Während es im Konzern gut läuft, schwächelt die Kernmarke Lufthansa. Im neuen Jahr soll das anders werden, doch die Vorzeichen stehen nicht unbedingt gut – einiger positiver Tendenzen zum Trotz.

Endlich ist der erste Jet mit der neuen Allegris First Class für die Lufthansa im Dienst. Bis das neue Produkt allerdings im kommerziellen Verkehr eine Rolle spielen wird, dürften noch viele Monate ins Land ziehen. Besser sieht es bei der Allegris Business Class aus, die für die Lufthansa im kommenden Jahr zusätzliche Einnahmen bescheren könnte. Doch reicht das alleine für einen Turnaround? Wohl kaum.

Neue Jets und neues Produkt machen Hoffnung

Einerseits wird die Lufthansa im besonders wichtigen Transatlantikverkehr mit dem neuen Allegris Produkt endlich wieder konkurrenzfähig zu British Airways und Air France sowie den amerikanischen Airlines. Andererseits wird das Bordprodukt im Vergleich zur Konkurrenz auch im Jahr 2025 weniger konstant im Einsatz sein und teilweise sogar schon wieder veraltet. Eine gewisse Verbesserung dürfte es aus Kundenwahrnehmung also zwar geben, der ganz große Wurf wird allerdings wohl kaum gelingen.

Lufthansa Allegris Business Class Suite Mitte
Das neue Allegris-Produkt allein wird für einen Turnaround nicht reichen

Dennoch gibt es für die Lufthansa mit Blick auf die Flottenerneuerungen Grund zur Hoffnung, die nicht nur an möglichen Zusatzeinnahmen oder höheren Preisen für das Allegris-Produkt hängen. Vielmehr kommen voraussichtlich in den nächsten Monaten Stück für Stück mehr neue Boeing 787 und Airbus A350 in die Flotte, die ältere Maschinen ersetzen und pro Sitzplatz deutlich effizienter sind. So soll etwa der spritschluckende Airbus A340-600 im kommenden Jahr aus der Lufthansa-Flotte verschwinden.

Selbst bei gleichbleibenden Preisen und nur geringen Zusatzeinnahmen durch das Allegris-Produkt dürften sich die Erträge auf der Langstrecke aus Lufthansa-Sicht entsprechend positiv entwickeln. Doch reicht das, um andere Effekte auszugleichen?

Wirtschaftliche Schwäche im Heimatmarkt wird zum Problem

Problematisch ist allerdings ein Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung in den für die Lufthansa besonders wichtigen Märkten. Das ist auf der einen Seite fraglos der deutsche Heimatmarkt, der jedoch voraussichtlich in den kommenden Monaten eher eine negative Entwicklung nehmen wird. Das liegt insbesondere daran, dass sich der ohnehin schon darbende Geschäftsverkehr möglicherweise noch mehr abschwächen wird – wegen des Hangs zum Protektionismus in der Weltpolitik einerseits und der individuellen Schwäche der besonders wirtschaftsstarken Konzerne andererseits.

Lufthansa Boeing 787 9
Die Lufthansa ist besonders stark vom deutschen Markt abhängig

Doch das ist nicht das einzige Problem für die Lufthansa, denn wenn große Konzerne im mittleren Management und bei Fachkräften Stellen abbauen oder Gehälter reduzieren, leidet auch die in den vergangenen Monaten starke Nachfrage von Privatreisenden, vornehmlich in den Premiumklassen. Die wirtschaftliche Schwäche in Deutschland dürfte die Lufthansa entsprechend gleich doppelt schwer treffen. Mit Blick auf den hohen Marktanteil ist die Lufthansa hiervon zudem von allen Airlines am stärksten betroffen.

Doch auch auf dem zweiten wichtigen Markt der Lufthansa, den USA, ist die Nachfrage nicht mehr ganz so stark wie noch in den letzten beiden Jahren. Selbst die zuletzt sehr verwöhnten US-Airlines berichten über eine rückläufige Nachfrage und sinkende Preise. Die Lufthansa dürfte davon bei den in der Regel besonders teuren Tickets mit Abflug in den USA ebenfalls relevant betroffen sein. Andere wichtige Märkte erwecken momentan ebenfalls nicht den Eindruck, als könnten sie diese Schwäche ausgleichen. Gerade im Asien-Verkehr dürften Luftraumsperren und geopolitische Konflikte auch im kommenden Jahr negativen Einfluss auf das Geschäft der Lufthansa haben.

Strukturelle Probleme lassen sich nicht von jetzt auf gleich lösen

Damit aber weiterhin nicht genug, denn die Lufthansa muss auch damit leben, dass sie ihre strukturellen Probleme nicht innerhalb kürzester Zeit lösen wird. Die vergleichsweise hohen Verwaltungskosten und wenig profitablen Flüge innerhalb Deutschlands und Europas werden auch in den nächsten Monaten das Ergebnis der Kernmarke belasten. Das gilt auch für die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Personalkosten in der Kabine und im Cockpit.

Lufthansa Crew
Die Personalkosten bei Lufthansa sind vergleichsweise hoch

Zwar erhofft sich die Lufthansa durch eine stärkere Verlagerung des Flugbetriebs zu Töchtern wie Eurowings oder auch Lufthansa City Airlines eine Reduzierung der Kosten, allerdings dürfte diese nur langsam auf das Ergebnis durchschlagen. Überspannt die Lufthansa den Bogen, erscheinen zudem erneute Streiks des Personals denkbar, die wiederum eine weitere Belastung des Ergebnisses bedeuten könnten.

Ohne Turnaround droht immer weniger echte Lufthansa

Entsprechend düster sieht es für die Aussichten der Lufthansa im kommenden Jahr aus, denn nach Turnaround sehen die Vorzeichen aktuell nicht aus – wegen eigener Probleme einerseits, aber auch dem wirtschaftlichen Abschwung andererseits. Das dürfte zur Folge haben, dass bei der Kernmarke weiter gekürzt wird. Weniger Maschinen mit klassischer Lufthansa-Lackierung und ein noch stärkerer Fokus auf die Langstrecke sowie verschiedene Konzerntöchter dürften die Folge sein.

Lufthansa City Airlines
Neue Töchter werden verstärkt das Lufthansa-Geschäft übernehmen

Ein Turnaround dagegen scheint frühestens dann realistisch, wenn die Lufthansa-Flotte tatsächlich final runderneuert ist und auch der deutsche Markt wieder an Stärke gewinnt. Beides könnte allerdings noch lange dauern, zumal die Konkurrenz gleichzeitig nicht schläft.

Probleme außerhalb des Einflussbereichs der Lufthansa dürften zudem auch nicht von jetzt auf gleich verschwinden. Das gilt für die Entwicklung der Weltwirtschaft, genauso für die verschiedenen kriegerischen Konflikte sowie nicht zuletzt auch die großen Probleme beim Flugzeugbauer Boeing, die eine Flottenerneuerung bremsen. Wenig Hoffnung für eine Airline, die über Jahrzehnte für hohe Qualität stand und teils gar das Maß der Dinge war.

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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  • Ich frage mich wirklich, wieso Lufthansa diese Preise für diese Leistung als Ok einordnet.

    Letzte Woche Delta domestic Eco in USA, 1.5h Flug (BWI – ATL)

    Jeder hat einen Bildschirm
    Es gibt Gratis Kaffee, Mini Snacks, Wasser Und Cola.
    Die Flieger sind pünktlich, man kann für einen schmalen Taler oder 1900 Meilen auf Comfort + wechseln (funktioniert!)
    Die Business ist eine, die ihren Namen verdient, da dort auch 150kg Menschen Platz haben.

    Gefühlt macht das Fliegen dort einfach noch Spaß!

    Rückflug Lufthansa: unpünktlich
    Hinflug mit LH war… Trommelwirbel … natürlich auch unpünktlich, essen ist ausgegangen, von Wunschessen ganz zu schweigen.

    Privat zahlt doch keiner mehr gerne wirklich Geld für LH.

  • Noch eine kleine Anekdote zum Thema Service, mag für den einen nach jammern auf hohem Niveau klingen, aber das verstehe ich nun mal unter Service.

    In ein paar Wochen fliege ich first von STR über FRA nach Johannesburg. Zubringer ist logischer Weise in Business. In STR jedoch bekomme ich keinen Loungezugang, da dieser aktuell nur für HON`s vorgesehen ist.
    Warum LH aktuell in STR keine Lounge betreibt, ist mir als Kunde erstmal egal.

    Ich habe eine stolze Summe für dieses Ticket bezahlt, aber wie gesagt in STR null Service. Wo bleibt hier der Service Gedanke?

    Für die paar Fluggäste, die höchstwahrscheinlich ab Stuttgart first fliegen hätte ich diesen den Zugang zur Lounge gewährt.

    Das ist für mich Service und Wertschätzung am Kunden.

  • Diese Fluggesellschaft schafft sich selbst ab, indem sich sie sich zu tote spart. Alle Probleme sind hausgemacht und nur durch Managementfehler zu verantworten.

    Schuld sind in deren Augen immer die Anderen, die Wirtschaft, die arabischen Carrier etc. Ich habe das Gefühl, dass das Management ihre Prozesse nie analysiert und optimiert.

    Irgendwann habe ich mal gelernt bevor ich profitiere muss ich investieren, dass scheint bei der LH noch nicht angekommen zu sein oder es wird schlicht weg vergessen. Hier gilt das Motto Profil um jeden Preis.

    Meiner Meinung nach ist nicht nur eine veraltete Kabine oder Flotte Schuld an der jetzigen Situation. Diese Schwachpunkte hätte man mit einem entsprechend gehobenen Service bestimmt wieder ausgleichen können. Aber nein, leider funktioniert auch das nicht.

    Von der Hotline bis zum Vielfliegerprogramm, nichts ist irgendwie besonders, nichts macht spass oder hebt sich irgendwie von Mitbewerbern ab, außer der Preis da ist die LH – Gruppe immer ganz oben mit dabei.

    Service ist und bleibt ein riesiger show stopper dieser airline.

    Die LH weis nicht

    wer sie ist
    was sie sein will
    und wohin sie will.

    • Sicherlich ist das Lufthansa-Management dafür verantwortlich, dass der russische Luftraum nicht genutzt werden kann. Auch die gestrichenen Flüge nach Israel und in den Iran haben allein die Frankfurter Manager zu verantworten. Und auch die Lieferschwierigkeiten bei Boeing und Airbus gehen auf das Konto dieser unfähigen Manager.

      Ich bin wahrlich kein Lufthansa-Fanboy, aber ein bisschen komplizierter ist die Sache schon. Wenn einfach mal knapp 40 moderne (und damit spritsparendere) Maschinen nebst Kabinenausstattung fehlen, ist das übel. Das Reaktivieren der alten Flieger kostet nun mal viel Geld und auch Kerosin und Unterhalt schlagen zu Buche.

      Sicherlich kann man dem LH-Management einige Fehler anlasten. Die Kabinenausstattung wurde zu lange vernachlässigt und die Allegris-Kabine ist ein Grauen in Bezug auf technische Komplexität. Das Verhältnis zu den Gewerkschaften lässt sich allenfalls mit schwierig beschreiben.

      Aber viele Dinge (geopolitische Umstände, Ausbau der Infrastruktur in FRA und MUC, die politikgemachte (Un-)Attraktivität von Deutschland) liegen außerhalb des Einflussbereiches des Lufthansa Managements. Da räumen wir den Herren in der Chefetage ein bisschen zu viel Macht ein.

      • Unfähige hotline, veraltetes Bordprodukt, schlechter Service, veraltete Flotte, alles schuld des gesperrten russischen Luftraums und der gestrichenen Flüge nach Israel und den Iran? Ich glaube so einfach ist es nicht. Irgendwas machen die Golf Carrier wohl anders oder? Wie sonst ist deren Expansion zu erklären? Ich bleibe bei meiner Meinung, um erfolgreich zu sein muss ich was bieten, was leisten, etwas was sich von anderen abhebt oder mindestens genau so gut ist.

      • @Carsten

        Natürlich bestreitet niemand, dass es bei Boeing alles andere als rund läuft.
        Aber wenn andere 787 geliefert bekommen, LH aber keine einzige (obwohl wohl 10 eigentlich fertig wären), dann liegt das ja wohl eher am Allegris-Desaster als an Boeing.
        Warum kamen die A350 so spät und dann erstmal ohne First? Weil Airbus nicht liefern konnte? Nee, das lag ebenfalls an Allegris.

        Der Vorstand der LH schiebt die Schuld zwar gern anderen zu, ist aber zu großen Teilen selbst verantwortlich für das Dilemma.

  • Interessant wird sein, was für die BC Sitze zusätzlich genommen wird. Bis auf die Suite, bieten die Sitze kaum Vorteile gegenüber den anderen Airlines und sind eher schon jetzt hinterher. Die anderen schlafen auch nicht und verbessern ihr ohnehin schon gutes Produkt schon wieder.
    Außerdem ist LH wie unsere Bundesregierung, der Vorstand lebt auf einen anderen Planeten und will nichts sehen von Problemen.
    Wenn nicht massiv in Service investiert wird, sehe ich schwarz.

  • Es ist schon erstaunlich, dass die neue First seit 2 Wochen fliegt, es aber noch kein einziges Foto geschweige denn Video im Netz gibt. Schaut man bei flightradar so zeigt sich zudem, dass in den letzten 7 Tagen nicht ein einziger Flug pünktlich war.

  • Diese Kolumne wird sicher wieder zu einigen Kommentaren führen….

    Ich glaube, dass die Position der Kernmarke LH auf die nächsten 2-3 Jahre in jedem Fall schwach bleiben wird. Und danach…sehen wir mal.

    Lufthansa ist und bleibt zu bieder. Der Marke fehlt komplett ein wirklich zeitgemäßer Markenkern. Etwas Coolness oder zumindest mehr „Signature“ als ein Avionic oder Oktoberfest-Kram müsste es sein.

    Die aktuelle Flotte ist im internationalen Vergleich bitter veraltet, so oft wurde es hier oder in anderen Foren diskutiert.
    Allegris ist besser aber die Flottenmodernisierung dauert zu lange. Ich habe im Gefühl, dass wir die A380 nach 2024 nicht mehr wiedersehen werden, wenn die Auslieferungen 2025 planmäßig laufen und die Nachfrage eher schwach bleibt.

    Ich setze keine Prämienmeilen mehr für LH-Flüge ein. Zu groß ist mir das Risiko, in einem der alten Flieger mit der Steinzeitausstattung zu landen. Das gilt zunehmend auch für Swiss. Deren A330 kann man auch nur noch schwer rechtfertigen.

    Ich bin relativ sicher, dass die Binnennachfrage aus D nicht mehr so werden wird, wie es mal war. Die Angebote von KLM, SAS, AirFrance, BA, Qatar, Emirates, Turkish und bald auch wieder mehr Etihad sind zu gut. Zudem sind die Umsteigezeiten in Frankfurt und München (teils nur mit 50-70min geplant) eindach zu knapp für meinen eher entspannten Reisegeschmack.

    Dazu kommt, dass der Anteil derjenigen Reisenden, z.B. aus USA, Indien, Saudi-Arabien, weiter sinken wird, die in FRA oder MUC Umsteigen anstatt direkt auf die griechische Insel, Norwegen oder New York zu fliegen.

    Lufthansa wird kleiner werden.
    Da bin ich mir sehr sicher.

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