Kaum ist der ITA Deal in trockenen Tüchern, folgt schon die nächste Nachricht zu einer neuen potenziellen Errungenschaft der Lufthansa Group. Gegen den Konkurrenten Air France-KLM geht das Ringen um Air Europa in die nächste Runde. Doch was steckt hinter der Einkaufstour des Kranichs? Und welche Folgen hat das für Kunden?

240 Millionen Euro für 25 Prozent der Anteile an Air Europa – dieses Angebot hat die Lufthansa kürzlich auf den Verhandlungstisch gelegt. Doch das Star Alliance Mitglied ist nicht die einzige Interessentin an der spanischen Airline. Auch Air France-KLM beteiligt sich am Rennen und bietet 300 Millionen Euro für eine Mehrheitsbeteiligung von 51 Prozent an Air Europa. Wer letztendlich beim spanischen SkyTeam Mitglied einsteigen darf, wird ausschlaggebend für Vielflieger und auch Meilensammler in Europa.

Das Tor zu Südamerika

Nachdem die International Airlines Group (IAG), zu der auch British Airways, Iberia und Vueling gehören, bereits bei der EU-Kartellbehörde aufgrund zu hoher Wettbewerbsbedenken in Zusammenhang mit Iberia und Vueling abgeblitzt war, konkretisieren sich zwei andere Wettbewerber im Rennen um die spanische Fluggesellschaft.

Flughafen Schiphol Amsterdam Air Europa

Das Interesse an Air Europa mit dem Drehkreuz Madrid-Barajas, die sich immerhin im Gesamtwert von 475 Millionen Euro beim Staat verschuldet hat, kommt natürlich nicht von ungefähr. Gerade für den Kranich bildet das Drehkreuz Madrid eine wichtige Schlüsselfunktion für Strecken nach Südamerika, bei denen der Kranich im Europa-Vergleich sicherlich noch hinterherhinkt. So fliegen Air France und KLM im Sommerflugplan 13 Ziele in Südamerika an. Bei der Lufthansa sind es im Sommerflugplan indessen mit Bogotá, Rio de Janeiro, São Paulo und Buenos Aires nur vier Ziele insgesamt.

Air Europa Streckennetz
Lufthansa hat es vor allem auf die Konnektivität von Air Europa nach Südamerika abgesehen

Wenn Air Europa an die Lufthansa geht, verliert die Allianz SkyTeam, der auch Air France-KLM angehört, ein wichtiges Mitglied und gleichzeitig wird die Star Alliance gestärkt – nach jüngst ITA Airways sicher ein schwerwiegender Verlust.

Doch Air France-KLM scheint auf Expansionskurs, denn sie sitzt auch in Bezug auf die portugiesische Airline TAP Air Portugal mit am Verhandlungstisch. Den letzten Gerüchten im September 2024 zufolge stand eine Beteiligung von 19 Prozent seitens der Lufthansa im Raum.

Der Griff nach TAP oder Air Europa

Während es um vermutlich TAP vorerst ruhig wird, da sich der Privatisierungsprozess der Airline aufgrund der gescheiterten Regierung Portugals verzögern könnte, steht eines fest: Ein Einstieg der Lufthansa bei Air Europa dürfte eine Übernahme von TAP unmöglich machen. Hintergrund sind kartellrechtliche Bedenken aufgrund des Südamerika-Geschäfts, die bewirken, dass der Kranich nur bei einer der beiden Airlines einsteigen kann. Dabei ist TAP besonders aufgrund der Konnektivität nach Brasilien relevant.

TAP Embraer E195

Dies könnte bedeuten, dass Air France-KLM, die sich schließlich im vergangenen Jahr auch offen für verschiedene Übernahme-Optionen bei TAP gezeigt hat, bessere Chancen bei der jeweils anderen Airline hätte. Die IAG dürfte in beiden Fällen aufgrund der spanischen Fluggesellschaft Iberia, welche ebenfalls ihren Sitz in Südamerika hat, aus dem Rennen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ausscheiden, zumal die Gruppe bereits 20 Prozent Anteile an Air Europa besitzt, und kein weiteres Interesse bekundet hat.

Auswirkungen für Vielflieger und Meilensammler

Ein möglicher Einstieg bei Air Europa könnte natürlich gewisse Vorteile für Vielflieger mit sich bringen. Wie bei der ITA Airways Übernahme würden sich dadurch mehr Möglichkeiten zum Sammeln von Prämien- und Statusmeilen bei Miles & More für Flüge mit der spanischen Airline ergeben, wenn Air Europa am Vielfliegerprogramm des Kranichs teilnimmt. Auch die Ausweitung der Statusvorteile wie Lounge-Zugang und Upgrades bei Air Europa Flügen könnte von Vorteil sein.

Madrid Flughafen

Das Drehkreuz Madrid innerhalb der Lufthansa Group, gerade in Kombination mit dem kürzlich hinzugekommenen Airport Rom Fiumicino für Flüge nach Südamerika und Afrika, bildet sicherlich eine der größten Chancen des potenziellen Einstiegs. Gerade für Vielflieger, die oft nach Spanien und Südamerika reisen, könnten sich durch die Beteiligung von Air Europa und deren Wechsel zur Allianz Star Alliance deutlich bessere Möglichkeiten und Verfügbarkeiten für Prämienflüge bilden.

Star Alliance

Negativ wäre eine Übernahme der spanischen Airline von der Lufthansa sicherlich für diejenigen, die eher auf Flying Blue setzen und Meilen im Vielfliegerprogramm von Air France-KLM auf Air Europa Flügen sammeln. Gerade hinsichtlich der jüngsten Änderungen, und auch Entwertungen im Miles & More Programm ab Juni 2025, ein relevanter Aspekt für alle, die sich nach einer Alternative in Europa umsehen wollen. Negative Veränderungen im Falle eines Einstiegs des Kranichs gibt es sicherlich auch hinsichtlich der SkyTeam Statusvorteile, wenn Air Europa die Allianz wechselt. Aktuell bietet Air Europa Suma eine attraktive Option, um den SkyTeam Elite Plus Status zu erreichen.

Ist Lufthansa unersättlich?

Grundsätzlich würde Air Europa, gerade in Hinblick auf die umkämpfte Stellung auf dem südamerikanischen Markt, in die Konzernstrategie der Lufthansa Group passen. Als Teil der Globalia Group, dem größten Tourismuskonzern Spaniens gemessen am Umsatz, verfügt Air Europa allerdings auch über ein enormes Veranstaltergeschäft, das Geschäftsmodell erinnert also eher an die deutsche Fluggesellschaft Condor. Ein Einstieg der Lufthansa bei Air Europa würde sicherlich für Vielflieger in Hinblick auf die Konnektivität nach Südamerika auszahlen.

Ob die Lufthansa selbst nach der Übernahme von ITA Airways unersättlich bleibt, wird sich in den nächsten Monaten sicherlich zeigen. Sollte Air France-KLM das grüne Licht für den Einstieg erhalten, bleibt weiterhin TAP als Option zur Stärkung der Lufthansa Group in Hinblick auf den Südamerika-Markt offen. Interessanterweise arbeiten Air Europa und die Lufthansa Group in diesem Jahr auch innerhalb eines Wet Lease Abkommens zusammen, denn Brussels Airlines erhält in diesem Jahr eine Boeing 787-9 von Air Europa für die Strecke von Brüssel nach New York. Je nach Verlauf der Verhandlungen und Einschätzung der EU-Wettbewerbsbehörde könnte dies den Grundstein für eine größere Zusammenarbeit zwischen Air Europa und dem Kranich legen. Offen bleibt die Frage, wie eine zukünftige Zusammenarbeit aussehen könnte, etwas als Teilübernahme oder als Joint Venture. Ebenfalls spannend bleibt, was mit dem Anteil der IAG an Air Europa passieren wird, denn dass dieser bestehen bleibt, wenn die Lufthansa Group einsteigt, scheint recht unwahrscheinlich.

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Autor

Amélie Margout ist Head of Content und seit August 2020 bei reisetopia tätig. Nach ihrem Bachelorstudium in Medien und Kommunikation in England zog sie nach Berlin und schreibt seither Ratgeber mit Fokus auf Finanzen, Luxushotels und suchmaschinenrelevante Inhalte.

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