Vor 60 Jahren landete die Erste Air France Maschine am Flughafen Tegel und heute, am 8. November 2020, wird auch die letzte Maschine ein Air France Flug sein. Der Flughafen Tegel im Norden Berlins schließt heute seine Türen – für immer.
Der Flughafen Tegel war nach der Schließung des Flughafens Tempelhofs im Oktober 2008 der Berliner Flughafen. Er fertige vor der Coronakrise mehr Passagiere ab, als für den BER anfangs als Kapazität geplant wurde. Die charakteristische Sechseckform des Terminal A war zur Zeit der Eröffnung 1974 ein Meilenstein der Architektur und verschaffte Tegel auch die Bezeichnung als Flughafen der kurzen Wege. Heute, eine Woche nach der Eröffnung des BER schließt Tegel und wird ein halbes Jahr später, am 4. Mai, an die Stadt Berlin zurückgegeben. Nach der Schließung soll auf dem Flughafen Gelände ein Technik- und Innovationspark entstehen, mit Platz für Unternehmen, Hochschulen, Gemeinschaftsplätzen, Innovation und natürlich Wohnungen, wie die Stadtentwicklung Berlin bereits bekannt gab. In diesem Artikel erfahrt Ihr mehr!
Tegel – ein historischer Flughafen
In unseren Artikel über die Geschichte der Berliner Flughäfen haben wir Euch bereits einen kleinen Einblick über die Geschichte des Flughafens Tegel gegeben. Der Flughafen im Norden Berlins, im Bezirk Reinickendorf, gilt als Flughafen der kurzen Wege und wurde 1974 mit dem neuen Terminal A eröffnet. In Betrieb ist TXL eigentlich schon seit 1948 und war der Flughafen der französischen Besatzungsmacht nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Zu Beginn war der Flughafen viel zu groß, für die wenigen Passagiere die von dort aus abflogen. Mit der Landung eines Air France Flugs hatte am 2. Januar 1960 der Linienflug-Betrieb in Tegel begonnen. Danach wurde recht schnell klar, dass der Flughafen ausgebaut werden muss, denn in den sechziger Jahren entwickelte sich Berlin zu einem großen Drehkreuz und Flugzeuge zu einem Massentransportmittel.
Der Flughafen Tempelhof mit seiner innerstädtischen Lage platze aus allen Nähten und auch die Luftverschmutzung nahm weiter zu. Um dem Abhilfe zu schaffen, entschied sich West-Berlin für den Ausbau Tegels im Norden Berlins. 1974 wurde das berühmte sechseckige Terminal A offiziell eröffnet und Tegel fasste zu Beginn eine Kapazität von jährlich 6,5 Millionen Passagieren. In einer Pressekonferenz vergangene Woche blickte auch Flughafen Chef Engelbert Lütke Daldrup auf die Entwicklung des Flughafens zurück. Ab 2005 stieg das Passagieraufkommen in Tegel stark an und ab 2015 nahezu exponentiell. Nach und nach wurde der Flughafen dann mit dem Terminal C, D und E erweitert. Vergangenen Sommer zählte der Flughafen bis dahin 24,2 Millionen Passagiere und das bei einer eigentlichen Nennkapazität von 10 Millionen Passagieren jährlich. Daher würdigten auch viele Politiker, Berliner und viele weitere Personen den Flughafen und seine Mitarbeiter für die herausragende Leistung der vergangenen Jahre. Sicher, auch in Tegel hat nicht immer alles so reibungslos funktioniert aber dennoch kann man sagen, dass mit der Schließung Tegels ein Stück Berliner und auch deutscher Geschichte zu Ende geht.
Mit dem Flughafen Tegel geht auch ein Stück Nachkriegsgeschichte zu Ende.
Flughafen Chef Engelbert Lütke Daldrup auf einer Pressekonferenz zur Schließung Tegels
Noch immer hat der Flughafen Tegel viele Befürworter hinter sich, so zum Beispiel all diejenigen, die die kurzen Wege und die nahe Innenstadt-Anbindung schätzen.
Die letzten Tage des Flughafens gehen zu Ende
Flughafen Chef Egelbert Lütke Dadrup sagte auf der Pressekonferenz: “Tegel war der Flughafen Berlins mit dem meisten innerdeutschen Verkehr.” Doch das wird sich ab heute ändern, denn der letzte Flug hob heute um 15 Uhr ab. Um circa 19 Uhr werden dann die Flughafenlichter ausgeschaltet und die Start und Landebahnen als geschlossen gekennzeichnet.
Im Anschluss an die Verabschiedung des letzten Fluges wird Engelbert Lütke Daldrup dann für die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH symbolisch den Schlüssel zum Flughafen TXL an den Regierenden Bürgermeister von Berlin übergeben.
Statement der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg zum letzten Abflug in Tegel
Der Air France Flug ist ein Sonderflug, bei dem nur geladene Gäste und Medien und Pressevertreter an Bord sein werden, wie aero.de mitteilte. Für Besucher ist der Flughafen schon seit gestern Abend geschlossen, wo die letzten regulären Passagiermaschinen starteten. Groß verabschiedete sich auch die Lufthansa von ihrem Berliner Drehkreuz. Auf der Strecke Berlin München (Hin und Rückflug) setzte die Lufthansa ihr neues Langstreckenflaggschiff, den Airbus A350 ein, der Platz für etwa 300 Passagiere bot. Die Tickets für die Flüge waren bereits vor Wochen ausverkauft. Ebenso waren auch die Tickets für die Besucherterrasse in Tegel restlos ausverkauft. Letzte Woche lagen laut der Flughafengesellschaft FBB sogar noch 4.000 Anfragen vor. Aber an den letzten regulären Betriebstagen des Flughafens war nochmal eine Menge los. Gestern, am Samstag, verzeichnete der Flughafen nochmal 74 Flugbewegungen. Darunter waren auch viele Rund- und Privatflüge. Alle ankommenden und abfliegenden Maschinen wurden mit einer Wasserfontäne der Feuerwehr empfangen, wie schon die beiden ersten Maschinen am BER vergangenes Wochenende.
Dieses Jahr war vor allem geprägt durch die Coronakrise, die auch der Flughafen Tegel zu spüren bekommen hat. Noch am 7. Juni vergangenen Jahres verzeichnete Tegel den Tag mit dem höchsten Passagieraufkommen – 90.266 Passagiere und nicht mal ein Jahr später, am 12. April den Tag mit dem geringsten Passagieraufkommen. Nur 250 Passagiere starteten und landeten in Tegel an diesem Tag. Im Oktober dieses Jahres lagen die Passagierzahlen in Tegel und auch in Schönefeld 82 Prozent unter dem Vorjahreswert 2019.
Schließt Tegel, wird für viele Anwohner auch der jahrelange Fluglärm ein jähes Ende haben. Nach Angaben des Berliner Senats waren davon rund 300.000 Menschen betroffen und für 20.000 von ihnen ist es so laut wie in einem Industriegebiet, wie aero.de bekannt gab. Vor der Coronakrise waren es im vergangenen Jahr durchschnittlich 530 Flugbewegungen pro Tag. Während seiner Betriebszeit, von 1948 bis 2020, verzeichnete Tegel 6,5 Millionen Starts- und Landungen und fertigte insgesamt eine halbe Milliarde Passagiere ab. Auch wenn 2017 die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner bei einem Volksentscheid für die Offenhaltung Tegels zusätzlich zum BER abstimmten, hat dieser keine Gültigkeit und aus Tegel soll durch die Tegel Projekt GmbH ein Forschungs- und Gewerbepark und ein neues Wohnquartier entstehen. Bis zum 4. Mai wird Tegel von einer Sicherheitsfirma und einem Facility Management instant gehalten. Die monatlichen Kosten belaufen sich auf 200.000 bis 300.000 Euro. Nach Angaben von Flughafen Chef Lütke Daldrup spart die Flughafengesellschaft so mehrere Millionen Euro.
Das plant Berlin mit dem Flughafen Tegel
Um 15:20 hob Air France Flug AF1235 in die Berliner Nachmittagssonne ab. Heute Abend gehen dann endgültig alle Lichter aus. Der Andrang auf dem Flughafengelände heute war riesig. Neben der Presse und zahlreichen Schaulustigen vor dem Terminal, versammelten sich auch viele Mitarbeiter, die sich noch einmal von ihrem Arbeitsplatz verabschieden wollten.
Es ist ganz wichtig, dass die Stadt sich weiterentwickeln kann, in jeder Beziehung, auch in Bezug auf Investitionen. Arbeitsplätze, Wissenschaft und Forschung spielen eine große Rolle in unserer Stadt, da haben wir uns groß weiterentwickelt und alles das wird sich hier wiederfinden. Wir werden mitten in der Stadt, so wie vorher mit dem Flughafen, ein Ansiedlungsgebiet haben und die Möglichkeit der Weiterentwicklung und auch Wohnungen werden entstehen. Hier entsteht ein komplett neues Quartier – auch als Bereicherung natürlich für die Berlinerinnen und Berliner.
Michael Müller, Bürgermeister Berlin in einem Interview beim letzten Abflug von Tegel
In Berlin TXL – The Urban Tech Republic entsteht ein Industrie- und Forschungspark für urbane Technologien. Auf dem Flughafengelände sollen in TXL Nord und im Cité Pasteur Platz für 4.000 Wohnungen geben. Ein weiteres Wohnquartier soll mittig der beiden Areale mit dem Schumacher Quartier entstehen. Rund 10.000 Menschen sollen hier in bis zu 5.000 Wohnungen ein neues Zuhause finden. Platz, den Berlin in jedem Fall braucht, bleibt jedoch nur die Frage, ob es Miet- oder Eigentumswohnungen werden. Hier entsteht ein neues Quartier mit Schulen, Kitas, Geschäften und Cafés und viel Grünfläche. Das sechseckige Flughafenareal und die benachbarten Terminals sollen Platz für einen neuen Campus bieten. Mit bis zu 2.500 Studierenden wird die Berliner Beuth Hochschule für Technik in das ehemalige Hauptterminal des Flughafens einziehen. Rundherum finden Industrie und Gewerbe ihr neues Zuhause und mit Forschungseinrichtungen und Start-ups werden sich 800 bis 1.000 große und kleine Unternehmen ansiedeln und so rund 20.000 Arbeitsplätze bieten.
Fazit zum Abschied Tegels und der Zukunft des Flughafenareals
Heute war in jeder Hinsicht ein trauriger Tag für Berlin. Die Hauptstadt nahm Abschied von einem weiteren Flughafen. Tegel verabschiedete heute um kurz nach 15 Uhr unter viel Trubel, Sirenen und Wasserfontänen seinen letzten Abflug – Air France Flug AF1235 nach Paris. Ein würdiger Abschied, so war doch die erste Maschine, die 1960 in Tegel landete ebenfalls eine Air France. Jetzt, nach 60 Jahren Luftfahrtgeschichte schließt Tegel und schafft Platz für Wohnraum und einen neuen Technik- und Innovationsplatz. Der Baubeginn steht jedenfalls noch nicht fest. Zuerst wird der Flughafen am 4. Mai 2021 an das Land Berlin zurückgegeben. Seit gestern starten und landen alle Berliner Flugzeuge nun am BER und selbstverständlich werden wir Euch mit den aktuellsten News rund um den BER auf dem Laufenden halten!
