Glück im Unglück könnte man meinen – die für die Staatshilfen abgegebenen Slots an den Lufthansa-Drehkreuzen Frankfurt und München rufen bislang wenig Interesse hervor.
Die Corona-Pandemie stürzte auch die Lufthansa in eine tiefe Krise. Nach vielen erfolgreichen Jahren musste die größte deutsche Fluggesellschaft einen Rekordverlust hinnehmen. Die derzeitige Situation kann nur mit Staatshilfen unterstützt werden. Dafür musste die Airline diversen Auflagen zustimmen, die mit den jeweiligen Tranchen in Kraft treten. Eine Auflage ist die Vergabe von Slots an den Lufthansa-Drehkreuzen. Wie “aeroTELEGRAPH” nun jedoch berichtet, hält sich das Interesse dafür bisher stark in Grenzen.
Der Teufelskreis um das Virus
Es wirkt fast wie ein nicht enden wollender Teufelskreis: Die Corona-Pandemie hat den internationalen, größtenteils aber auch nationalen, Flugverkehr stark eingeschränkt oder zum Erliegen gebracht. Infolgedessen mussten Fluggesellschaften größtenteils Flüge streichen und Flugzeuge am Boden behalten. Aber nur Flugzeuge in der Luft können Geld verdienen, weshalb die Fluggesellschaften schnell auf Staatshilfen in finanzieller Form angewiesen waren und auch immer noch sind. Ein Umstand, den auch die Lufthansa erfahren musste. Um die Staatshilfen jedoch zu erhalten, musste die Airline Zugeständnisse machen. Ein Teil davon ist die Abgabe von Slots an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München. Slots dienen der Vergabe von Start- und Landerechten. Diese sind essenziell, um einen Flughafen anfliegen zu können. Da die Lufthansa an ihren Drehkreuzen einen Großteil des Flugverkehrs ausmacht, und andere Airlines nur schwer an solche Slots kommen, sollten diese dem freien Markt angeboten werden.
Normalerweise wäre der Run auf solche Slots zu herkömmlichen Zeiten enorm. Wie sich in der aktuellen Situation jedoch herausstellt, ist das Interesse an den Lufthansa-Slots in Frankfurt und München eher gering. Konkret besagte die Verpflichtung der Lufthansa, dass sie “an den Flughäfen Frankfurt und München je einem Wettbewerber zur Stationierung von je bis zu vier Flugzeugen, bis zu 24 Start- und Landerechte (Slots), also rechnerisch drei Start- und drei Landerechte pro Flugzeug und Tag, zu übertragen” haben. Da die Lufthansa jedoch nicht die einzige Airline aktuell ist, die von der Corona-Pandemie schwer getroffen wurde, zeigen andere Airlines keinen Bedarf für die freien Slots. Damit bleiben die Slots auch weiterhin in den Händen der Lufthansa.
Wer die Slots haben möchte, muss innerhalb der jeweiligen Frist eine Bewerbung abgeben. Danach muss ein Gebot folgen, welches von der EU-Kommission geprüft wird. Dafür muss die Airline eine Betriebserlaubnis für Europa besitzen, nicht in Verbindung zur Lufthansa stehen und keine Staatshilfen in Höhe von 250 Millionen Euro oder mehr in Empfang genommen haben.
EU-Kommission für Slot-Vergabe verantwortlich
Sollten alle Parameter zutreffen, müssen Airlines eine Bewerbung und ein Gebot beim von der EU eingesetzten Überwachungstreuhänder einreichen. Die endgültige Entscheidung zur Vergabe trifft jedoch die EU-Kommission selbst. Zwar ist für den aktuellen Sommer-Flugplan ein Angebot einer unbekannten Airline abgegeben worden, welche Airline das jedoch war und welchen Flughafen sie anfliegen wollte ist unklar. In Deutschland ist für die Vergabe der Slots die Flughafenkoordination Deutschland GmbH (Fluko) zuständig. Diese teilte mit:
Bislang haben wir von der Europäischen Kommission beziehungsweise vom Monitoring Trustee keine Informationen über erfolgreiche Gebote beziehungsweise eine Entscheidung erhalten.
Statement der Fluko
Durchaus möglich, dass das Interesse von Ryanair auf das Gebot für diesen Sommer zurückzuführen ist. Die Billigfluggesellschaft aus Irland möchte schon seit längerer Zeit ihre Präsenz vom Regionalflughafen Frankfurt-Hahn zum Drehkreuz der Lufthansa verlagern – immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen beiden Fluggesellschaften. In diesem Fall entschied sich die EU-Kommission jedoch gegen das Gebot. Das darf sie, wenn das Gebot “aus wirtschaftlicher oder betrieblicher Sicht als nicht glaubwürdig” eingeordnet wird.
Auch wenn das Interesse anderer Airlines aktuell gering ist, haben sie noch ausreichend Zeit sich auf die offenen Slots zu bewerben. Die Lufthansa ist dazu verpflichtet, Slots für insgesamt sechs aufeinander folgende Saisonflugpläne freizugeben. Dafür müssen ungenutzte Slots der Lufthansa jedoch erst verfallen – für den Sommer 2021 ist das bislang nicht der Fall. Lufthansa selbst drohte infolgedessen mit Leerflügen, um die Slots nicht verfallen zu lassen.
Fazit zum fehlenden Interesse der Slots
Wie eingangs beschrieben, befinden sich nahezu alle Fluggesellschaften im Teufelskreis des Corona-Virus. Der Flugverkehr ist eingeschränkt, Flugzeuge sind am Boden, Staatshilfen werden benötigt. Das Interesse an die freien Lufthansa-Slots in Frankfurt und München durch andere Fluggesellschaften kann aktuell nur gering ausfallen. Auch die Hürden nach einer Bewerbung sind enorm. Zeit genug bleibt den europäischen Fluggesellschaften dennoch. Durchaus möglich, dass vor allem Billigfluggesellschaften wie Ryanair noch ihre Chancen nutzen werden, um ihre Präsenz an den beiden größten deutschen Flughäfen weiter auszubauen.