Personalmangel bei der Gepäckverladung könnte laut Europäischem Gerichtshof als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden – allenfalls, sofern die notwendigen Beweisgrundlagen erfüllt sind.
Ob betroffenen Passagieren eine Entschädigung bei Flugverspätung zusteht, ist ein kontrovers diskutiertes Thema, welches in der Vergangenheit bereits mehrfach zu Komplikationen zwischen Passagieren und Fluggesellschaften geführt hat. Fest steht jedoch, dass Airlines im Falle eines außergewöhnlichen Umstands auf dem längeren Ast sitzen und Reisenden dahingehend keine Entschädigung zusteht. Unter diese Definition fallen beispielsweise Extremwetter oder Streiks, die nicht im Einflussbereich der Fluggesellschaft liegen. Nun hat jedoch der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein weiterer außergewöhnlicher Umstand die Verspätung eines Fluges rechtfertigen kann, wie airliners berichtet.
Das Wichtigste in Kürze
- Anhand eines Falls der maltesischen Airline TAS wird aufgezeigt, dass Personalmangel am Flughafen als legitimer Grund für eine Flugverspätung gelten kann
- In diesem Beispiel entschied der EuGH, dass der vorliegende Personalmangel bei der Gepäckverladung als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden kann – sofern entsprechende Nachweise erbracht werden
- Überdies muss nachgewiesen werden, dass der Umstand tatsächlich unvermeidbar war, und dass die Airline sämtliche Präventionsmaßnahmen ergriffen hat
Nachweis über außergewöhnlichen Umstand erforderlich
Zum Fall einer Flugverspätung der maltesischen Airline TAS, welche im Jahr 2021 verspätet von Köln-Bonn auf die griechische Insel Kos geflogen war, fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern ein Urteil. In diesem heißt es, dass Airlines bei einer Flugverspätung von mehr als drei Stunden betroffenen Passagieren keine Entschädigung bezahlen müssen, wenn Personalmangel bei der Gepäckverladung besteht. Der EuGH stufte dies als außergewöhnlichen Umstand ein, wonach Reisenden bei Flugverspätungen kein Anrecht auf Entschädigungen zusteht, sofern die Airline entsprechende Nachweise erbringen kann.
Schließlich handelte es sich im thematisierten Fall um eine fast vier-stündige Verspätung, die grundsätzlich in den Rahmen der von der EU vorgegebenen Fluggastrechteverordnung von mehr als drei Stunden fällt. Hauptgrund für den verzögerten Abflug war letzten Endes zu wenig Personal bei der Gepäckverladung. Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zufolge ist dies als außergewöhnlicher Umstand einzustufen, wenn dieser nicht als gewöhnliche Tätigkeit der Airline einzuordnen ist. Außerdem darf die Fluggesellschaft nicht in der Lage sein, den Mangel zu beherrschen. Demnach darf sie beispielsweise nicht über die Kontrolle über den Flughafenbetreiber verfügen. Kann die Airline diese Umstände ordentlich belegen, dann kann Personalmangel bei der Gepäckverladung als außergewöhnlicher Umstand gelten.
Voraussetzungen werden geprüft
Es liegt also an der Airline, die notwendigen Beweismittel vorzulegen, um den außergewöhnlichen Umstand zu rechtfertigen. Ob die maltesische TAS im genannten Fall keinen Einfluss auf die Situation hatte und dahingehend ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, wird indessen vom Landgericht geprüft. Doch auch wenn eine positive Rückmeldung seitens des Landgerichts erfolgt, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Airline von den Entschädigungszahlungen befreit ist. Schließlich muss zuvor nachgewiesen werden, dass der Umstand tatsächlich unvermeidbar war, und dass die Airline sämtliche Präventionsmaßnahmen ergriffen hat. Es bleibt demnach spannend, wer schlussendlich am längeren Ast sitzt.
Welche Rechte Euch im Falle einer Flugverspätung zustehen, könnt Ihr überdies in unserem ausführlichen Ratgeber nachlesen: