Mittlerweile hat die größte deutsche Fluggesellschaft auch öffentlich bestätigt, dass die Lufthansa dynamische Flugpreise einführt. Das Thema ist vor allem für Vielflieger höchst relevant. In diesem Artikel fassen wir deswegen zusammen, was Ihr erwarten könnt.

Flugpreise sind ohnehin höchst komplex und werden von keinem Kunden ernsthaft verstanden. Den meisten ist inzwischen klar, dass es keine Festpreise gibt, sondern die Preise höchst unterschiedlich ausfallen können. Mit den dynamischen Preisen wird hier allerdings noch ein Schritt weitergegangen, denn in der Zukunft soll jeder Kunde einen individuellen Preis erhalten, je nach Zahlungsbereitschaft und Historie mit der Airline.

Dynamische Preise sind keine Neuheit

Um die Zukunft zu verstehen, muss man sich zunächst die bisherige Preisgestaltung anschauen. Ein großes Thema sind Buchungsklassen, die wir bereits ausführlich vorgestellt haben. Dabei gibt es 26 verschiedene Buchungsklassen (eine pro Buchstabe im Alphabet), die jeweils einen unterschiedlichen Preis und verschiedene Bedingungen haben. Alleine in der Economy Class gibt es dabei etliche verschiedene Klassen, von günstig bis teuer und von „ohne alles“ bis kostenfrei stornier- und umbuchbar.

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Dank verschiedener Buchungsklassen kann jeder Kunde für den gleichen Sitz unterschiedlich viel zahlen

Die Dynamik ist allerdings auch jetzt schon vorhanden, denn Airlines können die Preise der Buchungsklassen regelmäßig ändern, komplexe Bedingungen für günstige Buchungsklassen entwerfen und können vor allem flexibel günstige Buchungsklassen schließen, sodass die Preise steigen.

Wer in der Woche einen Hin- und Rückflug in die USA mit zwei Tagen vor Ort bucht, ist höchstwahrscheinlich geschäftlich unterwegs – hier können günstige Buchungsklassen generell ausgeschlossen werden, sodass der Preis stark steigt. Liegt der Flug noch weit in der Zukunft, können günstige Buchungsklassen offen gelassen werden, um den Flieger zu füllen. Kurz vor Abflug sind die günstigen Buchungsklassen dann leer, damit zahlungsbereite Geschäftsreisende nur noch teure Preise vorfinden.

Von 26 Buchstaben zu beliebig vielen Preisen

Doch trotz dieser Dynamik sind die Preise nicht komplett flexibel. Der Preissprung von einer Buchungsklasse in die nächsthöhere kann schnell über 100 Euro betragen. Möchte eine Airline die Preise allerdings langsam ansteigen lassen, kann es hier nur die günstigere Buchungsklasse schließen und die Preise schnellen um 100 Euro nach oben – das soll sich ändern.

Lufthansa Buenos Aires
Die Preise sollen komplett dynamisch festgelegt werden

Der Schlüssel hierfür ist der Wegfall der Buchungsklasse, die die Anzahl an Preisen limitiert. Statt 100 Euro Preisdifferenz kann der Preis nun erst um 10 Euro steigen und dann sukzessive erhöht werden. Dieses Schaffen von „Zwischenpreisen“ wurde bereits im letzten Jahr getestet und lief nach unseren Quellen so erfolgreich, dass nun mit viel Energie das System ausgebaut werden soll.

Was halbwegs einfach klingt, ist in der Praxis hochkomplex. Denn der Großteil des Ticketverkaufs läuft über GDS-Systeme (zum Beispiel über stationäre und Online-Reisebüros) und nicht über die Lufthansa direkt, was der Airline natürlich lieber wäre. Hierfür hat die Lufthansa gemeinsam mit anderen Airlines in der IATA ein neues Vertriebssystem entwickeln lassen und mitfinanziert, das NDC (=New Distribution Capability). Hiermit sind dynamische Preise überhaupt erst möglich und es ist deutlich moderner und ausbaufähiger als das GDS, das seine besten Zeiten hinter sich hat.

Flughafen Stock
Ein Großteil der Flugtickets werden nicht direkt über die Airline gebucht

Wie bewegt man also tausende Reisebüros zu einem Wechsel auf Buchungen über das NDC oder direkt über die Lufthansa, um dynamische Preise vorgeben zu können und gleichzeitig mehr Daten über den Kunden sammeln zu können? Mit Zuckerbrot und Peitsche! So hat die Lufthansa schon 2015 eine GDS Gebühr von 16 Euro erhoben, ein Zuschlag der auf alle Buchungen aufgeschlagen wird. Des weiteren sind einige günstige Tickets (z.B. Economy Light) gar nicht mehr im GDS zu finden – somit steigen die Preise für Kunden stark im Vergleich zur Buchung über direkte Kanäle wie die Webseite der Airline. Hiermit hofft die Lufthansa, nach und nach die Partner auf eigene Kanäle zu bringen.

Dynamische Angebote für jeden Kunden

Doch dies ist noch nicht der letzte Schritt. Das Schaffen von „Zwischenpreisen“ zwischen zwei Buchungsklassen bringt zwar zusätzliche Einnahmen durch das schrittweise Erhöhen der Preise, doch ist noch kein wirklich dynamischer Preis. Was wäre, wenn zahlungsbereite Nutzer einen höheren Preis sehen als preissensible Reisende? Was wäre, wenn die Lufthansa genau wüsste, wer was bereit ist zu zahlen?

Basel Flughafen Boarding Ryanair
Jeder Gast hat einen anderen Höchstpreis im Kopf

Genau das weiß die Lufthansa schon, dank den Millionen von Kunden bei Miles and More, die bereitwillig jede Flugsuche und Flugbuchung abspeichern. So kann die Lufthansa schnell sehen, wer bei leicht höheren Preisen nicht sensibel ist und trotzdem bucht und ihm genau diese Preise dann anzeigen. Dies ist der Traum eines jeden Revenue Managements: Jeder Kunde bezahlt im Bestfall genau so viel, wie er höchstens bereit ist zu zahlen.

Doch die Zukunft geht hier noch einen Schritt weiter, denn dank der Vielfliegerprogramme wissen die Airlines auch von anderen Vorlieben der Reisenden. Ob der Lieblingsplatz an Bord, die Menge an nötigem Gepäck oder die favorisierte Mahlzeit – all dies ist gespeichert im System. Das erlaubt es der Airline, statt nur einem Flugpreis ein Bundle anzubieten.

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Essen oder Sitzplatz können schon im Preis inkludiert werden

So kann dann ein leicht höherer Preis angeboten werden, welcher allerdings den Exit Row Sitzplatz, das zweite Gepäckstück und Fast Lane Security enthält, wenn der Kunde dies immer gerne hinzubucht. Der Gesamtpreis ist dann leicht unter den Kosten, würde man alles einzeln hinzubuchen, doch die Airline kann damit einen höheren Preis durchsetzen. Final gibt es dann keine Preise je Buchungsklasse, sondern jede Fluganfrage führt zu einem komplett dynamischen Preis. Je besser die Airline einen kennt, desto passender ist das Angebot.

Dynamische Flugpreise – Fazit

Der Trend der dynamischen Preise hat begonnen und wird nicht mehr zu stoppen sein. Neben der Lufthansa starten auch andere große Airlines ihre Angebote, unter anderem Air France-KLM, American Airlines und United sind ebenfalls Teil des Projekts. Zu attraktiv sind hier die Gewinnaussichten, um nicht ebenfalls auf dynamische Preise zu setzen.

United
Neben der Lufthansa arbeiten einige Airlines an Dynamic Pricing

Die Airlines betonen dabei natürlich, dass dies für die Kunden nur besser wird. Seien wir ehrlich: Es geht vor allem um das Durchsetzen von höheren Preisen um die Bilanz zu verbessern. Doch zumindest durch die Option des Bundlings könnten auch Reisende profitieren. So würde ich bereitwillig etwas mehr zahlen, wenn meine „liebsten Extras“ im Preis bereits enthalten sind und ich dazu noch einen Rabatt gegenüber der einzelnen Buchung erhalten würde.

Insgesamt werden die nächsten Jahre hier auf jeden Fall sehr spannend – möglicherweise wird es in 10 Jahren keine richtigen Flug-Deals mehr geben, da jede Suche ohnehin einen anderen Preis hervorbringt. Momentan ist dies allerdings noch Zukunftsmusik und die Auswirkungen werden noch kaum zu spüren sein.

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Autor

Seit Moritz herausgefunden hat, wie man Wege an eigentlich unerreichbare Ziele finden kann, ist er immer auf der Suche nach neuen, kreativen Methoden zum Erreichen von Reisezielen und Airline-Status. Auf reisetopia lässt er Euch daran teilhaben!

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  • So ein Blödsinn. Wenn die Airline genau weiß, dass du immer den Exit Row Platz und das zweite Gepäckstück dazubuchst, undzwar zum vollen preis, warum sollten die dann so doof sein und dir das im Bundle billiger anbieten?

    • Hallo Achim, vermutlich weil es diesen Prototypen Kunde einfach nicht gibt beziehungsweise maximal 5 Prozent der Gesamtkunden ausmacht. Die anderen (die privat und nicht geschäftlich buchen) sind bei den allermeisten Produkten absolut preissensibel. Manch einer würde für die Exit Row maximal 5 Euro bezahlen, ein anderer auch 50 Euro. Durch verschiedene Bundles könnte der Kunde in manchen Situation also durchaus profitieren, aber am Ende sollte man sich nichts vormachen: Es geht der Lufthansa selbstredend um Gewinnmaximierung.

      • Ja, diesen Prototyp Kunden gibt es nicht, aber genau an ihm versucht ihr zu erklären, wie sich das system für kunden auch lohnen könnte. Und das ist halt kompletter unsinn. Das neue buchungssystem wird sich niemals gewollt systematisch für einen kunden finanziell lohnen. Es soll ja eben gerade bei jedem kunden die maximale zahlungsbereitschaft abschöpfen. Die vorstellung, man würde einem kunden etwas im bundle günstiger anbieten, bei dem man davon ausgeht er hätte es auch für den vollen preis gebucht, ist ziemlich naiv. Natürlich können sich für einzelne kunden finanzielle vorteile ergeben, aber eben nur durch fehler im system oder dadurch, dass er etwas günstiger dazubucht was er sonst eben NICHT gebucht hätte. Niemals bei dingen, die der kunde eh immer bucht und bei denen lufthansa das schon weiß. Ihr habt quasi für euer beispiel für finanzielle vorteile für den kunden genau den fall gewählt, bei dem niemals ein solcher vorteil zustandekommen wird.

  • Je komplexer die Systeme desto
    mehr Fehler und Schlupflöcher. Für manche Internetkäufe simuliere ich schon jetzt mittels VPN ein anderes Land (mit geringerer Kaufkraft). Für Flüge mit AA ab USA lohnt es sich finanziell massiv, sich als US Citizen auszugeben (geht noch über wenige US OTAs), etc. Macht ja irgendwie auch Spass die Lücken im System zu finden. Aber bei der Mehrheit der Kunden resultiert im Schnitt sicherlich ein höherer Preis

  • Ist bei manchen Shops schon heute so, zb Kunden die über ein iOS-Gerät oder Mac im Shop einkaufen sehen teilweise höhere Preise als wenn du mit einem Android oder Chromebook shopst. Nicht umsonst gibt es mittlerweile Tracker die ein anderes Gerät simulieren. Lufthansa wird das Gerät vermutlich bald als Parameter in ihre dynamische Berechnung integrieren.

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