Auch wenn die Lufthansa voraussichtlich Staatshilfen bekommt, muss die Airline mit einem anderen Schicksal zurechtkommen: Schon im Juni könnte sich das Gründungsmitglied wegen der beispiellos schlechten Entwicklung aus dem deutschen Aktienindex DAX verabschieden.
Es sind keine leichten Zeiten für die Luftfahrt und schon gar nicht für die größte deutsche Airline Lufthansa. Seit Wochen verhandelt die Fluggesellschaft über Staatshilfen, ein Paket über neun Milliarden Euro steht kurz vor dem Abschluss. Doch die Rettung ist das für die Lufthansa nicht in jeder Hinsicht, weil die Prognose für die Zukunft schlichtweg nicht mehr allzu rosig ist. Berichte, dass die Lufthansa Group noch im kommenden Jahr 300 Maschinen am Boden lassen könnte drücken genauso auf die Stimmung wie die unklare weitere Entwicklung rund um das Coronavirus. Damit einher geht ein enormer Verlust an den Börsen, welcher für die Lufthansa mit einer gewissen Sicherheit den Absturz aus dem DAX bringen wird, wie die Welt berichtet.
Lufthansa gehört nicht mehr zu den 50 wertvollsten Unternehmen
Regulär findet ein Wechsel im DAX nur einmal im Jahr statt, konkret im September. Doch bei Unternehmen, die besonders schnell an Wert verlieren, gilt eine sogenannte ‘Fast Exit’ Regel. Diese greift dann, wenn ein Unternehmen nicht mehr zu den 45 wertvollsten börsennotierten Firmen des Landes gehört (im DAX sind üblicherweise die 30 wertvollsten börsennotierten Konzerne gelistet – durch bestimmte Regeln und Stichtage gibt es hier allerdings Abweichungen). Die sogenannte Marktkapitalisierung der Lufthansa liegt allerdings nur noch bei 3,4 Milliarden Euro, nachdem sie vor einigen Monaten noch bei mehr als 7 Milliarden Euro gelegen hatte. Damit ist die Lufthansa aktuell nicht einmal mehr in der Top 50 der wertvollsten Firmen des Landes, denn anders als nach den Terroranschlägen im Jahr 2001 hat die Lufthansa bislang nicht vom Aufschwung an den Börsen nach dem großen Absturz vor wenigen Monaten profitiert.
Durch die Sonderregelung wird der Index einmal im Quartal überprüft, das nächste Mal im Juni. Dann könnte die Lufthansa absteigen, sofern sich die Marktkapitalisierung sich nicht um knapp zwei Milliarden Euro erhöht. Das ist allerdings ausgesprochen unwahrscheinlich, denn die mögliche Kapitalerhöhung durch eine staatliche Beteiligung sorgt nicht für einen höheren Wert der frei handelbaren Aktien und ebene diese sind für den Wert einer im DAX gelisteten Firma relevant. Strategische Investoren sowie Ankerinvestoren spielen entsprechend keine Rolle bei dieser Bewertungslogik, was der Lufthansa zum Verhängnis werden dürfte. Ersetzt werden würde die Lufthansa vermutlich vom Immobilienkonzern Deutsche Wohnen.
Historisch schlechte Kursentwicklung könnte weitreichende Folgen haben
Problematisch ist der Kurssturz der Lufthansa allerdings nicht nur wegen des Prestiges, das mit einer Listung im DAX einhergeht. Vielmehr ist eine DAX-Beteiligung für Konzerne dieser Größenordnung auch entscheidend dafür, sich günstig refinanzieren zu können. Viele Indexfonds, aber auch staatliche Investoren wie Pensionsfonds investieren grundsätzlich nicht in Firmen, die nicht im höchsten Index des Landes gelistet sind. Für die Lufthansa könnte das bei einem Abstieg zum einen bedeuten, dass der Kurs weiter sinkt und zum anderen auch dafür sorgen, dass eine Kapitalisierung in Zukunft schwieriger oder teurer wird. Nicht umsonst haben sich andere Absteiger aus dem DAX häufig nie wieder erholt.
Wie dramatisch ein Abstieg aus dem DAX ist, zeigt die Statistik: Mit Continental hat bislang nur ein einziger Absteiger aus dem höchsten Index es je wieder geschafft, zurückzukehren. Die Lufthansa wäre zudem der letzte Reisekonzern, der sich aus dem DAX verabschiedet. Ebenfalls würde mit der Lufthansa nach ThyssenKrupp im letzten Jahr ein weiteres Gründungsmitglied aus dem Index ausscheiden. Vertreten ist die Lufthansa in diesem seit dem Jahr 1988 – von diesen glorreichen Zeiten könnte die Airline aktuell nicht weiter entfernt sein. Dass es aber noch schlimmer kommen kann, zeigt das Beispiel des einzigen anderen großen deutschen Reisekonzerns, der einstmals im DAX war.
TUI war 2008 aus dem DAX geflogen und kam nie wieder zu alter Stärke zurück. Im Hoch war eine Aktie des Reisekonzerns einst fast 60 Euro wert, zum Abstieg aus dem DAX waren es nur noch knapp 16 Euro. Die schlimmste Nachricht für die Lufthansa ist aber, was mit den Aktien der TUI danach passiert ist: Direkt nach dem DAX-Abstieg sackte der Kurs weiter ab und erreichte nicht einmal ein Jahr später einen Wert von nur noch 3,85 Euro. Zwischenzeitlich wurde der Kurs zwar besser, der ebenfalls von der Krise betroffene Konzern ist mit einem Kurs von 3,34 Euro nun allerdings ganz unten angekommen. Die Marktkapitalisierung liegt bei weniger als zwei Milliarden Euro.
Fazit zum möglichen DAX-Exit der Lufthansa
Dass die Lufthansa aus dem DAX fliegen könnte, mag für die meisten auf den ersten Blick nach einem weniger relevanten Seiteneffekt der Kapitalmärkte klingen. Doch die Folgen für das Unternehmen wären gravierend, denn nach einem Abstieg sinken die Kurse meist noch weiter. Gerade bei einem kapitalintensiven Geschäftsbereich wie dem der Lufthansa ist das ein enormes Problem. Nicht nur ein Blick auf andere Absteiger zeigt, wie schwer eine Rückkehr zu alter Stärke ist. Man kann nur hoffen, dass die Lufthansa es auch nach einem Abstieg schafft, wieder auf die Beine zu kommen.