Dieses Jahr hatten die Mitarbeiter der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (SÖP) alle Hände voll zu tun, denn noch nie sind so viele Beschwerden von Verbrauchern und Verbraucherinnen eingegangen wie in diesem Jahr.

Das Jahr 2020 schlägt das bisherige Rekordjahr 2018, als durch die Pleite von Air Berlin der gesamte Flugplan durcheinander kam und die Fluggäste mit massiven Verspätungen und Flugausfällen kämpfen mussten. Dementsprechend verzeichnet die SÖP aktuell aufgrund der Corona-Pandemie ein knappes Drittel mehr als im Jahr 2018. Im Vergleich zum Vorjahr 2019 erhöhte sich die Beschwerdezahl sogar um fast 60 Prozent, wie aero.de berichtet.

Rückerstattungen sind Hauptgründe der Beschwerden

Laut der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. sind vor allem die Rückerstattungen im Flugverkehr Inhalt der Beschwerden. Fast 84 Prozent sind im Laufe des Jahres diesbezüglich eingegangen. Zu Anfang der Corona-Krise ist die Luftfahrt während des ersten Lockdowns praktisch zum Erliegen gekommen. Auch die aktuellen Entwicklungen setzen den Fluggesellschaften nach wie vor zu. Dementsprechend sind viele Kunden auf ihren Tickets sitzen geblieben und ein Großteil warten noch heute auf eine Rückerstattung.

Viele Airlines boten ihren Kunden ausschließlich einen Gutschein als Form der Ticketkostenerstattung an. Nicht alle Kunden wollte einen Gutschein akzeptieren und bestanden auf eine Geldzahlung.

Sprecher der SÖP

Mitte März hatte die EU-Kommission beschlossen, dass die Verbraucher auch während der Pandemie ein Recht auf Rückerstattung ihrer Flugtickets haben. Laut der SÖP zufolge warten viele Reisende noch immer auf die anstehende Rückzahlung. “Airlines sagten ihren Kunden die Erstattung der Ticketkosten zwar zu, doch eine Überweisung des Geldbetrages erfolgte nicht”, hieß es weiterhin.

Flughafen Köln Bonn

Ein prominentes Beispiel für die schleppende Rückerstattung ist die Lufthansa, denn aktuell warten noch rund 500.000 Passagiere auf ihre Rückerstattung. Tendenz steigend. Die Reisebeschränkungen und strikten Quarantäneverordnungen zwang die Lufthansa immer wieder zu neuen Flugstornierungen und Tag für Tag kommen neue Stornierungen dazu. Zwar bemüht sich die Lufthansa den Berg an Rückerstattungen zu bearbeiten, doch dies erweist sich als ein äußerst mühsamer Prozess. Etwa 200 Millionen Euro an Rückerstattungen stehen weiterhin aus.

Der Schienenverkehr sorgt ebenfalls für Beschwerden

Auch der Schienenverkehr musste zahlreiche Beschwerden einstecken. Rund 13 Prozent der gesamten Beschwerden sind auf Kunden der Deutschen Bahn zurückzuführen. Auch wenn der Konzern den Schienenverkehr größtenteils aufrechterhielt, blieben viele Sitzplätze leer. Aktuell liegt die Auslastung in den Zügen bei etwa 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahresniveau. Grund dafür sind die Verschiebungen der Zugreisen, aufgrund der Ansteckungsangst im Zug oder den coronabedingten Ausfällen von Geschäftsreisen. In diesen Fällen zeigte sich die Deutsche Bahn Anfangs kulant. „Bis zum 13. März erworbene und bis Reiseantritt 4. Mai gültige Tickets konnten in einen drei Jahre gültigen Gutschein umgewandelt werden.” Diese Regelung änderte der Konzern jedoch kurzerhand, sodass die Fahrkarten fortan nur noch bis Ende Oktober gültig waren, zudem ließ sich die Fahrstrecke nicht mehr ändern.

Auf andere Verkehrsträger bezog sich laut SÖP nur ein geringer Teil der Beschwerden. Dieser Anteil lag bei Beschwerden zu Fernbussen und dem öffentlichen Nahverkehr bei rund einem Prozent. Insgesamt konnte die Schlichtungsstelle bei rund 80 Prozent aller Fälle die Anliegen der Reisenden erfolgreich bearbeiten.

Fazit zum Beschwerderekord der SÖP

Noch nie zuvor wurden der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. so viele Beschwerden zugeschickt wie in diesem Jahr. Inhalt dieser Beschwerden waren größtenteils an den Fluggesellschaften gerichtet, die seit Anfang der Pandemie mit Rückerstattungen zu kämpfen haben. Rund 41.000 Anträge von Reisenden lagen der Schlichtungsstelle im laufenden Jahr vor, mehr als im bisherigen Rekordjahr 2018. Insgesamt konnte die Stelle in rund 80 Prozent der Fälle dafür sorgen, dass die Reisenden mit ihrem Anliegen erfolgreich waren. Das sich die Kostenrückerstattung bei Flugtickets als ein Mammutprojekt erweist, zeigt die Lufthansa, die zunehmend bei Verbraucherschützern unter Kritik steht. Zwar hatte die Fluggesellschaft finanzielle Hilfen in Milliardenhöhe erhalten, dennoch läuft die Rückerstattung nur schleppend voran. Viele Kunden warten immer noch auf die ausstehende Rückzahlung, dementsprechend dürften auch die Beschwerden bei der SÖP noch lange kein Ende nehmen.

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Autorin

Schon als kleines Kind verbrachte Christel jährlich mehrere Wochen auf den Philippinen und konnte dadurch immer mehr zu ihren philippinischen Wurzeln finden. Mittlerweile reist sie gern für neue Geschmackserlebnisse und liebt sogar das Flugzeugessen.

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