Der BGH weist die Revision zurück: Bei Teilausfall der gebuchten Flüge muss der gesamte Kaufpreis erstattet werden.

Nach einem zweijährigen Rechtsstreit entschied der Bundesgerichtshof (BGH) nun am 18. April 2023 für die Kläger, deren Flugverbindungen teilweise annulliert wurden, wie die Frankfurter Allgemeine berichtet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann künftig auch bei Teilstreckenannullierungen der Preis für die gesamte Flugreise zurückgefordert werden.

Teilannullierung – der Fall

In dem Fall mit dem Aktenzeichen X ZR 91/22 konnte jetzt eine finale Entscheidung vom BGH gefällt werden und Passagiere können sich über gestärkte Fluggastrechte bei Annullierungen freuen.

Die Familie, die das Rechtsverfahren angestoßen hat, verfügte über eine “bestätigte einheitliche Buchung” über ein Reisebüro für Hinflüge am 30. und 31. Mai 2020 von München über Madrid und Bogotá nach Quito sowie für Rückflüge am 13. und 14. Juni 2020 von Quito über Bogotá nach München.

Flughafen München

Für die Flugtickets bezahlte die Familie insgesamt 4.881 Euro. Das ausführende Luftfahrtunternehmen der ersten Teilstrecke des Hinflugs von München nach Madrid annullierte dann diesen Flug.

Die Familie forderte die Airline in Konsequenz auf, die vollständige Erstattung der Kosten für die Hin- und Rückflüge der gesamten Reise zu tragen. Die Fluggesellschaft lehnte dies allerdings ab. Um welche Fluggesellschaft es sich handelt, geht aus dem Urteil nicht hervor.

Das Urteil vom BGH

Nun steht fest: Der Familie werden die gesamten Kosten für die Hin- und Rückflüge erstattet. In dem zehnseitigen Urteil heißt es zuletzt (mit einem Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 6. Oktober 1982):

Angesichts der oben aufgezeigten Systematik der Verordnung und der bereits vorhandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung der Begriffe “Flug”, “Reise”, “Buchung” und “Flugschein” ist die Rechtslage hinreichend klar.

Urteil BGH XZR 91/22

Der aufgrund einer Annullierung bestehende Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten, der sich aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. a FluggastrechteVO ergibt, wird vom Bundesgerichtshof im aktuellen Urteilsspruch wie folgt ausgelegt:

[Der Anspruch] umfasst sowohl die Kosten des Hinflugs als auch die Kosten des Rückflugs, wenn Hin- und Rückflug Gegenstand einer einheitlichen Buchung sind, über die ein einziger Flugschein ausgestellt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, von welchem Ort aus der Rückflug vorgesehen war.

Urteil BGH XZR 91/22

Solange also eine einheitliche Buchung für eine Reise vorliegt, ergibt sich aus einer Teilstreckenannullierung ein Anspruch auf die Rückerstattung der gesamten Kosten für die Reise, selbst wenn andere Airlines und Rückflugorte in die Buchung integriert sind.

Fazit zu der Stärkung von Fluggastrechten bei Annulierung

Nach einem Urteil vom 18. April 2023 können sich Passagiere auf gestärkte Fluggastrechte freuen. Mit dem Urteilsspruch zu dem Verfahren mit dem Aktenzeichen X ZR 91/22 wurde von dem Bundesgerichtshof ein Präzedenzfall geschaffen, auf den sich Kläger künftig bei Teilannullierungen ihrer Flugreise berufen können. Sollten innerhalb von Flugreisen, die auf eine Buchung zurückzuführen sind, Flüge annulliert werden, steht Reisenden die Erstattung der gesamten Buchungskosten zu. Was für Passagiere eine erfreuliche Auslegung der Gesetzeslage ist, kann für Airlines künftig horrende Kosten bedeuten.

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Autor

Unstillbare Abenteuerlust und chronisches Fernweh treiben Anja seit jeher raus in die weite Welt. Die Berlinerin nennt jeden Ort, an dem sie mehr als zwei Tage verbringt, ihr temporäres Zuhause und ist am glücklichsten, wenn ihr Tag nur aus neuen Wegen besteht.

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  • Diese “News” ist sowas von keine Neuigkeit.

    Zusammengefasst: Leistungsstörung/Annullierung eines Fluges -> Geld zurück.
    Ist seit Jahren die aktuelle Rechtsprechung.

    Wer auch immer den Artikel ins Board gepackt hat, Anna oder Alexander, ein Mehrwert wird nicht geschaffen dadurch.

    • Hallo Samuel,
      danke für dein Feedback. Es geht bei dem aktuellen Rechtsspruch nicht darum, dass man das Geld für einen Flug zurückerhält, wenn dieser annulliert wird. Es geht darum, dass bei Annullierung einer Teilstrecke innerhalb einer Buchung mit mehreren Destinationen, ein Anspruch auf die Rückzahlung der gesamten Buchung entsteht – nicht nur für den einen annullierten Flug. Und dass dieser Anspruch auch dann besteht, wenn die Buchung Destinationen in Nicht-EU-Ländern und Verbindungen mit anderen Airlines beinhaltet. Liebe Grüße

  • Hier geht es nicht um “erweiterte Fluggastrechte”, sondern um die Bestätigung bestehender. Seitens des BGH wurde lediglich festgestellt, dass die geltende Rechtslage eindeutig ist und dem Passagier die Erstattung des vollen Betrags zusteht.

    Das Ansinnen der Airline – man könne ja den Rückflug trotz gestrichenen Hinflugs antreten – ist per se schon haarsträubend.

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