Die Kundenzufriedenheit der Lufthansa ist in den letzten Jahren im Sinkflug. Reicht die Einführung des neuen Business Class Produkts, um das Blatt zu wenden?
Zwei Jahre in Folge ist der sogenannte ‚Net Promoter Score‘ (NPS) der Lufthansa zuletzt zurückgegangen. Konkret geht es bei der Erhebung darum, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Passagier die Airline an Freunde oder die Familie empfehlen würde. Bedenkt man nun, welch große Bedeutung Treue und auch Empfehlungen aufgrund der Konkurrenzsituation in der Luftfahrt haben, ist diese Entwicklung bedenklich. Wenig überraschend will die Lufthansa das Problem in den Griff bekommen – doch reichen die angekündigten Änderungen und ist eine elementare Verbesserung überhaupt das Ziel?
Hohe Preise bei durchschnittlicher Leistung
Hinsichtlich der Kundenzufriedenheit ist die Lufthansa aktuell ein wenig auch Opfer des eigenen Erfolgs, möglicherweise auch der allgemein hohen Nachfrage. In den letzten drei Jahren sind die Preise für Flüge, aber auch für andere Reiseleistungen stark gestiegen. Die Qualität und die bereitgestellte Leistung haben sich im Großen und Ganzen aber nicht unbedingt verbessert – das gilt für die Lufthansa genauso wie für viele Hotels sowie auch andere Airlines.
Sind Flugtickets auf einmal deutlich teurer, die Leistung aber immer noch dieselbe, nimmt die Kundenzufriedenheit fast schon automatisch. Nun heißt das aber noch lange nicht, dass eine Airline die gute Marktsituation nicht nutzen könnte, um durch Innovationen und Verbesserungen für ein besseres Kundenerlebnis sorgen zu müssen. Dies ist der Lufthansa nicht gelungen – Rekordergebnissen und Milliardengewinnen zum Trotz.
Zu viel Hoffnung auf eine einzige Produktinnovation
Das Problem der Lufthansa scheint zudem auch tiefer zu liegen, denn die Hoffnungen auf eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit liegen insbesondere auf der Lufthansa Allegris Einführung. Der Lufthansa Group Chef Carsten Spohr sieht allein dadurch eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit. Würde das Produkt ab sofort auf allen Strecken verfügbar sein, würde das potenziell auch tatsächlich stimmen.
Ob sich die Träume der Lufthansa-Spitze allerdings als Realität erweisen, darf man mit Blick auf die langwierige Einführung des Produkts – selbst positive Szenarien sehen eine Ausstattung der gesamten Flotte nicht vor Ende 2027 – in Frage stellen. Schon seit der Ankündigung des Produkts weit vor der Pandemie hat man seitens der Lufthansa die Werbetrommel gerührt und das neue Spitzenprodukt als große Hoffnung präsentiert.
Man erinnert sich mit Kopfschütteln etwa an die 5-Sterne-Auszeichnung bei Skytrax – für das zukünftige Produkt, das dann tatsächlich so verspätet kam, dass der fünfte Stern schon wieder weg war.
Viel Wind um wenig Substanz
Zwar hat man mittlerweile erkannt, dass ein neuer Business und First Class Sitz nicht dafür sorgt, dass die Kundenzufriedenheit automatisch innerhalb kürzester Zeit steigt. Doch gleichzeitig erscheinen die sonstigen Ankündigungen nicht gerade weltbewegend. Von der besten Brotauswahl in der globalen Luftfahrt über verbesserte Lounges bis hin zur Einführung von einem Amuse Bouche – man ist zwar bemüht, aber nach einem großen Wurf klingt nichts davon.
Dazu kommt, dass auch die sonstigen Entwicklungen eher nach Selbstverständlichkeit klingen, denn nach substanziellen Verbesserungen: Die Kundenzufriedenheit würde steigen, wenn die Pünktlichkeit besser wäre und es weniger Streiks gäbe. Eine bessere App und IT würde ebenfalls dazu beitragen. Alles richtig, aber was genau passieren sollte, damit es hier nachhaltige Verbesserungen gibt, bleibt offen. Insbesondere die letzten Monate machen mit Blick auf die immer härter geführten Arbeitskämpfe in Deutschland nicht unbedingt Hoffnung darauf, dass es bei der Lufthansa, der Flugsicherung oder dem Flughafenpersonal in den nächsten Jahren ruhig zugehen würde.
Echte Innovation bleibt weiterhin aus
Wenngleich meine ersten Eindrücke der neuen Lufthansa Allegris Business Class durchaus positiv waren, muss fairerweise gesagt werden: Innovativ wäre das Produkt vor fünf Jahren gewesen – heute sind andere Airlines schon auf demselben Stand oder teilweise noch weiter. Türen in der Business Class gibt es etwa bei Air France teilweise schon an allen Sitzen, kabelloses Laden oder auch besondere Sitztypen innerhalb derselben Reiseklasse haben andere mittlerweile auch – etwa die Konkurrentin Condor.
Will die Lufthansa in den nächsten Jahren also beim Service oder dem Produkt wieder führend werden, muss sie echte Innovationen bringen und sich von der Konkurrenz abheben. Mit dem neuen Allegris-Produkt dürfte man zwar wieder zu den wichtigsten Konkurrenten auf den Strecken über den Nordatlantik und teilweise auch nach Asien aufschließen – vorbeiziehen wird man aber weder mit den neuen Sitzen noch mit den angekündigten Verbesserungen beim Service. Hierfür wird es mehr brauchen.
Solide ist für die Lufthansa gut genug
Doch muss die Lufthansa eigentlich innovativ oder führend sein? Oder überspitzt gefragt: Will sie das überhaupt? Die deutsche Airline hat eine enorm starke Kundenbasis, dominiert den Markt auf zahlreichen Strecken und Flughäfen und ist in starke Allianzen eingebunden. Die Ertragsbasis ist trotz rückständigem Produkt und Schwächen bei Service und Verlässlichkeit auf einem starken Niveau. Das heißt zwar nicht, dass es langfristig so bleiben wird, aber „ganz gut“ könnte für die Lufthansa genug sein.
Wenngleich man sich das als Passagier potenziell wünschen würde, ist „solide“ vermutlich das, was die Lufthansa anstrebt. Ein konkurrenzfähiges Produkt, eine gute Pünktlichkeit, ein breites Netzwerk und starke Partnerschaften dürften der Airline reichen. Wer echte Innovationen sucht, muss vermutlich mit anderen Airlines fliegen – und doch werden sich Passagiere wohl auch in Zukunft ganz natürlich in Lufthansa-Maschinen wiederfinden.
Kritik an LH! Kein LH-Marketing-Sprech?! Bekommt Reisetopia keine Meilen und Euros mehr? 😉
Lufthansa ist bis dato wirtschaftlich sehr erfolgreich (gewesen), obwohl man ein veraltetes Kabinenprodukt sowie mittelmäßigen Service anbot. Hinzu kommen noch Verspätungen, Streiks – habe ich was vergessen? Warum sollte man da – aus wirtschaftlicher Sicht – etwas ändern, wenn doch die Passagiere wie verrückt buchen. Die Controller und BWLer haben doch bei Lufthansa sowieso das Zepter in der Hand und bestimmen die Ausrichtung.
Nun hat man Angst, weiter nach hinten zu fallen. Lange werden die treuesten Kunden nun wirklich nicht mehr in einer 2-2-2-Konfiguration sitzen wollen, so dass man nun Allegris einführt. Das reicht dann wohl aber auch erstmal: Schaut her, wir haben jetzt (auch) 1-2-1. Im Jahr 202x. Rückblick im Übrigen: Lie-flat bekam LH auch erst als andere das schon hatten.
keine der angedrohten Neuerungen werden umgesetzt. Seit Jahren wird nur versprochen.
Das erreichen eines Status wird den deutschen Lufthansa Kunden immer schwerer gemacht. Gold Kunden der Partner Airlines, die diesen leicht erreichen, lässt man dagegen natürlich in die Lounge.
Für mich ist deswegen Lufthansa Geschichte. Ich wähle nun andere Airlines.
Ich bin beruflich öfters in Asien und wähle die Fluggesellschaft mit dem für mich besten Preis,- Leistungsverhältnis aus. Und leider wird das weiterhin nicht die LH sein. Sollte mal irgendwann die neue Alllegris auch Richtung Asien fliegen dann muss man auch bei der Bordverpflegung und den Lounges noch wesentlich mehr investieren um zumindest mit den Golfairlines auf Augenhöhe zu sein.
Und auf innerdeutschen Strecken ist man ja schon lange auf dem Ryanair-Niveau angekommen. Aber da gibt es ja leider auch kaum Alternativen zu LH.
Die Verfügbarkeiten steigen immer mehr und wir werden in den nächsten Jahren wieder sinkende Preise sehen. Selbst aktuell kommst regelmäßig zu sehr guten Konditionen Richtung Nordamerika oder Asien. Wer jetzt nicht abliefert, wird es schwer haben teure Tickets zu verkaufen. Die Flüge von Geschäftsleuten haben seit COVID spürbar abgenommen und werden wohl nicht mehr das alte Niveau erreichen.
Die Argumentation basiert auf einem Denkfehler.
“Sind Flugtickets auf einmal deutlich teurer, die Leistung aber immer noch dieselbe,…”
Genau das ist eben nicht der Fall. Verglichen mit vor 2019 (da ging es bereits bergab) ist der Service heute deutlich schlechter. Somit sind die Preise deutlich teurer bei weniger Leistung.
Das Niveau von damals hat man noch lange nicht erreicht, da helfen auch kein neues Brot und kein neues Getränk, das lenkt nur ab. Und scheinbar will man da auch gar nicht wieder hin. Man wird Allegris als das 8. Weltwunder feiern und hoffen, dass sich die Kunden damit zufriedengeben.