werden, ausreichend Unterstützung wird jedoch nicht erwartet.

Viele Unternehmen der Reisebranche haben mit den Folgen der Reisebeschränkungen durch das Corona-Virus andauernd zu kämpfen, einige andere mussten bereits in die Insolvenz. Verbraucher bleiben dann meist auf ihren Forderungen sitzen und haben trotz Anspruch auf Schadensersatz keine Möglichkeit das Geld zurückzubekommen. Ein Problem, welches jedoch keinesfalls ausschließlich durch das Corona-Virus entstanden ist. Deshalb arbeitete die Bundesregierung an Plänen für einen neuen Sonderfonds, welcher Verbraucher bei Insolvenzverfahren von Reiseveranstaltern entlasten und schützen sollte – eine entsprechende Vorlage soll morgen im Bundestag debattiert werden. Die Aussichten auf diesen Fonds sind jedoch nicht besonders zuversichtlich, wie FVW berichtet.

Besserer Verbraucherschutz bei Pleiten

Bereits vor der Corona-Pandemie waren Reiseveranstalter und Fluggesellschaften, und dementsprechend die Kunden, von Pleiten und Insolvenzverfahren geplagt. Paradebeispiel ist dafür die Insolvenz von Air Berlin. Aktuell laufen noch immer Verfahren gegen die ehemaligen Geschäftsführer bezüglich ausstehender Verbindlichkeiten. Bis heute jedoch ohne Erfolg. Meist müssen die Verbraucher mit ihren verhältnismäßig geringen Verbindlichkeiten hinnehmen, dass diese gar nicht mehr beglichen werden. Ähnliches ereilte auch Kunden des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook, welcher ebenfalls vor der Corona-Pandemie in die Insolvenz gehen musste. Das traf auch die Condor und damit deutsche Reisende. Hier entschied sich jedoch die Bundesregierung, die Condor durch Staatshilfen aufzufangen und zu retten. Um solche Entscheidungen in Zukunft vermeiden zu können, plante die Bundesregierung für solche Fälle einen 750 Millionen Euro schweren Fonds einzurichten, um Verbraucher in Zukunft absichern zu können.

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Ein Entwurf des Bundesjustizministeriums liegt dafür bereits vor und soll am morgigen Freitag im Bundestag debattiert werden. Demnach soll ein Reisesicherungsfonds ins Leben gerufen werden, welcher von Reiseveranstaltern finanziell gefüllt wird, womit die bisherige Absicherung durch Versicherungen oder Bank-Bürgschaften abgelöst werden soll – Ausnahmen soll es für kleine Unternehmen geben. Der Reisesicherungsfonds soll dann Passagieren finanzielle Unterstützung leisten, sollten bereits Vorauszahlungen für eine Reise getätigt worden sein, diese durch das Unternehmen jedoch nicht mehr beglichen werden können. Darüber hinaus sollen damit auch Rücktransporte von gestrandeten Passagieren und die Unterbringung bis zum Rücktransport gesichert werden.

Air Berlin

Auch wenn für morgen die Debatte zu diesem Entwurf im Bundestag stattfinden soll, so scheint die Unterstützung im Bundestag für dieses Projekt äußerst gering sein. Im Anschluss der Debatte soll der Entwurf dem Rechtsausschuss übergeben werden. Das Gesetz jedoch sei nicht zustimmungspflichtig durch den Bundesrat. Die Länderkammer kann also lediglich an den Gesetzgeber appellieren. Der Bundesrat jedoch hat zuletzt weitere Erleichterungen gefordert und empfiehlt die jährlichen Entgelte von 0,6 statt 1,0 Prozent vom Umsatz eines Veranstalters sowie eine Sicherheitsleistung von vier statt sieben Prozent anzupassen. Die Länder hingegen fordern, dass die Fondspflichtgrenze von drei auf 20 Millionen Euro Umsatz und die Aufbauphase von fünf auf zehn Jahre erhöht werden soll.

Passagiere wünschen sich mehr Respekt und Transparenz

Mittlerweile kommt es nicht mehr selten vor, dass Passagiere aufgrund von Insolvenzen irgendwo auf der Welt gestrandet sind oder auf Rückzahlungen vergeblich warten. Vor allem deshalb wünschen sich vor allem seit der Corona-Pandemie Kunden einen respektvolleren und transparenteren Umgang und das Befolgen vorhandener Gesetze zur Entschädigung der Passagiere. Vor allem aber die Insolvenz von Thomas Cook verleitete die Bundesregierung zu solchen Bestrebungen. Die Versicherung des britischen Reiseveranstalters kam letztlich wegen einer jährlichen Haftungsbegrenzung nur für eine Summe von 110 Millionen Euro auf. Die restlichen Verbindlichkeiten musste die Regierung auffangen.

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Der neue Reisesicherungsfonds soll eigentlich bis spätestens 2026 mit 750 Millionen Euro gefüllt sein. Vor allem die aktuelle Situation sorgt aber für eine prekäre Lage vieler Unternehmen in der Reisebranche. Kleinere Veranstalter mit einem Umsatz von durchschnittlich drei Millionen Euro pro Jahr sollen sich nicht an diesen Fonds beteiligen und stattdessen weiterhin mit Versicherungen und Bank-Bürgschaften absichern. Dafür soll bei großen Veranstaltern die Haftungsbegrenzung von 110 Millionen Euro in Zukunft entfallen und mit einer Beschränkung von 22 Prozent des Jahresumsatzes ersetzt werden. Damit wären Verbraucher in Zukunft deutlich besser abgesichert.

Fazit zum 750-Millionen-Euro-Fonds zur Absicherung von Insolvenzen in der Reisebranche

Die Bestrebungen der Bundesregierung sind gut, die Aussicht auf tatsächliche Umsetzung des Entwurfs jedoch nicht. Mit dem neuen Reisesicherungsfonds wären Verbraucher deutlich besser geschützt, sowohl während des Urlaubs als auch mit ihren Verbindlichkeiten davor. Damit hat die Bundesregierung aus vergangenen Fällen gelernt und nimmt die Veranstalter mehr in die Pflicht. Inwiefern dieser Fonds, der erst im Jahr 2026 mit 750 Millionen Euro gefüllt sein soll, schützen kann, ist ungewiss. Bereits jetzt droht vielen Unternehmen aufgrund der Pandemie die Insolvenz.

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Autor

Alexander Fink ist als Content Editor seit Januar 2021 für reisetopia tätig. Zuvor war er als Account Manager in der Industrie beruflich unterwegs und schrieb von seinen Reiseerfahrungen im eigenen Blog. Heute ist er Euer Ansprechpartner für alle Airline- und Kreditkartenthemen.

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  • Wer einen Sumpf trocken legen will, darf nicht die Frösche fragen.

    Natürlich wollen die Veranstalter, dass alles so bleibt wie es ist, wer will schon höhere Kosten, wenn man die Reisenden genauso gut im Regen stehlen und auf Staatskosten retten lassen kann.

    Logisch, dass die Lobby alles tut was sie kann, um eine Änderung zu verhindern.

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