Mit Wasserstoff emissionsfrei zu fliegen – hin und wieder schnappt man in den Nachrichten Meldungen zu dem Thema auf und die Airlines und Flugzeughersteller scheinen ihre Ambitionen weiter zu verstärken. Doch wie weit ist die Forschung wirklich?
Gerade Airbus ist ein Vorreiter auf dem Gebiet der Wasserstoffflugzeuge. Hier wurde in der vergangenen Woche bekannt gegeben, dass das erste kommerzielle Modell wohl eine Turboprop-Maschine werden soll. Auch bei Airlines wie British Airways hört man von großen Fortschritten in der Entwicklung. Laut Angaben vom Dezember letzten Jahres sollen bereits in zwei Jahren Wasserstoffflugzeuge mit einer Reichweite von mehr als 500 Meilen und etwa 20 Sitzen eingesetzt werden können. Können so die Klimaziele erreicht werden und die Luftfahrt sich tatsächlich zu einer nachhaltigeren Branche entwickeln?
Das weniger bekannte Platzproblem
Die Forschung in Bezug auf Wasserstoffflugzeuge scheint immer weiter voranzuschreiten und man könnte meinen, dass sie schon bald zur täglichen Praxis gehören könnten. Doch bis dahin wird wohl noch deutlich mehr Zeit ins Land gehen, als die vielen hoffnungsvollen Unternehmensmeldungen einen vermuten lassen. Um wirklich kommerziell einsatzfähig zu sein, müssen noch einige technische Fortschritte gemacht werden. Eine wichtige Fragestellung, die noch nicht abschließend gelöst wurde, ist, welche Antriebssysteme überhaupt eingesetzt werden sollten. Hierbei gibt es unter anderem die Möglichkeit modifizierte Gasturbinen einzusetzen – eine andere wäre, auf Brennstoffzellen zu setzen. Wobei erstere schneller realisierbar ist, bietet die zweite noch mehr Potenzial um Gesamtemissionen einzusparen. An beiden wird viel Forschungsarbeit geleistet und im Bereich der Brennstoffzellen hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt gerade erst enorme Fortschritte erzielt.
Es gibt aber ein deutlich größeres Problem, was es für die Zukunft der Wasserstoffflugzeuge zu bewältigen gilt: der Platzmangel. Wasserstoff ist zwar leichter als Kerosin, er benötigt aber deutlich mehr Platz – und zwar in so einem Ausmaß, dass signifikant größere Tanksysteme benötigt werden oder sogar die gesamte Flugzeug- und Flügelarchitektur überarbeitet werden müsste. Gerade auf der Langstrecke stellt sich dieses Problem. Denn für sehr kurze Strecken reicht der “normale” Platz unter Umständen aus. Diese Flüge in einer absehbaren Zeit emissionsfrei fliegen zu lassen, ist demnach auch gar nicht so unrealistisch, wie man den aktuellen Projekten entnehmen kann. Doch wirft man einen Blick auf die dort angegebenen Reichweiten sieht man: Es handelt sich immer nur um Prognosen für Kurz- oder sogar Ultrakurzstrecken, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten realisierbar erscheinen. Für den Großteil der Flugzeugemissionen sind aber gerade diese Flüge nicht verantwortlich, sondern die Langstrecken, auf denen aktuell ein Vielfaches ausgestoßen wird. Hier ist aber nicht genügend Platz für Wasserstoff-Lösungen, um die gesamte Reichweite abzudecken. Das Dilemma ist offensichtlich. Bis hierfür Möglichkeiten entwickelt werden, werden voraussichtlich noch deutlich mehr Jahre vergehen.
Infrastrukturelle Hürden sind zu überwinden
Neben den rein technischen Fragestellungen und Problemen mit aktuellen Flugzeugmodellen, gibt es auch noch einige Hürden, die am “Boden” zu überwinden sind. Damit Wasserstoffflugzeuge – zumindest auf der Kurzstrecke – eingesetzt werden können, muss die benötigte Infrastruktur an den Flughäfen geschaffen werden. Diese müsste im Prinzip parallel zur Kerosin-Infrastruktur aufgebaut werden, da die Flugzeuge ja nicht nur an einem Ort mit dem Wasserstoff betankt werden können. Gerade am Anfang würde sich hier mit Sicherheit ein sehr eingeschränktes Wasserstoffflugzeug-Netz entwickeln, in dem die Maschinen nur zu bestimmten Flughäfen innerhalb weniger Länder fliegen können. Hier muss also drauf geachtet werden, dass wichtige Knotenpunkte mit der entsprechenden Infrastruktur ausgestattet werden und nicht nur nationale Alleingänge erfolgen.
Voraussetzungen für Nachhaltigkeit müssen geschaffen werden
Ein weiterer Punkt, den es noch zu beachten gibt, bevor Wasserstoffflugzeuge tatsächlich nachhaltig und klimaneutral eingesetzt werden können, ist die nachhaltige Herstellung und Bereitstellung des Brenngases. Für die Herstellung besteht nämlich ein nicht zu unterschätzender Energiebedarf. Um klimaneutral zu sein, muss dieser natürlich aus erneuerbaren Energien stammen – denn was nützt es, wenn im Bereitstellungsprozess eines klimaneutralen Antriebsstoffes große Mengen an CO2 emittiert werden?
Es sind also noch einige Aspekte, die auf dem Weg zum tatsächlichen Einsatz von Wasserstoffflugzeugen berücksichtigt werden müssen. Doch sollte man daher die Hoffnung verlieren oder die Klimaziele vergessen? Bei weitem nicht! Weitere Forschungsinitiativen im Bereich der Wasserstofffliegerei und auch dem Einsatz von Elektroflugzeugen sind wichtiger denn je und langfristig können diese Technologien zumindest einen Teil der Flüge realistisch klimaneutral werden lassen. Um bis dahin aber keine Zeit zu verlieren und auch an eine schnellere Lösung für Langstreckenflüge zu denken, sollte man den Einsatz von Sustainable Aviation Fuels nicht aus den Augen verlieren. Hier besteht die Möglichkeit, das herkömmliche Kerosin durch synthetische oder Biokraftstoffe zu ersetzen, wodurch je nach Herstellungsverfahren, ein enormer Anteil an CO2 eingespart werden kann – ohne dass komplett neue Flugzeuge gebaut werden müssen.
Fazit zur Zukunft der Wasserstoffflugzeuge
Im Bereich der Wasserstoffflugzeuge hat sich entwicklungstechnisch in den vergangenen Jahren einiges getan. Allerdings sind heutige Lösungen noch weit davon entfernt, auf der Langstrecke eine echte Alternative darzustellen. Es ist wichtig, dass die Forschung weiter forciert wird, genauso wichtig ist es aber, nicht alles nur auf eine Karte zu setzen und gerade in Bezug auf Sustainable Aviation Fuels – die bereits jetzt für eine erhebliche Verbesserung der Klimabilanz der Luftfahrt sorgen können – die Marktfähigkeit weiter anzukurbeln. Um die Luftfahrt langfristig nachhaltig zu gestalten ist es unabdingbar, die Bemühungen an mehreren Aspekten parallel anzusetzen, da jede Lösung ihre eigenen Vorteile sowie eigene Zeithorizonte mitbringt.