In puncto Pünktlichkeit ist die Deutsche Bahn mit einer Quote von nur 63 Prozent im Fernverkehr im vergangenen das Schlusslicht in Europa. Doch ab Juni muss der Konzern dabei nicht immer verpflichtend eine Entschädigung zahlen.
Wer kennt es nicht, Verspätungen noch vor Reiseantritt oder Stillstand auf den Schienen – wer mit der Deutschen Bahn im Regional- und Fernverkehr unterwegs ist, der sollte mit Verspätungen rechnen. Bislang musste die Bahn ihren Fahrgästen bei einer Verspätung von mehr als einer Stunde eine Entschädigung zahlen, ab heute ändert sich diese Regelung jedoch – zugunsten des DB-Konzerns, wie wir bereits berichteten.
Ab 7. Juni: Neue EU-Bahngastrechte-Verordnung
Zwar dürfte die Deutsche Bahn momentan wichtigere Themen auf der Agenda haben – die Tarifverhandlungen mit der EVG dauern weiterhin an und die GDL kündigte zuletzt neue Tarifverhandlungen an. Dennoch gibt es darüber hinaus weitere Themen für den Staatskonzern, diesmal zugunsten der Bahn. Die neue Bahngastrechte-Verordnung (EU) 2021/782 ist automatisch mit dem 7. Juni 2023 Teil des deutschen Rechts. Konkret besagt sie, dass es keine Ausgleichszahlung bei einer Verspätung gibt, an der die Deutsche Bahn keine Mitschuld trägt.
Bislang sah die Regelung anders aus. Bei Verspätungen von mehr als einer Stunde erhielten Kunden eine Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises, bei mehr als zwei Stunden wurden 50 Prozent des Fahrpreises erstatten. Dafür musste ein entsprechender Antrag der Bahn ausgefüllt und eingereicht werden – online, direkt im Zug oder an einem Schalter der Bahn. Der Grund für die Verspätung spielte dabei bislang keine Rolle.
Dies haben die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten nun geändert. Ab heute gilt: Ist die Bahn nicht Schuld an der Verspätung, erfolgt auch keine Entschädigung. Dennoch ist die Deutsche Bahn weiterhin verpflichtet, Kunden bei einer Verspätung von mehr als eine Stunde auf einen anderen Zug umzubuchen und solltet Ihr aufgrund dessen nicht an gleichen Tag Euer Ziel erreichen, müsst Ihr weiterhin auch eine Hotelübernachtung erhalten.
Schuldlos bei „höherer Gewalt“
Doch wann muss die Deutsche Bahn ihre Kunden jetzt entschädigen und wann nicht? Schuldlos ist der Konzern beispielsweise bei höherer Gewalt, wie extreme Wetterverhältnisse, wozu Sturm- oder auch das jährlich bekannte Schneechaos zählen. Auch von Fahrgästen verursachte Notfalleinsätze oder Sabotage, die wiederum zu Verspätung oder gar Ausfällen führt, müssen nicht mehr entschädigt werden.
Dies dürfte den Kunden der Deutschen Bahn sauer aufstoßen. Auch Reiserechts-Experten sehen die neuen Bahnrechte kritisch und reden bereits von einer Sonderbehandlung von Staatsunternehmen. In einer gewissen Pflicht bleibt die Deutsche Bahn dennoch – sie muss die Konsequenzen für Reisende so klein wie möglich halten und ist keinesfalls von Streiks befreit.
Aktuell konnten die Deutsche Bahn und die EVG zumindest vorerst einen drohenden Warnstreik abwenden, sollte es jedoch bald zu weiteren Streiks kommen, die im Vorfeld angekündigt werden, wird die Bahn weiterhin zur Kasse gebeten. Kommt es hier zu Verspätung, gilt weiterhin die 25 Prozent-Regelung bei einer Stunde Verspätung und die 50 Prozent Preiserstattung bei mehr als zwei Stunden Verspätung.
Fazit zur neuen EU-Bahngastrechte-Verordnung
Mit der neuen EU-Bahngastrechte-Verordnung muss die Deutsche Bahn nicht mehr in allen Fällen eine Entschädigung bei Verspätungen zahlen – wenn sie schuldlos ist. Damit passte die EU das Fahrgastrecht im Schienenverkehr an die geltenden Regelungen in der Luftfahrt an. Bei Sturm und Schneechaos dürften Bahnreisende künftig also leer ausgehen, dennoch wird der Konzern nicht gänzlich aus der Verantwortung genommen und muss ab einer Stunde Verspätung eine Zugumbuchung möglich machen!
Ab einer Stunde Verspätung muß die Bahn eine Umbuchung möglich machen. Ist das richtig recherchiert? Bisher waren es 20 Minuten erwartete Verspätung bei der Ankunft und eine Zugbindung war aufgehoben.
Hallo Stefan,
da hast Du recht – bereits ab 20 Minuten Verspätung kann die Zugbindung aufgehoben werden und Passagiere können die nächstmögliche Verbindung nutzen. Eine Umbuchung auf einen anderen Tag bzw. die monetäre Erstattung erfolgt allerdings erst ab 60 Minuten, wie aktuell noch in den FAQ der Fahrgastrecht nachzulesen ist:https://www.bahn.de/service/buchung/fahrgastrechte/nationale_regelungen
LG