Die ÖBB kündigt für den Fahrplanwechsel ab Ende 2022 die Aufnahme 13 neuer Nightjets in die Flotte an – weitere Ausweitungen sind ebenfalls in Planung.
Der Zugverkehr möchte sich immer weiter als Alternative zu Kurzstreckenflügen etablieren, weshalb viele europäische Bahngesellschaften ihre Investitionen in den Ausbau des Angebots erhöht haben. Die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) stellte in diesem Zusammenhang kürzlich den ersten Waggon des neuen Hochgeschwindigkeits-Nightjets vor, der das Bahnfahren auch auf längeren Strecken in Zukunft noch attraktiver machen soll. Die Aufnahme der “Nightjet-Flotte” in den Fahrgastbetrieb soll allerdings erst mit dem Fahrplanwechsel Ende 2022 erfolgen, wie airliners.de berichtet.
ÖBB will Flugverkehr auf Kurzstrecken Konkurrenz machen
Kurzstreckenflüge geraten im Rahmen der Debatte um die Klimakrise immer weiter in Bedrängnis, was sich die Bahnen zunutze machen wollen. So sind einige europaweite Initiativen zur Stärkung des Bahnverkehrs in Planung und auch die nationalen Bahngesellschaften wollen ihre Angebote weiter verbessern, um den Kunden auch längere Strecken komfortabel mit dem Zug anbieten zu können. Ein europaweiter Vorreiter beim Thema Nachtzüge ist dabei die Österreichische Bundesbahn (ÖBB). Die Bahngesellschaft hat nun angekündigt, bis Ende 2022 13 neue Hochgeschwindigkeits-Nightjets, mit je sieben Waggons in ihre Flotte aufzunehmen.
Für den neuen Nightjet sind zunächst Routen zwischen Österreich, Deutschland und Italien geplant, die der Hochgeschwindigkeitszug mit rund 230 km/h verbinden soll. Damit will die ÖBB ihre Vorreiter-Stellung weiter ausbauen. Insgesamt sollen rund 500 Mio. Euro in den Nachtzugverkehr und die Ausweitung des Streckennetzes fließen, um sich zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für Airlines in Hinblick auf Kurzstreckenreisen zu etablieren. Die ÖBB belässt es bei hierbei aber nicht bei den 13 neuen Hochgeschwindigkeits-Nightjets, sondern kündigte schon eine Order über weitere 20 Garnituren an. Der ausstehende Vertrag mit dem Hersteller Siemens soll nach Aussagen der Österreichischen Bundesbahn dabei noch weitaus mehr Optionen umfassen. Dabei geht es um rund 700 Wagen, um die Flotte in den kommenden Jahren nochmals zu erweitern und die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Luftverkehr zu erhöhen.
Die Beteiligung Deutschlands durch die Deutsche Bahn fällt bei diesem Projekt in einem sehr kleinen Umfang aus und beschränkt sich auf den Ticketverkauf. Unterstützungen bei Anschaffungsgebühren oder der Übernahme einiger Trassengebühren sind hierbei nicht vorgesehen.
Durch die geplante Flottenerweiterung steht auch einer Ausweitung der Linien im Nachtzugverkehr kein Hindernis mehr im Wege. Die derzeitigen 19 Nightjet-Linien sollen bis zum Jahr 2024 auf bis zu 26 Linien erweitert werden. Die angekündigten Planungen eröffnen gute Chancen, Kurzstreckenreisen künftig klimafreundlicher gestalten zu können und den Flugverkehr, zumindest für Kurzstrecken- oder Ultrakurzstreckenflüge, durch Bahnfahrten zu ersetzen. Auch für den Hersteller Siemens steht der Klimaschutz und das Ziel CO2-neutraler Reisen an erster Stelle, wie Unternehmensmanager Peter bekannt gibt.
Der öffentliche Verkehr muss die bequemste und einfachste Möglichkeit sein, mobil zu sein.
Leonore Gewessler, Umweltministerin von Östereich, in einem Statement gegenüber des ORF
Trotz der aktuellen Pandemielage und der einhergehenden Reisebeschränkungen, die Grund für den spärlichen Zugverkehr sind, tritt die ÖBB dem künftigen Nachtzugverkehr mit Optimismus entgegen. Neben den voranschreitenden Impfungen und der erwarteten “Renaissance” der Städteverbindungen, betont die ÖBB einen positiven Ausblick auf zukünftige Entwicklungen für Bahnreisen.
Mini-Suiten sorgen für noch mehr Komfort
Neben dem Umweltschutz steht auch der Komfort bei den neuen Nightjets im Fokus. Die neue Generation der Züge soll künftig mit zwei Sitzwagen, drei Liegewagen und zwei Schlafwagen über die Schienen rollen, wobei seitens der ÖBB noch keine verbindlichen Informationen zum Interieur bekannt gegeben wurde. Geplant sind zudem Bistros, Fahrradstellplätze und rollstuhlgerechte Zugänge zu einem Waggon mit barrierefreiem Liegewagenabteil, sowie zugehörigem WC.
Eine Besonderheit stellt die für Nachtzüge typische Plattform dar, die den Einbau zwei weiterer Etagen ermöglicht. Vermutungen zufolge soll die Plattform in den Nightjets die neuen Mini-Suiten im Liegewagen erweitern. Diese sollen Alleinreisenden noch mehr Komfort und Privatsphäre bieten. Auch der Schlafwagen ermöglicht den Passagieren der Standard- und Deluxe-Abteile durch eigene Toiletten und Duschmöglichkeiten einen deutlich luxuriöseren Aufenthalt.
Mit der geplanten 4 bis 5G-WLAN-Verbindung hebt sich die ÖBB mit dem neuen Nightjet zusätzlich von anderen Bahnverbindungen oder dem Flugverkehr ab. Ähnlich den Planungen für die deutsche ICE-Flotte werden im neuen Nightjet besondere Beschichtungen für Fenster verbaut, die für diese Signale durchlässig sind. Neben diesen bereits vielversprechenden Details zu den Waggons kann der endgültigen Bekanntgabe des Innendesigns sowie des Interieurs mit Spannung entgegengeblickt werden!
Technische Innovation bringt luxuriöses Fahrerlebnis
Durch die im Bahnverkehr vergleichbar hohe Reisegeschwindigkeit von rund 230 km/h kann die ÖBB ihren Passagieren zukünftig auch Reisen zu Destinationen anbieten, die im Rahmen einer Nachtfahrt nur über Schnellfahrtstrecken zu erreichen sind. Hierbei ist die hohe Laufruhe der neuen Nightjets besonders hervorzuheben. Im Vergleich zu vorherigen Nachtzügen soll der neue ÖBB-Night-Railjet trotz der hohen Reisegeschwindigkeit eine entsprechende Nachtruhe für Passagiere gewährleisten können.
In Kooperation mit der Universität Graz wurden für dieses Ziel speziell angefertigte Drehgestelle entwickelt, die Geräuschentwicklungen der Züge entgegenwirken sollen. Neben diesen Maßnahmen zur Reduzierung des Geräuschpegels innerhalb der Waggons verlangt die Reisegeschwindigkeit ebenfalls hohe Ansprüche an den Gleisbau ebenso wie an die Signal- und Sicherungstechnik.
Trotz aller Vorteile der zukünftigen Nightjets für den Bahnverkehr der ÖBB, sollen die alten Nachtzug-Garnituren vorerst nicht durch die neuen ersetzt werden. Durch das immer noch fehlende europaweit vereinte Eisenbahnwesen, müsste jeder Wagen einzeln in den jeweiligen Ländern zugelassen werden, wie ÖBB-Chef Matthä als Grund dafür anbringt. Ein möglicher Austausch der Loks an den Ländergrenzen hilft jedoch dieses Problem lösen zu können und den internationalen Bahnverkehr mittels der Nightjets im Vergleich zu herkömmlichen Triebfahrzeugsystemen zu erleichtern.
Fazit zu Hochgeschwindigkeits-Nightjets der ÖBB
Der Einführung des neuen ÖBB-Nightjets Ende 2022 ist positiv im Hinblick auf die Wiederaufnahme des Bahnverkehrs nach der Pandemie entgegenzublicken. Auch der Optimismus seitens des ÖBB-Chefs, Matthä, zeigt einen Lichtblick für den Reiseverkehr. Die ÖBB kommt mit Einführung des Nightjets auch der Weiterentwicklung hin zum nachhaltigeren Reisen einen Schritt näher, da Kurzstreckenflüge durch eine Nachtfahrt in dem Hochgeschwindigkeitszug ersetzt werden können.