Eine neue Gesetzgebung der US-amerikanischen Regierung verlangt eine unabhängige Überprüfung der Sicherheitskultur von Boeing.
Eine Erklärung der US-Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Administration) vom vergangenen Montag (28. Dezember) informiert über die Reformation bestehender Zulassungsprozesse neuer Flugzeuge im Einklang mit der vom Kongress verabschiedeten Gesetzgebung, nachdem bei zwei tödlichen Abstürzen der Boeing 737 MAX insgesamt 346 Menschen ums Leben gekommen waren. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Boeing mit Manipulationsvorwürfen bei MAX-Rezertifizierung
Die US-amerikanische Regierung habe in der von Präsident Donald Trump am Sonntag unterzeichneten Gesetzgebung weitreichende Reformen beschlossen, die die Aufsichtsbefugnisse der FAA über Flugzeughersteller ausweiten, die Offenlegung kritischer Sicherheitsinformationen verlangen und außerdem einen neuen Schutz für Whistleblower vorsehen. Das berichtet oben erwähnte Quelle. Die FAA kommentierte in einer öffentlichen Erklärung, man arbeite daran, “die Änderungen gemäß den Anweisungen des Kongresses umzusetzen. Die FAA ist bestrebt, die Sicherheit in der Luftfahrt kontinuierlich voranzutreiben und unsere Organisation, Prozesse und Kultur zu verbessern.”
Ein mit dem Vorsitz im Handelsausschuss beauftragter Republikaner wurde in einem medialen Meinungsbeitrag am Montag dahingehend zitiert, dass das Gesetz auch darauf ausgelegt worden sei, “sich gegen Hersteller zu schützen, die während des Zertifizierungsprozesses unangemessenen Druck auf Mitarbeiter ausüben.” Seit den beiden tragischen Abstürzen und einem anschließenden und weltweiten Grounding der Boeing 737 MAX im Frühjahr vergangenen Jahres, hatte das Flugzeugmodell diverse internationale Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen, bevor mit GOL und American Airlines erste Fluggesellschaften zuletzt eine schrittweise Wiedereinführung wagten. Mitten in den Rezertifizierungsprozessen waren jedoch Vorwürfe laut geworden, wonach der Flugzeughersteller Boeing relevante Testergebnisse im Zuge MAX-Rezertifizierung manipuliert haben soll.
Stellungnahme des Flugzeugherstellers Boeing noch ausstehend
Die neue Gesetzgebung verlange nun eine unabhängige Überprüfung der Sicherheitskultur von Boeing. Gegen den US-amerikanischen Flugzeughersteller selbst läuft eine strafrechtliche Untersuchung im Zusammenhang mit der MAX – eine Stellungnahme vonseiten Boeings selbst bleibt allerdings weiterhin ausstehend. Das Gesetz hebt nun bestehende Regeln auf, die es FAA-Mitarbeitern erlaubten, Boni oder andere finanzielle Anreize zu erhalten, sobald sie herstellergesteuerte Zertifizierungspläne bestätigten.
“Man kann einen kulturellen Wandel nicht per Gesetz verordnen, aber wir werden auf jeden Fall versuchen, die Sicherheitsziele zu erhöhen. Wir werden die Leute bei der FAA nicht dafür bezahlen, dass sie Flugzeuge schneller bewegen. Hier geht es darum, die Sicherheit zu gewährleisten.”
Senatorin Maria Cantwell, führende Demokratin im Handelsausschuss des US-Senats
In den Vereinigten Staaten hatte seit Februar 2009 kein tödlicher Absturz einer US-Passagierfluggesellschaft stattgefunden. Die FAA führte diesen bezeichnenden Rückgang der Todesfälle teilweise und laut eigener Aussage darauf zurück, “dass sie (die FAA, Anm. d. Red.) robuste Programme zum Informationsaustausch in der gesamten Luftfahrtindustrie” eingerichtet habe, die “Offenheit fördern” sollten.
Fazit zur Reformation der Sicherheitszulassungen für die 737 MAX
Während erste Fluggesellschaften wie die brasilianische Billigfluggesellschaft GOL Linhas Aéreas oder auch die US-amerikanische American Airlines eine schrittweise Wiedereinführung des umstrittenen Flugzeugmodells Boeing 737 MAX durchführen, veröffentlichte die amerikanische Regierung unter Präsident Donald Trump nun aktualisierte Anforderungen und Richtlinien für künftige Sicherheitszulassungen von Maschinen. Künftig solle demnach auch der Manipulation von Mitarbeitern und notwendigen Testergebnissen entgegengewirkt werden. Ob diese (reichlich verspäteten) Maßnahmen internationale Passagiere tatsächlich beruhigen können, werden die Buchungszahlen oben erwähnter Airlines in den kommenden Wochen zeigen.
Würdet Ihr Euch bereits wieder in eine Boeing 737 MAX setzen? Wie steht Ihr zur Wiedereinführung der umstrittenen Maschine? Teilt Eure Meinung mit uns und der Community in den Kommentaren oder hinterlasst uns eine Nachricht unter [email protected]!
Ich werde niemals einen Fuß in diese Maschine setzen! Die 737 MAX ist genau genommen eine Fehlkonstruktion, weil das Triebwerk überdimensioniert ist. Deswegen war das MCAS ja überhaupt erst nötig, damit der Flieger nicht ständig die Nase nach oben zieht. Ich finde es seltsam dass das kaum irgendwo erwähnt wird und alles nur auf das (zugegeben fehlerhaft implementierte) MCAS geschoben wird. Man blendet das wirkliche Problem aus. Wäre das ein Auto und es würde beim TÜV landen, würde es danach sofort stillgelegt werden.
“Ich finde es seltsam dass das kaum irgendwo erwähnt wird”
Könnte daran liegen, dass es nicht stimmt. Patrick Ky von der EASA sagte jedenfalls, dass er bestätigen kann, dass die 737 MAX eben nicht von alleine die Nase nach oben zieht und auch ohne MCAS stabil in der Luft liegt. Kann man auch auf der EASA-Webseite nachlesen (EASA lays out its proposed conditions…)
Es ist ein physikalisches Problem und es wird in diesem Video ganz gut erklärt youtu.be/H2tuKiiznsY – Ich hab mir den EASA Bericht durchgelesen, bei dem jedoch nicht erwähnt wird, ob dort auch zahlreiche Starts durchgeführt wurden, denn das ist das Hauptproblem bei dieser Konstruktion. Außerdem gab es bereits vor dem Grounding von zahlreichen Piloten Meldungen dass die 737 Max die Tendenz dazu hätte, die Nase nach oben zu ziehen. Insofern finde ich die Aussage “We also pushed the aircraft to its limits during flight tests, assessed the behaviour of the aircraft in failure scenarios, and could confirm that the aircraft is stable and has no tendency to pitch-up even without the MCAS.” etwas fragwürdig. Zumal nicht benannt wird ob zu den Failure-Szenarios auch normale Starts mit in die Tests einbezogen wurden. Ich werde dennoch keinen Fuß in diese Maschine setzen. Ob es andere tun, sollte jeder für sich selbst entscheiden.
Genau solche Videos wie das verlinkte sind das Problem. Die Aussage von EASA-Direktor Ky wird als fragwürdig eingestuft, aber die Aussage eines beliebigen, unbekannten Youtube-Video-Erstellers wird für bare Münze genommen. Warum wird dem Ersteller des Videos so viel Kompetenz zugesprochen, was weiß man denn über ihn?
Was im verlinkten Video bei 3:00min gesagt wird, ist falsch und lässt sich widerlegen.
1. Nicht jeder Start wird mit vollem Schub durchgeführt.
2. Jeder Start wird mit ausgefahreren Klappen und Vorfügel durchgeführt (die 737 gibt eine Warnung, wenn versucht werden sollte, mit eingefahrenen Klappen/Vorflügel zu starten). MCAS wird aber nur mit eingefahrenen Klappen/Vorflügel aktiviert, d.h. während eines Starts oder auch Durchstartemanöver ist MCAS niemals aktiv, und war es auch nie.
3. Der Neigungswinkel der Nase (Pitch) hat keinen direkten Bezug zum Strömungsabriss, dieser ist allein vom Anstellwinkel (Angle of Attack) abhängig. Auch wenn die Nase beim Start um die 15° nach oben zeigt, beträgt der Anstellwinkel nur um die 5°. Der Stall tritt bei um die 15° AOA ein, d.h. man müsste den AoA auf das 3fache erhöhen.
“Der YouTuber” ist gar keiner, sondern ein ganzes Magazin samt Redaktion und allem was dazugehört. Hätte man herausfinden können, wenn man unter dem Video auf “Mehr Informationen” geklickt hätte. Dort ist unter anderem dieser Artikel auch verlinkt, in dem sich bei vielen Statements noch unterlinks befinden: https://bit.ly/38d4LAD – Artikel wie diesen gab es zuhauf im englischsprachigen Raum und auch viele Diskussionen in diversen Pilotenforen. Anstatt aber 15 Millarden Links zu posten, die ohnehin niemand auf die schnelle lesen wird, hab ich dieses Video mit dem ausdrücklichen Hinweis gepostet, dass dort das Problem auch ganz gut beschrieben wird – NICHT dass es die einzige Quelle war und das dort ALLES gesagt wird. Mit ein bisschen googeln kann jeder mit Sicherheit noch den ein oder anderen Artikel finden. Wer sich mit Aerodynamik gut auskennt, dürfte schnell bestätigen dass das Problem was dort beschrieben wurde, einleuchtend ist und absolut Sinn macht. Dass das dadurch aber nun als absolute Wahrheit angesehen werden muss, wäre ebenso kurzsichtig, wie einzig auf die Aussage der FAA zu vertrauen (die ja bereits in der Vergangenheit, also vor dem Crash, eben diese Fehlerbehaftete Maschine als “Sicher” eingestuft haben). Wie ich oben bereits schrieb, werde ich deswegen nicht in dieser Maschine mitfliegen – ABER ob es jemand anderes tut oder nicht tut, muss jeder selbst entscheiden. Diese Meinung und Entscheidung sollte man jedem anderen genau so zubilligen, wie auch mir. Und damit ist diese Diskussion für mich beendet. Ich wünsche noch einen angenehmen Flug!
“Wer sich mit Aerodynamik gut auskennt, dürfte schnell bestätigen dass das Problem was dort beschrieben wurde, einleuchtend ist und absolut Sinn macht.”
Nein, eben nicht. Sie ignorieren nur die Tatsachen, die ich genannt habe.
Und nur weil “der Youtuber” ein Magazin ist, macht es das Video nicht automatisch korrekt, die Aussage bei 3:00 bleibt falsch. Selbst die Daten des Flugschreibers zeigen, dass MCAS erst dann aktiv wurde, als die Klappen eingefahren wurde, das allein reicht schon aus, um die Aussage im Video zu widerlegen.
Ob Sie mitfliegen oder nicht, das ist Ihre Sache, darum geht’s mir gar nicht. Es geht nur darum, aufzuzeigen, was für Falschinformationen im Internet kursieren. Wenn man natürlich gar kein Interesse hat, dies zu sehen, dann kann man natürlich auch nichts ändern.
Da würde ich im Moment lieber mit einer DC9 fliegen.
Hat das Leben einen Preis? Ich meide den Flieger wo es geht!