Die Lufthansa Group hat bekannt gegeben, dass ihre digitale CO2-Kompensationsplattform Compensaid nun auch in der Miles & More App abrufbar ist und somit der CO2-Ausgleich durch Zahlung mit Meilen möglich wird.

Bereits seit gut einem Jahr gibt es bei der Lufthansa Group die Möglichkeit den CO2-Ausstoß von Flugreisen über die konzerneigene Kompensationsplattform Compensaid auszugleichen. Dabei haben die Fluggäste Wahl in den Einsatz von Sustainable Aviation Fuels oder Klimaschutzprojekte zu investieren. Nun wurde die Funktion unter dem Anwendungsnamen “mindfulflyer” auch in die Miles & More App integriert und macht das Kompensieren damit noch einfacher und sogar durch den Einsatz von Meilen möglich. Das geht aus einer Medienmitteilung der Lufthansa Group hervor.

Teilnehmer werden zu “Climate Supportern”

Dass die Lufthansa ihre eigene Online-Plattform zur CO2-Kompensation hat, ist keine Neuigkeit. Was jedoch ein Novum ist, ist, dass die Funktion nun auch in die Miles & More App integriert wurde und es erstmals die Möglichkeit gibt, den Kompensationsbetrag auch mit Meilen zu zahlen. Dazu wurde die neue Funktion “mindfulflyer” entwickelt. Diese erinnert die Teilnehmer in der Miles & More App daran, regelmäßig die eigenen Flüge zu kompensieren. Damit soll eine noch größere Kundengruppe dazu animiert werden, in den Klimaschutz zu investieren.

Kundenbindung ohne Nachhaltigkeit funktioniert nicht mehr – unsere Kunden erwarten Lösungen von uns, die klimafreundliches Reisen ermöglichen […] Mit der Einbindung des mindfulflyer Angebots erfüllen wir diese Erwartung – klimaneutrales Reisen war noch nie so einfach.

Sebastian Riedle, Geschäftsführer der Miles & More GmbH

Dabei wird erstmals auch die “Cash & Miles Funktion” angeboten, die den Kunden vor die Entscheidung stellt, entweder mit Meilen oder mit Geld zu zahlen. Wenn der Miles & More Teilnehmer sich regelmäßig engagiert, werden ihm digitale Auszeichnungen verliehen und er beispielsweise als “Climate Supporter” gekürt. Diesen Status kann der Gast dann über seine Social Media Kanäle mit anderen Reisenden teilen.

Wie funktioniert die Kompensation in der Lufthansa Group grundsätzlich?

Die mindfulflyer Option stellt dabei eine direkte Verknüpfung zur Compensaid-Plattform der Lufthansa Group dar, auf der man sich übrigens auch mit seinen Miles & More Login Daten einfach einloggen kann. Doch was unterscheidet Compensaid eigentlich von anderen Kompensationsanbietern? Warum greift die Lufthansa nicht einfach auf bestehende Initiativen zurück? Die Lufthansa wollte, als sie vor mehr als einem Jahr den Compensaid-Service eingeführt hat, ein “Frist Mover” in der Branche sein. Der wohl größte Unterschied zu anderen Kompensationsplattformen wie atmosfair ist, dass man bei Compensaid auswählen kann, ob man an Klimaschutzprojekte spendet oder das Geld in den mehr oder wenig sofortigen Einsatz von Sustainable Aviation Fuels steckt.

Bei dieser Funktion verspricht die Lufthansa eine “sofortige” Reduzierung des CO2-Ausstoßes und verpflichtet sich dazu, auf einem zukünftigen Flug von dem gespendeten Geld anstelle von herkömmlichem Kerosin die teureren Sustainable Aviation Fuels zu tanken. Sustainable Aviation Fuels emittieren im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen rund 80 Prozent weniger CO2, sind aber aktuell noch deutlich kostspieliger.

Was an dem Ansatz von Compensaid ungewöhnlich ist, ist, dass der Nutzer selbst einstellen kann, wie schnell sein Beitrag seinen CO2-Ausstoß ausgleichen soll. Dabei kann es zu gewaltigen preislichen Unterschieden kommen, wie das Beispiel für die Strecke ZRH-JFK zeigt.

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Compensaid-Beispiel für den “unmittelbaren” CO2-Ausgleich

Wählt man die auf den ersten Blick für die Umwelt beste Option, nämlich den CO2-Ausstoß durch den Einsatz von Sustainable Aviation Fuels sofort zu reduzieren, würden über 1.000 Euro zusammenkommen. Bei so einer Summe ist es wohl eher utopisch, dass jemand diese Auswahl trifft.

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Compensaid-Beispiel für den CO2-Ausgleich über die nächsten 20 Jahre

Ganz anders sieht es dabei für die längste Option aus. Hier entscheidet man sich dafür, dass der Flug erst in 20 Jahren vollständig kompensiert wäre. Diese Möglichkeit gibt es bereits für nur 30 Euro und man unterstützt damit Klimaschutzprojekte, in denen beispielsweise Bäume gepflanzt werden.

Was sind die neuen Optionen der mindfulflyer Funktion?

Die Funktion mindfulflyer ist nun der nächste Schritt der Lufthansa Group, Compensaid noch stärker mit dem Miles & More Programm zu verknüpfen. Öffnet man heute seine Miles & More App, ist es gleich das erste, das einem angezeigt wird.

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Mit einem Klick auf “Los geht’s” wird man direkt durch den ganzen Prozess geleitet. Zunächst werden einem die vergangenen Flüge angezeigt. Hier kann man dann auswählen, welcher von diesen kompensiert werden soll. Dann errechnet das Programm den CO2-Ausstoß für die gewählte Strecke und man kommt wieder an den aus Compensaid bekannten Punkt, an dem man sich entscheiden muss, über welche Dauer man seinen CO2-Ausstoß kompensieren will – in anderen Worten also, ob man verstärkt in Sustainable Aviation Fuels oder in das Pflanzen von Bäumen investieren möchte.

Ich habe meinen Flug von München nach Florenz ausgewählt und dabei folgendes Ergebnis erhalten.

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Erstrecke ich die Kompensation also über 15 Jahre, müsste ich lediglich 12,53 Euro oder 1.928 Meilen zahlen. Meine teuerste Möglichkeit mit “umgehender” Kompensation durch die Investition in Sustainable Aviation Fuels hätte mich gute 45 Euro, respektive 7.060 Meilen gekostet, während ich bei der 20-Jahres Option nur 1,41 Euro beziehungsweise 217 Meilen hätte einsetzen müssen. Nachdem man sich für eine Dauer entschieden hat, kommt man zur Zahlung, bei der man dann die Wahl hat, welchen Anteil man mit Meilen und welchen man ganz klassisch mit Geld zahlen möchte.

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Mit der Auswahl “15 Jahre” und dem angezeigten Cash & Miles Split müsste ich also 9,02 Euro und 540 Meilen zahlen, die die Lufthansa dann anteilig in Sustainable Aviation Fuels und Klimaschutzprojekte stecken würde.

Kann die mindfulflyer Funktion überzeugen?

Jeder Schritt in Richtung Umweltschutz ist richtig und die Option, Flugreisen zu kompensieren wird immer beliebter. Auch bei Flugbuchungen über reisetopia hat man die Möglichkeit, eine Spende an atmosfair zu tätigen, um somit in Klimaschutzprojekte zu investieren. Ebenfalls ist positiv hervorzuheben, dass die Lufthansa den Einsatz von Sustainable Aviation Fuels fördern möchte, da es wichtig ist, diese Form des Treibstoffs marktfähiger zu machen. Mindfulflyer ist nun der Weg von Lufthansa, das Compensaid Programm noch präsenter darzustellen – insbesondere bei den Vielfliegern. Technisch gesehen ist die Handhabung der Funktion in der App wirklich einfach und der Prozess in wenigen Sekunden abzuschließen. Es ist also wahrscheinlich, dass in Zukunft mehr Fluggäste auf die Option zurückgreifen werden.

Kritischer sehe ich daher eher die Art und Weise der Kommunikation des neuen Kompensationsangebotes. Aussagen wie “klimaneutrales Reisen war noch nie so einfach” lassen einen schnell vergessen, dass ein Flug trotz Kompensation einen direkten Einfluss hat, da mit ein paar Klicks alles erledigt scheint. Für mich klingen solche Aussagen etwas danach, sich schnell ein “gutes Gewissen” zu kaufen.

Insbesondere durch den großen Zeitrahmen, den man wählen kann, ist es leicht aus den Augen zu verlieren, dass es sinnvoll ist, schon heute zu handeln. Die sinnvolle Investition in den Einsatz von Sustainable Aviation Fuels ist in der jetzigen Form, die die App bietet, schlichtweg zu teuer. Es kann wohl von keinem Fluggast erwartet werden, beispielsweise auf einer USA-Reise noch 1.000 Euro extra in die Hand zu nehmen, nur damit auf einem zukünftigen Flug Sustainable Avaiation Fuels eingesetzt werden. Hier könnte die Lufthansa vielleicht selbst auch noch aktiver werden und die Verantwortung nicht vollends auf die Passagiere auslagern.

Darüber hinaus wirkt es irgendwie etwas paradox, dass man mit Meilen – die man durch Flüge gesammelt hat – die durch andere Flüge verursachten Umweltschäden wieder ausgleichen können soll und diese Ergebnisse dann als “Auszeichnung” in den sozialen Medien zu teilen. Dennoch bin ich der Meinung, dass diese Optionen besser sind als nichts zu tun – sie dürfen einen nur nicht in eine Situation bringen, in der man sich auf seiner “Spende” ausruht und alle weiteren Folgen vergisst.

Fazit zur CO2-Kompensation mit Meilen

Die Lufthansa Group hat ihre Online-Plattform zur Kompensation von Flugreisen jetzt auch mit der Miles & More App verknüpft. Dies ermöglicht den Fluggästen nun, statt Geld auch Meilen einzusetzen, um in Klimaschutzprojekte oder Sustainable Aviation Fuels zu investieren. Die neue Funktion ist einfach zu bedienen und sicherlich als ersten Schritt in Richtung nachhaltigeres Fliegen anzusehen. Massnahmen wie die Auszeichnung zum “Climate Supporter” wirken stattdessen eher wie ein Marketing Gag und lassen vergessen, dass die Kompensation nur einer von vielen Wegen ist, das Fliegen nachhaltiger zu gestalten und längst nicht das ideale Endergebnis darstellt.

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Autorin

Wenn Anna unterwegs ist, ist sie in ihrem Element. Selten ist sie mehr als ein paar Tage am selben Ort. Der nächste Kurztrip oder eine Fernreise stehen immer schon in ihrem Kalender. Nach ihrem Tourismus-Studium konnte sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen und teilt auf reisetopia.ch ihre Erfahrungen, Tipps und News aus der Reisewelt mit euch.

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  • Aus dem Artikel: “Darüber hinaus wirkt es irgendwie etwas paradox, dass man mit Meilen – die man durch Flüge gesammelt hat – die durch andere Flüge verursachten Umweltschäden wieder ausgleichen können soll und diese Ergebnisse dann als “Auszeichnung” in den sozialen Medien zu teilen.”
    Damit ist meiner Meinung nach alles gesagt. Es handelt sich hier für mich um eine reine Luftbuchung (verzeiht mir den Ausdruck in dem Zusammenhang 🙂 ). Dass ich mich auf Facebook zum Climate Suporter küren lassen kann, dient mehr der Selbstdarstellung als dass es tatsächlich irgendetwas bringt. Insgesamt überzeugt mich dieses Projekt von Lufthansa überhaupt nicht. Ich würde es als einen typischen Fall von Greenwashing bezeichnen. Ich würde mir stattdessen wünschen, dass von vornherein so viele Flüge wie möglich mit Sustainable Aviation Fuels durchgeführt werden. Das wäre mit Sicherheit teurer und würde die Flugpreise steigen lassen. Aber so könnte man die wahren Kosten des Fliegens etwas besser abbilden und eventuell auch die Zahl der Billigflüge etwas eindämmen. Zumindest wäre das mein persönlicher Wunsch.

    • Hey Christian,
      danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ich freue mich, dass du meine Irritation über die “Climate Supporter Auszeichnung” teilst und genau so teile ich deinen Wunsch, dass zukünftig von vorneherein so viele Flüge wie möglich mit Sustainable Aviation Fuels durchgeführt und mehr Bemühungen in die Weiterentwicklung der Technologien gesteckt werden sollte.
      Mit dem aktuellen Kompensationsprogramm der Lufthansa ist man davon allerdings meiner Meinung nach noch zu weit entfernt und es lenkt eher ein bisschen vom Grundproblem ab, indem es einem suggeriert, dass man mit dem Einsatz von Meilen die Umwelt schützen kann und ansonsten nichts weiter getan werden braucht.

  • Die Werbung in der App geht mir auf den Sack.
    Dabie werden schon über den Ticketpreis CO2 Zertifikate gekauft.
    Netter Versuch recht günstig an die Meilen der MM Teilnehmer zu kommen.

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