Russland hat bereits die Verstaatlichung von im Ausland geleasten Flugzeugen angekündigt, nun dürfen Airlines ihre Flugzeuge ummelden und eine entsprechende Lufttüchtigkeitsbescheinigung ebenfalls erhalten.

Durch die internationalen wirtschaftlichen Sanktionen sieht sich Russland immer mehr Leasingfirmen gegenüber, die ihre Flugzeuge zurückfordern. Um dies abzuwenden, plante man bereits eine Verstaatlichung der Flugzeuge, um sie einbehalten zu können. Wie aero.de berichtet, hat Präsident Wladimir Putin nun den entsprechenden Erlass unterzeichnet. Über 500 aus dem Ausland geleaste Flugzeuge befinden sich in russischen Händen.

Luftfahrt-Dilemma geht weiter

Erst in der letzten Woche berichteten wir darüber, dass Russland alle internationalen Flüge eingestellt hat. Dies geschah unter anderem, weil man befürchtete, dass ausländische Leasingfirmen ihre Verträge aufkündigen und ihre Flugzeuge zurückfordern könnten. Dieses Szenario wurde Realität für Moskau. Man plante jedoch, diesen Forderungen durch eine Verstaatlichung der Maschinen zu entgehen. Wie dieses Vorhaben in der Praxis aussehen könnte, war bis zuletzt noch nicht klar. Nun scheint man jedoch eine Möglichkeit gefunden zu haben. Der Präsident der Russischen Föderation hat bereits einen entsprechenden Erlass unterzeichnet.

Aeroflot

Dieser Gesetzesentwurf des russischen Verkehrsministeriums wurde bereits veröffentlicht. Dieser sieht vor, dass sich eine designierte Regierungskommission als weitere Instanz zwischen die russischen Fluggesellschaften und die ausländischen Leasingfirmen setzt. Die von der Regierung eigens für diesen Zweck ins Leben gerufene Kommission soll dann jeden solchen Fall einzeln prüfen. Aus jener Prüfung soll ein Befund darüber hervorgehen, ob die betroffene Maschine zurückgegeben werden kann oder nicht. Falls sie nicht zurückgegeben werden kann, muss sie dementsprechend in Russland bleiben und wird verstaatlicht. Bereits über 500 Flugzeuge wurden, wie es aero.de schreibt, als Faustpfand von den Airlines einbehalten.

Flugzeuge haben Zulassung verloren

Die Bermuda haben bereits den dort registrierten Flugzeugen die Registrierung entzogen und diese damit de facto für fluguntauglich erklärt. Die in Russland befindlichen Flugzeuge mit den Registrierungen VP- und VQ- verlieren damit vorerst ihre Lufttüchtigkeitszeugnisse, wie die Bermuda Civil Aviation Authority mitteilte. Der Erlass von Präsident Putin sieht ebenfalls vor, dass die geleasten Flugzeuge in Russland ein neues Lufttüchtigkeitszeugnis erhalten sollen. Damit will die Regierung Russlands zumindest kurzfristig den inländischen Flugverkehr sichern. Dennoch sei davon auszugehen, dass wegen fehlender Wartungsverträge und Ersatzteile der zivile Luftverkehr in Russland nicht mehr lange aufrecht zuhalten ist.

Das ist schon ein Griff nach dem Strohhalm. Jeder Graubereich birgt rechtliche Risiken, auf der anderen Seite stehen die Vorstände gegenüber ihren Investoren in der Pflicht, die Flugzeuge wenigstens technisch über die Zeit zu retten. Wer will schon fünf bis zehn Prozent seiner Aktiva abschreiben?

Statement einer ungenannten Quelle gegenüber aero.de

Laut eigenen Angaben sind circa 900 geleaste Flugzeuge auf Bermuda registriert. 740 Flugzeuge davon werden aktuell von russischen Fluggesellschaften betrieben. Diese sollen einen Wert von mehr als zehn Milliarden US-Dollar haben. Leasinggeber suchen nun nach Optionen, um die Milliarden-hohen Verluste zu kompensieren. Diese müssen bis zum 28. März ihre verleasten Flugzeuge aus Russland zurückholen. Ein kaum mögliches Unterfangen laut Experten. Spezialisierte Anwälte wurden deshalb darauf angesetzt, nach rechtlichen Schlupflöchern zu suchen. Eine Möglichkeit stellen Drittstaaten wie Indien oder Hongkong dar, wo die geleasten Flugzeuge gewartet werden könnten. Sollte keine Möglichkeit gefunden werden, drohen den Leasingfirmen Milliardenabschreibungen.

Fazit zur Verstaatlichung der geleasten Flugzeuge

Die westlichen Sanktionen, welche die Luftfahrt angehen, treffen Russland hart. Das sieht man am aktuellen Vorgehen Russlands. Man versucht mit allen Mitteln, die Forderungen der Leasingfirmen sowie das Ersatzteil-Embargo zu umgehen. Nun sieht es so aus, als ob man sich tatsächlich für eine Verstaatlichung der Maschinen sowie ihrer Ersatzteile entschieden hat. Ein entsprechender Erlass soll laut Agentur Tass bereits von Wladimir Putin unterzeichnet worden sein. Die Bermuda wollten dem zuvorkommen und haben deshalb allen dort registrierten Flugzeugen die Registrierung entzogen. Damit wurden die Flugzeuge für Luft-untüchtig erklärt.

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Autor

Alexander Fink ist als Content Editor seit Januar 2021 für reisetopia tätig. Zuvor war er als Account Manager in der Industrie beruflich unterwegs und schrieb von seinen Reiseerfahrungen im eigenen Blog. Heute ist er Euer Ansprechpartner für alle Airline- und Kreditkartenthemen.

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  • Nun ja, dass Briefkastenfirmen auf den Bermudas auf einmal hohe Abschreibungen in Kauf nehmen müssen, wird wohl niemanden so schwer bedrücken, dass jemand die Spendierhosen anzöge und die Verluste durch Subventionen auffinge.

    Ohne vernünftige Wartung mit Originalteilen wird das ganze nur ein kurzfristiger Erfolg werden (wenn man vom Aspekt der Gegensanktion absieht); aus Russland heraus werden die Maschinen so jedenfalls nicht mehr kommen.

  • Darf man die „Verstaatlichung“ so verstehen, dass der russische Staat die westlichen Leasingfirmen nicht für die einbehaltenen Flugzeuge entschädigt, sie also De facto stiehlt?

      • Ich kann es mir nicht vorstellen, auch, wenn wir in einer Zeit leben, die wir uns vor drei Wochen in Gänze noch nicht vorstellen konnten.

        Das kommt ja alles als Bumerang zurück. Niemand wird aus Eigeninteresse mehr Geschäfte mit einem Land machen, das sich nicht an Mindestspielregeln hält. Das betrifft ja nicht nur das Leasing von Flugzeugen. Kein Flugzeug einer ausländischen Gesellschaft würde mehr nach Russland fliegen, um nicht der Gefahr ausgesetzt zu werden, plötzlich ein Flugzeug weniger in der Flotte zu besitzen.

        Als Blaupause mag der Niedergang des blühenden Irans nach der Verstaatlichung der Ölindustrie 1951 gelten.

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