Überraschende Töne lässt die Flugbranche Deutschlands bei der Unterstützung für weniger Inlandsflugverkehr verlauten.

Die deutsche Luftverkehrsbranche unterstützt grundsätzlich die Bestrebungen den Inlandsflugverkehr zu minimieren und auf die Schiene zu verlagern. Dafür seien bereits viele Voraussetzungen erfüllt, für weitere Minimierungen müsse der Bahnverkehr aber weitreichend angepasst werden. Wie faz.net berichtet, sieht die Branche eine weitere Minimierung um bis zu einem Fünftel für realistisch.

Was Frankreich plant, ist in Deutschland schon erreicht

Der Klimawandel ist mittlerweile ein allgegenwärtiges Thema, was trotz Corona-Pandemie nicht an Wichtigkeit verloren hat. Schon seit längerem gibt es Bestrebungen den nationalen Flugverkehr möglichst weit zu reduzieren. Dafür soll der Bahnverkehr ausgebaut werden und Inlandsflüge beispielsweise mit hohen Steuern und Gebühren auferlegt werden. Erst am vergangenen Wochenende sorgten erneute Bestrebungen der Partei Die Grünen für viel Diskussionsstoff. Das kürzlich verabschiedete Klimaschutzgesetz in Frankreich gab Anlass dazu und bestärkt die Ideen der Partei. Schon seit längerem werden Inlandsflüge in Frankreich möglichst unattraktiv gestaltet, um den Flugverkehr im eigenen Land möglichst zu reduzieren.

In Frankreich soll das jetzt auch so gemacht werden, was in Deutschland längst so ist. Wir sind sehr interessiert daran, dass es weitere Strecken gibt, bei denen die Bahn Reisezeiten von unter drei Stunden anbieten kann. Dann könnten wir noch mehr Verkehr auf die Bahn verlagern.

Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands BDL

Laut Aussagen des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wird in Frankreich nur das umgesetzt, was in Deutschland längst Gang und Gäbe sei – nur unter ungleichen Voraussetzungen. Eine Zugfahrt mit dem TGV von Paris nach Bordeaux würde nur knapp über zwei Stunden dauern. Die Fahrt mit dem ICE und der S-Bahn von Nürnberg über München Hauptbahnhof zum Flughafen München dauert circa genauso lang, weshalb die Strecke bei Geschäftsreisenden eher unattraktiv ist und das Flugangebot der Lufthansa nur von Passagieren mit Umsteigeverbindung in München genutzt werden würde.

Kevin Hackert YqRDjhW9yws Unsplash Cropped

Unterstützung dabei kommt nicht nur vom Branchenverband, sondern auch von der Lufthansa selbst. Sind hier die Interessen zwar eher finanzieller Natur, würde sich auch Carsten Spohr über eine weitere Verlagerung des Inlandsverkehrs auf die Schiene freuen. Die meist kurzen Inlandsflüge sind nicht gewinnbringend und werden nur aus Angst vor dem Wettbewerb aufrechterhalten. Da die meisten Inlandsverbindungen hauptsächlich von Fernreisenden genutzt werden, besteht die Gefahr diese Kunden an andere Fluggesellschaften zu verlieren, sollten Zubringerflüge nicht mehr angeboten werden.

Worum geht es beiden Seiten eigentlich?

Der Treibstoff Kerosin verursacht beim Verbrennen neben vielen anderen Stoffen vor allem eine hohe CO2- und Wasserstoffbelastung. Diese Stoffe bauen sich in der Luft noch schlechter ab als am Boden ab. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2017 auf innerdeutschen Verbindungen knapp 24 Millionen Passagiere auf circa 300.000 Flügen unterwegs. Auch wenn der Anteil an Passagieren, die ausschließlich auf den Inlandsverbindungen unterwegs sind und nicht an anderen deutschen Flughäfen umgestiegen sind, eher gering ist, tragen diese natürlich genauso zur Umweltbelastung bei. Legt man die Durchschnittswerte aller Treibhausgasse pro Passagierkilometer zugrunde, haben diese Passagiere insgesamt sieben Prozent der Gesamt-Emissionen verursacht. Zum Vergleich: Wenn jeder Deutsche einmal pro Woche auf Fleisch verzichten würde, ließen sich laut WWF neun Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr einsparen. Quarks.de hat dazu einen interessanten Artikel veröffentlicht.

Jana Sabeth Mwn5yaa5yxo Unsplash Cropped

Doch der anderen Seite geht es auch darum, dass der Zugverkehr den Flugverkehr der Zubringer auch adäquat ersetzen kann. Dabei geht es vor allem darum, dass die Fernverkehrsstrecken des ICE ausgebaut werden und die meisten deutschen Flughäfen ans Bahnnetz angeschlossen werden müssen. Während Flughäfen wie der neue Berlin-Brandenburg-Airport, Frankfurt oder Düsseldorf bereits über einen Bahnhof mit Fernverkehrsanbindung verfügen, fährt zu den meisten anderen Flughäfen wenn überhaupt nur die S-Bahn. Neben der Verkürzung der Fahrzeiten und Anbindungen müsse aber auch der Service für Reisende mit Umsteigeverbindung an den Flughäfen verbessert werden. Dazu gehört die Möglichkeit das Gepäck bereits am Bahnhof, gegebenenfalls sogar schon die Passagiere für den Flug einzuchecken.

Dennoch signalisiert die Branche ihre Unterstützung und verzichtet deshalb auch auf weitere Ablehnung der Luftverkehrssteuer. Vor Corona hat die bereits über eine Milliarde Euro eingebracht. Diese Steuereinnahmen könnten für eine nationale Strategie für alternative Antriebsmöglichkeiten verwendet werden, so der Vorschlag. Dennoch mahnt man auch vor den Folgen der Kerosinsteuer. Diese würde für höhere Flugpreise sorgen, auch bei Fernreisen, die mittels Zubringerflug in Deutschland geflogen werden würden. Diese Steuer würde auf alle Segmente anfallen, während Passagiere mit Umsteigeverbindung im Ausland diese nicht bezahlen müssten. Das würde für eine Verlagerung der Treibhausgas-Emissionen sorgen.

Fazit zur Unterstützung der Luftfahrtbranche für weniger Inlandsflüge

Es erscheint durchaus überraschend, dass die erneuten Bestrebungen der Partei Die Grünen auch aus der Luftfahrtbranche selbst auf Unterstützung stößt. Dennoch ist das Interesse aus mehrerlei Hinsicht durchaus da und auch nachvollziehbar. Egal was die Beweggründe für eine Reduzierung des Inlandsverkehrs sind, sie wären ein Fortschritt bei den Plänen und könnten ihren Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dennoch müssen dafür einige Maßnahmen ergriffen werden, um das Reisen mit dem Zug noch angenehmer zu gestalten.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Alexander Fink ist als Content Editor seit Januar 2021 für reisetopia tätig. Zuvor war er als Account Manager in der Industrie beruflich unterwegs und schrieb von seinen Reiseerfahrungen im eigenen Blog. Heute ist er Euer Ansprechpartner für alle Airline- und Kreditkartenthemen.

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.

  • Die Gruenen sollen doch endlich einmal aufhoeren immer zu fordern was sie selbst bekaempfen. Gegen jede neue Bahnstrecke wird demonstriert und durch Prozesse jahrelang verzoegert.
    Zudem werden dem Buerger Schnellbahnstrecken verkauft welche gar keine sind. Die Strecke Muenchen – Berlin ist ueber mehrere hundert Kilometer nur mit 160km/h befahrbar. Bevor man den Luftverkehr zusammenstreicht sollten die Politiker erst einmal fuer eine gute Infrastruktur sorgen.

  • Solange es in keinem IC WLAN gibt und das Arbeiten nicht möglich ist, möchte ich nicht 4-5 Stunden im Zug von Osnabrück nach München sitzen und nicht arbeiten können. Da ist keine Konkurrenz zu den 2 Stunden, wenn ich das Flugzeug nehme. Für kürzere Strecken bis 2 Stunden sitze ich gerne im Zug – aber bequem, schnell und pünktlich ist oft anders! -Leider!!

    • zusätzlich sollte man sich den Gedanken öffnen, dass gerade die Bundesbahn mit ihrem ökologischen Fußabdruck nicht das ist, was gerne dargestellt wird, auch wenn das gern so dargestellt wird.
      Einfach mal darüber nachdenken.

Alle Kommentare anzeigen (1)