Das für die finanzielle Entlastung der Bürger eingeführte 9-Euro-Ticket der Deutschen Bahn stand über das Pfingstwochenende vor seinem ersten Härtetest – und die Bilanz fällt durchaus kritisch aus.

Überfüllte Züge und Bahnsteige, Zugausfälle und Verspätungen und Passagiere, die auf dem Boden sitzen – die Tagesschau berichtet von Chaos in den Zügen der Deutschen Bahn am Pfingstwochenende. Zahlreiche Touristen, die über die Feiertage einen Ausflug innerhalb Deutschlands geplant hatten, sahen sich einer Vielzahl von Problemen und wenig Komfort ausgesetzt.

Überfüllte Züge und mehr Störungen als sonst

Der Ansturm auf den Regionalverkehr der Deutschen Bahn war über die Pfingstfeiertage groß. Das führte zu signifikanten Problemen. Unser reisetopia Kollege Moritz hat dies am eigenen Leib erfahren.

Kiel Hauptbahnhof Menschenmasse

Die Züge waren teils so überfüllt, dass eine Fahrradmitnahme nicht mehr garantiert werden konnte. Sitzplätze waren Mangelware und Gedrängel stand innerhalb der Wagons sowie an den Bahnsteigen auf der Tagesordnung. In manchen Fällen mussten Züge sogar stoppen und die Passagiere warteten mitten auf der Strecke auf die Weiterfahrt.

“Überall in Deutschland waren die Bahnsteige und die Züge voll, in mehreren Fällen mussten überfüllte Züge geräumt werden – aber zum Glück keine Bahnhöfe”

Ralf Damde, Vize-Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats DB Regio

Übermäßiger Bedarf an Personal

Nicht nur Reisende waren von der übermäßigen Belastung am langen Wochenende betroffen. Die Deutsche Bahn hatte vorsorglich bereits mehr Personal an verschiedenen Standorten eingesetzt. Dafür wurden tausende Überstunden nötig. Der Bedarf der Passagiere an Beratung und Unterstützung war an den 3 Tagen besonders hoch. Zusätzlich musste kontrolliert werden, ob Maskenpflicht, die weiterhin in öffentlichen Verkehrsmitteln gilt, eingehalten wurde.

9-Euro-Ticket als finanzielle Entlastung der Bürger

Das 9-Euro-Ticket der Deutschen Bahn gilt vorerst bis einschließlich August 2022. Der Bundestag führte das Ticket als Gegenmaßnahme zu den finanziellen Belastungen durch steigende Energiepreise ein. Grund dafür ist der in der Ukraine seit Mitte Februar herrschende Angriffskrieg Russlands. Durch die Sanktionen, die viele westliche Länder gegenüber Russland verhängten, kommt es seit Monaten zu Engpässen in der Energieversorgung und dementsprechend zu steigenden Lebenshaltungskosten für die Verbraucher.

Fazit zur ersten Bilanz des 9-Euro-Tickets

Leider fällt die erste Bilanz zum 9-Euro-Ticket eher unbefriedigend aus. Mitarbeiter waren durchgehend überlastet und die Züge platzten aus allen Nähten. Vielleicht kann die Deutsche Bahn jedoch aus diesem ersten Härtetest einige Schlüsse ziehen und ist somit für den nächsten Ansturm gewappnet. Eine finale Bilanz zum 9-Euro-Ticket lässt sich jedoch erst nach den 3 Monaten ziehen, in denen es eingesetzt wird.

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Autor

Sonja Issel ist seit Juni 2022 als Autorin Teil des reisetopia Content-Teams. Sie ist mit Leib und Seele Journalistin. Besondere Orte und Geschichten aufzuspüren sind ihre Leidenschaft. Ihre Expertise setzt sie jetzt für euch ein, um die besten Reisedestinationen zu finden - und um euch bezüglich News Up-To Date zu halten.

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  • Klasse. Die Bahn scheint ja alles richtig gemacht zu haben. Die Züge sind normal gefüllt.

    Was ist nun jetzt mit der Kritik? Hinfällig ? 😉

  • tja, das ist alltag in indien. habs alles erlebt und war sogar heftiger, rappelvoll, keine Klimaanlage, 45 °C. sollen die leute das mal auch erleben um nicht dauernd zu meckern und einfach mal zufrieden zu sein!

    • Moin Jan, wenn es darum geht das wir deutsche sehr gerne meckern bin ich bei dir. Ich bin aber auch der Meinung daß es besser sein darf. Ich fahre sehr gerne mit dem ÖPNV und habe seit mehreren Jahren kein Auto und bin Besitzer einer Bahncard. Ich bin definitiv pro ÖPNV. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn man Mal in der Bahn sitzt und es voll ist. Man sollte aber noch an seiner Station herauskommen können ohne drei Stationen vorher sich zur Tür zu drängeln. Das mag in Indien Normal sein – klingt für mich so – aber ich finde es dennoch nicht gut. Und insbesondere der Körper in Deutschland ist nicht unbedingt an die hohen Temperaturen gewöhnt. Alte oder kranke Personen hilft es sicherlich gesundheitlich wenn im ÖPNV eine Klimaanlage an ist, damit sie nicht bei 40 Grad eine Stunde lang von A nach B fahren müssen.

      Und, ich habe kein Problem das vor meiner Haustür eine mehrjährige Baustelle von der Bahn ist, um die Gesamtsituation zu verbessern.

      Grüße
      Alex

    • Ansonsten bin ich aber auch bei dir Jan, wenn es darum geht das sich Menschen im Nachhinein beschweren, dass es am Pfingstwochenende zu voll war und man meint die DB ist Schuld. Jeder der ab und an mit der Bahn fährt hätte es erwarten müssen und darf nicht auf überrascht tun – mMn.

  • Kritische Bilanz? Eher so: Das Interesse an kostengünstigen Möglichkeiten, nachhaltig und umweltfreundlich zu reisen ist überwältigend. Jetzt sind Politik und Unternehmen gefragt, das auch gut umzusetzen. Am besten langfristig. Dass so viele Leute das ticket laufen und nutzen ist einfach nur sehr sehr gut.

    • Hey Lukas,

      da gebe ich dir absolut recht. Dennoch gibt es Stellen, die verbessert werden können. Nur weil es eine gute Sache per se ist, heißt es ja nicht, dass man sich mit Unannehmlichkeiten zufriedengeben muss, oder? Wir betrachten hier lediglich die kritischen Aspekte, die viele Reisende auch tatsächlich sehr gestört haben. Dass das 9-Euro-Ticket eine gute Sache ist, soll hier nicht diskreditiert werden.

      Ganz liebe Grüße,
      Sonja

    • Ja, sehe ich auch so. So nebenbei, die Bilanz nach einer Woche in der auch Pfingsten war verstehe ich nicht. Alles bekannt, alles zu erwarten. Außer vllt die Anzahl der gekauften Tickets. Wobei auch die nächsten zwei Monate wichtig sind. Es reicht nicht aus sich auf die erste Woche zu beziehen. Wenn für Juni 1000 Tickets, aber für Juli nur 500 und August 200 Tickets verkauft werden mag es im Juni viel sein, aber das Interesse hat stetig abgenommen und das Fazit wäre ein anderes.

      Gruß
      Alex

  • Schlimm… ich denke ihr reist viel? Dann sollten euch solche Zustände aus anderen Ländern bekannt sein. Bei Manchen reist man sogar zwischen Hühnern und Schweinen… 😉

    Ich finde das alles ziemlich übertrieben. Jeder wusste, was passieren wird. Jedem war es überlassen mit dem Zug zu reisen.

    Es ist leider so wie es ist.. in Deutschland wird immer gejammert. Sogar wenn es kostenlos gewesen wäre, würden manche immer noch jammern.

    • Hallo René,

      ich finde, dass du da komplett recht hast – jedem ist es selbst überlassen, ob man jetzt mit dem Zug fährt oder nicht. Im Gegenzug hat aber auch jeder, der dann mit dem Zug fährt, auch das Recht, Kritik auszuüben. Ohne Kritik kann man sich ja auch nur schwer verbessern. Wir sehen das alles weniger als Jammern sonder mehr als Chance für die Deutsche Bahn, aus solchen Situationen zu lernen und das 9-Euro-Ticket auch für die “Jammerer“ attraktiver zu machen.

      Ganz liebe Grüße,
      Sonja

      • Es besteht überhaupt kein Grund zur Kritik.
        Woher soll das Personal kommen? Woher der Fuhrpark? Innerhalb wenigen Monaten ist das nicht machbar und macht auch zukünftig keinen Sinn.

        Das war eine erahnte Ausnahmesituation und das Zugpersonal hat es meistens super gelassen genommen. Ein dickes Lob dafür.

        Die ICEs waren alle normal ausgelastet. Hätte man ja auch damit fahren können.

        Ich fand es toll. Konnte ich wenigstens mit 200 km/h entspannt über die Autobahn düsen. Fast durchgängig bis nach Hause. 👍 und fast verkehrsfrei… 😉

      • Lieber René,

        ob Kritik nun zulässig ist oder nicht, ist glaube ich eine sehr subjektive Sache – jeder macht seine eigenen Erfahrungen und bewertet diese dementsprechend.
        Dementsprechend ist deine Meinung natürlich auch sehr valide. Die positiven Aspekte dürfen nicht zu kurz kommen. Danke, dass du daran erinnerst!

        Liebe Grüße
        Sonja

  • Also wenn das Personal tatsächlich noch Zeit gehabt haben sollte, die Maskenpflicht zu kontrollieren, kann es nicht so schlimm gewesen sein. Um uns herum gibt es keine Maskenpflicht mehr im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, und die Leute fallen auch nicht reihenweise tot um.

    Fahrräder und Bahn sind ein Problem, weil Fahrräder viel Platz brauchen und weil das Einsteigen und Aussteigen lange dauert, wenn Fahrradfahrer beteiligt sind. Das Problem besteht auch ohne 9-Euro-Ticket.

  • Der Artikel erweckt bei mir gewisse Assoziationen mit dem Interview eines bekannten deutschen Fußballspielers im Dienste von Real Madrid. Ich stand selbst mehrfach in der Sardinenbüchse und konnte keine schlechte Stimmung vernehmen. Jeder hat die Warnungen der Bahn vernommen, jeder war trotzdem gekommen. Alle wussten worauf sie sich einlassen. Die Zugbegleiter hatten scheinbar auch ihren Spaß (“Willkommen im Kuschelzug der Deutschen Bahn”; auch nett: “Vielleicht sprechen die Singles unter Ihnen eine der zwanzig Personen neben Ihnen einfach mal an”). Der Job ist vermutlich wesentlich einfacher, wenn man außer Durchsagen nichts groß zu tun hat.

    Toni Kroos, welcher neulich mit “kritischer Reporter-Bilanz” seiner Mannschaft die Champions League gewann, spielte ja einige Jahre in meiner Wahlheimat München, wo gepflegtes Granteln auch seine stolze Tradition hat. In diesem Sinne: 9-Euro-Ticket? Furchtbar. Unzumutbar. Menschenrechtsverletzung. Werde ich mir höchstens noch weitere 20 mal antun.

  • Tolle Schlagzeile im Newsletter: “Das 9-Euro-Ticket der Deutschen Bahn”!
    Vielleicht wäre es besser gewesen: “Das von der Bundesregierung den Nahverkehrsunternehmen aufgedrückte 9-Euro-Ticket”
    Dieses Ticket wird auch von Busgesellschaften oder Verkehrsverbünden verkauft!

  • Na ja, was anderes war ja auch kaum zu erwarten. Insbesondere an Pfingsten. In meinem Haushalt wird Geld gespart und es lohnt sich bei meinem Haushalt bereits nach zwei round Trips und ein one way Trip in die Stadt. Ich hoffe inständig das man sich nicht nur die Statistik vom Pfingstwochenende und den Sommerferien anschauen wird. Es gibt viele Bereiche, nicht nur Pfingsten und Sylt das mMn durch die Medien gehyped wurde.

    Grüße
    Alex

    • Hey Alex,

      da stimme ich dir voll und ganz zu. Eine wirkliche Bilanz kann erst nach den kompletten 3 Monaten gezogen werden – in denen dann auch die “normalen“ Reisetage außerhalb solcher Ballungszeiten betrachtet werden müssen. Spannend bleibt auch, inwiefern die Bundesregierung aus dieser Erfahrung Schlüsse zieht und ob sich dadurch langfristig etwas in der deutschen Verkehrspolitik verändert.

      Herzliche Grüße
      Sonja

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