Die Europäische Kommission arbeitet aktuell an einem Vorschlag für externe Grenzöffnungen zum 1. Juli 2020 – allerdings nur für bestimmte Länder. Nicht dazu gehören sollen die Vereinigten Staaten.

Seit mehr als drei Monaten ist der Reiseverkehr zwischen Europa und Nordamerika mehr oder weniger zum Erliegen gekommen. In Folge eines ersten starken Ausbruchs des Coronavirus in Europa hatten die USA am 12. März unilateral ein Einreiseverbot für die meisten Länder des Kontinents verhängt. Wenige Tage später folgte die Europäische Union mit einer identischen Regelung für US-Amerikaner, die seitdem ebenfalls nicht mehr in die EU einreisen dürfen. Wann sich das wieder ändert, steht in den Sternen, der Einreisestopp für EU-Bürger in die USA wurde im April auf unbestimmte Zeit verlängert. Eine Öffnung der EU-Grenzen für US-Amerikaner rückt aktuell zudem ebenfalls in weite Ferne.

Europäische Kommission arbeitet an Länderliste für Grenzöffnungen ab dem 1. Juli 2020

Trotz aller wirtschaftlichen Bände, will die Europäische Union keine schnelle Grenzöffnung zu den Vereinigten Staaten. Das geht aus Informationen der New York Times hervor. Die renommierte Tageszeitung hat aus Verhandlungsquellen erfahren, dass die Kommission aktuell an zwei möglichen Listen für eine Grenzöffnung ab dem 1. Juli arbeitet. Die Vereinigten Staaten stehen allerdings auf keiner von beiden. Dasselbe gilt auch für die ebenfalls besonders stark vom Coronavirus betroffenen Wirtschaftsmächte Russland und Brasilien. Zu allen drei Ländern unterhalten die meisten europäischen Staaten wichtige wirtschaftliche und politische Bände, weswegen die Exklusion auf den Listen pikant ist. Aus Verhandlungskreisen heißt es allerdings, dass die Listen einen medizinischen – und eben keinen politischen und wirtschaftlichen – Nutzen haben sollen.

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Glaubt man den Informationen der New York Times, stehen auf einer der vorgeschlagenen Listen 47 Länder, auf der anderen insgesamt 54 Länder. Die kleinere Liste soll nur Länder umfassen, die im Schnitt weniger Infektionen pro 100.000 Einwohner in der letzten Woche haben als die Europäische Union. In der EU liegt der Schnitt momentan bei 16 Infizierten auf 100.000 Einwohner. Die größere Liste macht den Schnitt bei 20 Infizierten bei 100.000 Einwohnern und würde entsprechend einige zusätzliche Länder enthalten. Klar ist allerdings, dass unabhängig von der Grenze die USA keine Chance hätten, auf die Liste zu kommen. In den Vereinigten Staaten liegt der Wert aktuell bei 107 Infizierten auf 100.000 Einwohner, in Brasilien sind es sogar 190 Infizierte. Die genannten Daten gehen auf eine Datenbank der New York Times zurück, sodass Abweichungen zu anderen Quellen möglich sind.

EU plant Grenzöffnung unter anderem für China und Vietnam

Beide innerhalb der Kommission diskutierten Listen enthalten laut Angaben der New York Times sowohl China als auch Vietnam, Uganda und Kuba. Glaubt man den aggregierten Daten zu den aktuellen Fallzahlen der Funke Mediengruppe, dürften auf der Liste auch viele Länder in Südostasien, unter anderem Malaysia und Indonesien sowie Thailand, als auch in Nordafrika, etwa Tunesien oder Marokko, auftauchen. Als nahezu sicher gilt, dass auch die Länder in Fernost, neben China wären das unter anderem Japan und Südkorea sowie Taiwan, auf beiden Listen auftauchen würden. Wackelkandidaten wären dagegen beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate, Singapur oder Israel, die aktuell allesamt sogar über einem Wert von 20 Infizierten pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen liegen. In Deutschland liegt der Wert zum Vergleich bei nur 6 Infizierten.

Die Kommission möchte bei ihrer Empfehlung allerdings wohl nicht nur darauf achten, ob Länder niedrige Infektionszahlen vorweisen, sondern auch ob die Quellen hierfür verlässlich sind. Laut der New York Times sollen unter anderem die Botschaften der EU-Staaten in anderen Ländern darüber informieren, ob die berichteten Zahlen nachvollziehbar und verlässlich seien oder nicht. Dies gilt in vielen Ländern weltweit als umstritten, sodass man nicht nur auf die aktuell veröffentlichten Fallzahlen blicken sollte. Vielmehr dürfte die Liste am Ende eher kurz ausfallen, heißt es aus Verhandlungskreisen. Generell soll die Empfehlung für die Grenzöffnungen alle zwei Wochen evaluiert werden. Dann könnten Länder entweder wieder von der Liste genommen oder neu hinzugeführt werden.

Staaten entscheiden am Ende selbst über Grenzöffnungen

Staatsrechtlich betrachtet hat die Europäische Kommission keine Möglichkeit, über Grenzöffnungen oder auch Schließungen zu entscheiden. Dies gilt für den gesamten Schengen-Raum, was sich während der Krise bereits eindrucksvoll gezeigt hat, als Länder entgegen der Empfehlung der Kommission interne Grenzen geschlossen haben. Zuletzt allerdings zeigten sich die Mitgliedsstaaten im Großen und Ganzen geeint, wenngleich gerade einige nordeuropäische Staaten die generellen Öffnungen der Grenzen um 15. Juni nicht komplett umgesetzt haben. Die externen Grenzöffnungen unterliegen ebenfalls den Mitgliedsstaaten selbst, sodass sie sich nicht an die Empfehlungen der Europäischen Kommission halten müssen.

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Die Folge von Alleingängen könnte allerdings die Einführung von internen Grenzkontrollen im Schengen-Raum sein, wie die Kommission warnt. Teilweise bestehen diese allerdings sowieso weiterhin, sodass es durchaus möglich ist, dass einige Länder ausscheren. Mitglied im Schengen-Verbund sind neben den in der EU verbundenen Staaten zudem auch Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein. Während Island beispielsweise schon angekündigt hat, ab dem 1. Juli wieder US-Staatsbürger zu empfangen, hat Norwegen eine Grenzöffnung zu diesem Datum zuletzt ausgeschlossen. Es ist also unabhängig von der Empfehlung der EU-Kommission wahrscheinlich, dass die Einreiseregeln nicht einheitlich sein werden. Deutschland allerdings wird mit großer Wahrscheinlichkeit den Kommissionsempfehlungen folgen.

Grenzöffnungen sind auch für interkontinentale Reisen entscheidend

Grundlegend betrifft die Empfehlungsliste der Europäischen Kommission Reisen in den Block und nicht Reisen aus der EU in andere Staaten. Doch dies wäre zu kurz gedacht, da Einreisebeschränkungen schon aus diplomatischen Gründen in den allermeisten Fällen reziprok erlassen werden. Das heißt konkret: Wenn die Europäische Kommission Grenzöffnungen empfiehlt und die Staaten diese umsetzen, ist davon auszugehen, dass auch eine gegenseitige Öffnung erfolgt. Das gilt beispielsweise mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für Länder wie Japan und Südkorea sowie auch für vom Tourismus abhängige Länder in Südostasien sowie Nordafrika.

Ausnahmen sind auch hier wahrscheinlich und möglich, denn schon jetzt sind nicht alle Schließungen reziprok, doch eine Grenzöffnung der EU-Staaten würde vermutlich wieder interkontinentale Geschäfts- und auch Privatreisen möglich machen – wenngleich sicherlich mit einigen Einschränkungen. Unbekannt ist beispielsweise noch, ob die Öffnungen mit dem Kriterium eines negativen Covid-19-Tests bei der Einreise einhergehen werden. Auch solche Regelungen könnten entsprechend in beide Richtungen gelten. In jedem Fall könnten die Öffnungen auch für EU-Bürger gute Nachrichten sein, da so interkontinentale Reisen womöglich tatsächlich schon deutlich früher als gedacht wieder ein Thema werden könnten.

Fazit zu den Plänen zu Grenzöffnungen

Die Europäische Kommission plant am 1. Juli die Öffnung der Grenzen zu zahlreichen Ländern zu empfehlen – mit großer Sicherheit werden die USA allerdings nicht dabei sein. Die konkreten Listen werden aktuell noch verhandelt, mit einem Ergebnis ist bis Ende der Woche zu rechnen. Spannend wird auch, ob alle Mitgliedsstaaten der EU und des Schengen-Raums den Empfehlungen folgen werden und was das für reziproke Einreisebestimmungen in anderen Ländern bedeutet.

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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  • Griechenland hatte schon angekündigt US Bürger ab dem 1.7 ins Land zu lassen. Ähnlich wird es wohl auch in Italien und Portugal seien, da die Amerikaner eben viel Geld mitbringen. Es wird eine komische läge in Europa geben, mal sehen ob Amerikaner dann nicht einfach nach Rom fliegen und von dort aus einfach weiter nach Paris,Berlin,Madrid und so weiter.Aber wir werden ja sehen denn im laufe dieses Tages wird ja die EU Empfehlung offiziell vorgestellt und die Länder werden sicher sofort ihren Senf dazu geben.

    • Hallo Robert, das wird in der Tat sehr spannend. Bei unterschiedlichen Regeln an den Außengrenzen sind interne Grenzkontrollen im Prinzip unumgänglich. Man kann sehr gespannt sein, welche Lösung heute vorgestellt wird und wie die Länder reagieren. Wir berichten dann natürlich postwendend darüber!

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