Der US-amerikanische Finanzinvestor Bain Capital ist der neue Eigentümer der strauchelnden Virgin Australia. Die Pläne für die Zukunft der Fluggesellschaft sehen wohl eine Veränderung des Fokus vor.
Die zweitgrößte Fluggesellschaft in Australien war bereits vor der Krise rund um das Coronavirus weit von der Profitabilität entfernt, sodass Virgin Australia während der Krise wenig überraschend in große Schwierigkeiten geraten ist. Nachdem die Regierung sich vorerst gegen Staatshilfen für Fluggesellschaften entschieden hatte, musste Virgin Australia gar Insolvenz anmelden. In den letzten Wochen hatten sich allerdings mehrere Bieter zusammengefunden, welche die Airline übernehmen wollten – allesamt amerikanische Finanzinvestoren.
Bain Capital möchte so viele Jobs erhalten wie möglich
Am Ende des Bieterprozesses blieben zuerst drei Konkurrenten übrig, zuletzt waren es dann sogar nur noch zwei. Als erster von drei größeren Finanzinvestoren aus den USA hatte sich der Spezialist für Low-Cost-Fluggesellschaften Indigo Partners verabschiedet, es verblieben Bain Capital sowie Cyrus Capital Partners. Die beiden Schwergewichte hatten dabei bis zuletzt mit dem Management von Virgin Australia sowie den beigestellten Insolvenzverwaltern von Deloitte verhandelt. Cyrus allerdings hatte sein Angebot in der Nacht zurückgezogen, angeblich, weil das Management nicht mehr auf Anrufe und Nachfragen geantwortet habe.
Nur eine Stunde nach dem Rückzug von Cyrus Capital Partners gab Bain Capital bekannt, sich für die Übernahme von Virgin Australia entschieden zu haben, wie Business Insider zuerst berichtet hatte. Vonseiten des aktuellen Managements von Virgin Australia heißt es zum Deal:
“We believe Bain Capital’s proposal offers the best possible future for Virgin Australia, its employees and its customers. (…) We are aligned in our vision for Virgin 2.0 and look forward to working with them to secure the airline’s future.”
Virgin Australia CEO Paul Scurrah zum Deal
Bain Capital gab nach dem positiven Votum des Managements von Virgin Australia bekannt, dass man versuchen werde, so viele Jobs wie möglich beizubehalten. Konkret heißt es von Bain:
“We appreciate how difficult the current situation is for Virgin Australia staff. They are the essence of the business, and we thank them for their perseverance through this challenging period. (…) Our investment and plan for the airline will support and celebrate Virgin Australia’s unique culture and protect as many jobs as possible for the short and medium term in a way that will make significant jobs growth possible.”
Bain Capital Managing Director Australia Mike Murphy zum Deal
Gleichzeitig gibt es auch Kritik am Verkauf von Virgin Australia an Bain Capital, nicht zuletzt mit Blick auf eine mögliche Benachteiligung von Cyrus Capital Partners. Besonders kritisch zeigten sich nach der Ankündigung auch die Gewerkschaften, die auf eine Übernahme durch den anderen US-Finanzinvestor gehofft hatten.
Kleine Virgin Australia mit neuem Fokus wahrscheinlich
Die Kritik der Gewerkschaften basiert darauf, dass Bain Capital plant, die Fluggesellschaft weniger breit aufzustellen als bisher. Eine Reduzierung von Strecken und Flotte würde auch mit einem Jobabbau einhergehen. Gleichzeitig ist Bain Capital dafür bekannt, auf Kriegsfuß mit Gewerkschaften zu stehen und könnte entsprechend versuchen, bestehende Verträge zu kündigen, um die Kostenbasis zu drücken. Gleichzeitig betreiben Virgin Australia sowie Bain bereits Lobbyarbeit, um doch noch von staatlichen Hilfen profitieren zu können. Dies könnte möglicherweise zur Folge haben, dass die Airline ihr Streckennetz zumindest für den Moment beibehalten und die Zahl möglicher Entlassungen kleinhalten könnte.
Der mittelfristige Plan von Bain Capital sieht allerdings eine andere Airline als bislang vor, wie Financial Review im Mai berichtet hat. Bain selbst sieht einen Mittelweg für die Airline, während etwa Indigo Partners einen kompletten Fokus auf den Billigsektor geworfen hatte. Cyrus Capital Partnern dagegen hatte vor, die Fluggesellschaft ähnlich wie bislang auf das Premium-Segment sowie internationale Flüge zu fokussieren. Bain dagegen möchte die Airline kleiner aufstellen und den Fokus ein wenig verschieben und verweist dafür auf die erfolgreichen Zeiten als Airline mit Fokus auf Billigflüge in den ersten zehn Jahren des Jahrtausends. Gleichzeitig heißt es von Bain auch, dass man sich noch nicht entschieden habe, wie man Virgin Australia konkret ausrichten wird. Murphy erklärte dazu gegenüber Financial Review:
“We are going through each of those routes and markets to understand what makes sense. I understand the low-cost market strategy has been successful in many markets, and Indigo has been successful on that front, but we are formulating our strategy on exactly where Virgin should be positioned.”
Bain Capital Managing Director Australia Mike Murphy zur Positionierung
Klar scheint, dass Bain Capital die Airline für den Moment auf den lokalen Markt fokussieren wird. Ob es mittelfristig überhaupt wieder Langstreckenflüge bei Virgin Australia geben wird, bleibt offen. Auf den Strecken nach Nordamerika sowie Asien hatte die Airline in der Vergangenheit nie Geld verdient. Gerade hier scheint ein neuer Fokus also nicht unbedingt falsch, zumal Australien die Grenzen auf absehbare Zeit geschlossen hält.
Tickets und Guthaben bleiben gültig, Kaufpreis unbekannt
Gute Nachrichten bringt der Deal voraussichtlich für diejenigen, die aktuell ein aktives Ticket mit Virgin Australia haben. Durch die Übernahme behalten alle Tickets ihre Gültigkeit, die Airline wird zudem weiter regulär Flüge durchführen. Auch die als Guthaben ausgestellten Gutscheine für nicht erfüllte Flüge während der Krise behalten ihre Gültigkeit, wie der Guardian berichtet. Für Passagiere der australischen Fluggesellschaft sehen die Bedingungen des Deals entsprechend durchaus positiv aus. Auch das Vielfliegerprogramm Velocity inklusive der dort angesammelten Meilen soll voraussichtlich bestehen bleiben. Ab wann die Meilen wieder eingelöst werden können, bleibt allerdings offen.
Das gilt weniger für die Anteilseigner und Gläubiger, denn über den Kaufpreis wurde bislang keine Angaben gemacht. Man darf allerdings davon ausgehen, dass die insgesamt 6,8 Milliarden US-Dollar Schulden (~ 6 Milliarden Euro) wenn überhaupt nur teilweise zurückgezahlt werden. Auch die Eigner von Anleihen im Gesamtwert von knapp 2 Milliarden US-Dollar (~ 1,8 Milliarden Euro) bleiben wohl im Regen stehen. Die Gläubiger müssen dem Deal allerdings noch zustimmen, geplant ist ein entsprechendes Votum für August. Aufgrund der Alternativlosigkeit scheint eine Zustimmung allerdings wahrscheinlich.
Fazit zur Übernahme von Virgin Australia durch Bain Capital
Virgin Australia ist für den Moment gerettet und blickt einer neuen Zukunft entgehen. Wie diese genau aussehen wird, bleibt aktuell noch offen. Bain hatte im Bieterprozess eine Art Mittelweg für die Airline ins Spiel gebracht, womit zu erwarten ist, dass Virgin Australia zwar keine Billigfluggesellschaft sein wird, sich aber möglicherweise aus dem Premium-Segment und von interkontinentalen Routen verabschiedet. Es wird entsprechend interessant zu sehen, was man von der beliebten Airline in Zukunft erwarten kann.