Viele Vielfliegerprogramme haben in den letzten Jahren eine Umstellung auf ein umsatzbasiertes System für Meilen-Gutschriften vorgenommen – diese erweist sich in Zeiten steigender Flugpreise als Eigentor.
Dass die Preise für Flugtickets stark steigen ist sicherlich nichts, worüber man sich als Verbraucher freut. Die Fluggesellschaften dagegen reiben sich die Hände, verdienen sie doch mehr Geld, wenn die Durchschnittspreise höher sind. Gleichzeitig allerdings dürften sich diejenigen ärgern, die bei den oftmals hochprofitablen Vielfliegerprogrammen der Airlines am Runder sitzen – durch die unerwartet schnellen Anstiege der Flugpreise dürften die Meilengutschriften im Schnitt signifikant höher ausfallen als ursprünglich geplant.
Mehr Meilen für höhere Ausgaben
Die Zahl der Fluggesellschaften, die in den letzten fünf Jahren die Gutschrift von Prämien- und teilweise auch Statusmeilen von einem zonen- und distanzbasierten auf ein umsatzbasiertes System umgestellt hat, kann man an einer Hand längst nicht mehr abzählen. Die prominentesten Beispiele dafür sind aus deutscher Perspektive sicherlich die Lufthansa und ihre Tochter-Fluggesellschaften, aber auch bei British Airways oder den US-Fluggesellschaften kommt man an einer umsatzbasierten Gutschrift von Meilen längst nicht mehr vorbei.
Die Idee dahinter ist klar, denn die Fluggesellschaften wollten zum einen dafür sorgen, dass sie geringe Ausgaben für die Gutschrift von Meilen haben. Zum anderen dürfte das Hauptziel der Maßnahme bei den meisten Vielfliegerprogrammen gewesen sein, diejenigen stärker zu belohnen, die mehr Geld ausgeben. Die Veränderung des Systems war im Grunde genommen für all jene positiv, die vergleichsweise teure Tickets in der jeweiligen Reiseklasse gebucht haben, etwa bei kurzfristigen Buchungen. Gegenläufig sollte der Effekt für diejenigen negativ sein, die entweder weit im Voraus und besonders günstig oder besonders optimiert ihre Tickets buchen – beispielsweise durch einen Abflug an einem Flughafen im Ausland oder Verbindungen mit mehreren Stopps.
Die Unterschiede konnten dabei nach den Umstellungen teils gravierend sein. Wer etwa ein Lufthansa First Class Ticket günstig mit Abflug im Ausland gebucht hat und 2.500 Euro bezahlt hat, bekam auf einmal teilweise weniger als 10.000 Prämienmeilen für den Hin- und Rückflug gutgeschrieben – zuvor konnten es gut und gerne 40.000 Prämienmeilen sein. Diejenigen, die dagegen kurzfristig gebucht haben und für denselben Flug zum Beispiel 10.000 Euro bezahlt haben, dürften insgesamt auf eine ähnliche oder sogar höhere Gutschrift bekommen haben. Insgesamt, das dürfte klar sein, müssten die Airlines anfänglich aber von einer insgesamt niedrigeren Zahl an ausgegebenen Meilen profitiert haben.
Steigende Preise werden für Vielfliegerprogramme zum Problem
Was in Zeiten von allgemein eher niedrigen Flugpreisen, insbesondere in Europa, als kluger Schritt gesehen wurde, wird allerdings immer mehr zum Problem für die Vielfliegerprogramme. War es etwa 2019 oder 2020 sicherlich noch eine gute Idee, die Meilen umsatzbasiert statt distanzbasiert gutzuschreiben, dürfte dies 2023 schon ganz anders aussehen. Nun sind die Statistiken zum Anstieg der Flugpreise immer schwer zu interpretieren, aber laut einer Idealo-Studie haben etwa die Lufthansa und Swiss ihre Preise allein zwischen 2021 und 2023 fast verdoppelt. Das hat entsprechend auch große Folgen auf die Gutschrift der Meilen in einem umsatzbasierten System.
An einem Beispiel für ein günstiges Ticket in der Economy Class (Buchungsklasse K) mit Umstieg in Frankfurt zu einem Ziel in Europa zeigt sich das sehr gut. Wir nehmen hierfür an, dass der Flug im Jahr 2021 200 Euro gekostet hat und im Jahr 2023 400 Euro. Hiervon ziehen wir jeweils 100 Euro ab, die als Steuern nicht für die Meilenberechnung zählen (in unserem Beispiel hat der Reisende keinen Status bei Miles & More):
- Zonenbasierte Gutschrift (vor Umstellung): 4 x 125 Meilen = 600 Prämienmeilen
- Umsatzbasierte Gutschrift (2021): 4 x 100 = 400 Prämienmeilen
- Umsatzbasierte Gutschrift (2023): 4 x 300 = 1.200 Prämienmeilen
Schon auf den ersten Blick sieht man enorme Unterschiede, denn durch die Verdopplung des Flugpreises zeigt sich auch das große Problem des umsatzbasierten Systems. War dieses ursprünglich so erdacht, dass es die Meilengutschrift minimal zugunsten der Airlines zum damaligen Preisniveau verschiebt, geht es mittlerweile stark in die andere Richtung. 2021 hätte Miles & More bei der Gutschrift in unserem Beispiel eine Ersparnis von 50 Prozent durch die Systemumstellung erreicht, im Jahr 2023 muss MIles & More auf einmal die doppelte Anzahl an Meilen gutschreiben und wäre dadurch zum großen Verlierer geworden.
Nun kann sich das Mitleid sicherlich in Grenzen halten, insbesondere weil die Muttergesellschaft durch die höheren Preise deutlich mehr verdient. Gleichzeitig allerdings wird man sich bei Miles & More sicherlich ärgern, denn ohne eine Änderung des Systems der Gutschriften würde man heutzutage signifikant günstiger wegkommen. Passagiere dürfen sich entsprechend zumindest darüber freuen, dass die Meilengutschrift deutlich höher ist als früher – mit Blick auf die teils enorm stark steigenden Flugpreise ist das aber sicherlich eher ein Wermutstropfen, denn ein Grund für Freudensprünge.
Am Ende gewinnt immer die Bank
Man kann sich nun ein wenig ins Fäustchen lachen und sich darüber freuen, der temporäre Gewinner im Duell mit den Vielfliegerprogrammen zu sein. Doch wir alle wissen auch, dass am Ende eben immer die Bank gewinnt. Sollten die Preise also konstant hoch bleiben, wird man sich also wohl darauf einstellen müssen, dass “die Bank” einen Weg finden wird, um wieder die Oberhand zu bekommen. Bei Vielfliegerprogrammen gibt es dahingehend bekanntlich zwei Stellschrauben, an denen zumindest teilweise auch schon gedreht wird.
Die erste ist der Wert einer Meile. Blickt man etwa auf Miles & More, hat man in den letzten Jahren zwar per se keine Entwertung der Meilenwerte für Einlösungen für Flüge in der Business und First Class gesehen, dafür sind allerdings die Verfügbarkeiten schlechter geworden. Dies hat Miles & More zum Anlass genommen, um mit der Business Season Prämie ein Angebot ins Leben zu rufen, das doppelt so hohe Preise für Einlösungen vorsieht. Dieser erste Schritt dürfte nicht der letzte gewesen sein, um den Wert der nun zusätzlich gesammelten Meilen zu schmälern.
Die zweite Stellschraube ist auf der anderen Seite zu finden, nämlich beim Meilen sammeln. Der Einfachheit bleiben wir auch hier bei Miles & More, um die Möglichkeit zu verdeutlichen. So ist etwa nirgendwo garantiert, dass es auch für immer 4 (bzw. 6 für Statusinhaber) Meilen je Euro Umsatz gibt und wäre es nicht auch eine Idee, dass es die Gutschrift nur für den Basistarif gibt und nicht etwa auch für den Treibstoffzuschlag? Nun will ich die Verantwortlichen bei Miles & More nicht auf Ideen bringen, aber in der Welt des Meilensammelns weiß man eben auch, dass man sich immer darauf einstellen muss, dass die nächste schlechte Nachricht nicht weit ist.
Für Meilengutschriften erhält das Vielfliegerprogramm in der internen Erfolgsrechnung, bzw. bei ausgelagerten Programmen vertraglich so geregelt, einen fixen Eurobetrag pro gutgeschriebener Meile. Es ist dem Programm also quasi egal, wie viele Meilen vergeben werden. Im Gegenteil, da die Programme ihren Gewinn aus dem Delta zwischen Vergütung pro Meile (von der Airline) und dem Aufwand pro eingelöster Meile erzielen, ist es ihnen sogar lieber, wenn mehr Meilen kreditiert werden (die dann bestenfalls verfallen oder in einen Rucksack aus dem Prämienshop eingelöst werden).
Für die Fluggesellschaft als Ganzes kann man getrost konstatieren, dass sie die höheren Meilengutschriften gerne gewähren, wenn die Passagiere dafür weiterhin die hohen Preise zahlen…