Eigentlich sollte 2020 nahtlos an das Vorjahr anknüpfen, das ich mit vielen schönen Reisen beendet hatte. Gerade für die ersten Monate des Jahres hatte ich schon eine Menge geplant, da ich mich in den letzten Zügen meiner Masterarbeit befand und gerne jede freie Minute zum Reisen nutzen wollte. Nach einem guten Start verlief mein Reisejahr 2020 dann – wie wohl bei jedem – ganz anders als erwartet. Dennoch bin ich mehr als dankbar immerhin einige schöne Trips gemacht zu haben, neue Orte kennenlernen zu können und trotz Lockdown das Gefühl zu haben, viel unterwegs gewesen zu sein.
Inhaltsverzeichnis
Die ersten zwei Monate meines Reisejahrs waren mit zwei tollen Reisen nach London und Kotor in Montenegro perfekt. Im März sollte es dann eigentlich ein weiteres Mal nach Montenegro gehen und im April dann in die USA – doch das wurde ja bekanntlich nichts. Aus dem Rest des Jahres habe ich dann aber – wie ich finde – das Beste gemacht und werde vermutlich in einiger Zeit auch positiv auf dieses Reisejahr zurückblicken.
London im Januar
Zu Beginn des Jahres ging es – wie ist es anders zu erwarten – in meine Lieblingsstadt nach London. Mit meiner besten Freundin habe ich ein paar wundervolle Tage in der britischen Hauptstadt verbracht. Wir sind Ende Januar von Berlin Schönefeld aus nach London geflogen und ich erinnere mich noch gut, wie wir im Flughafengebäude die ersten Personen mit Masken sahen. “Die übertreiben ja völlig…” – dachte man sich damals noch. Dass die Pandemie unsere Welt wenig später so auf den Kopf stellen sollte, konnte man sich beim besten Willen nicht vorstellen. Außer den wenigen “Maskenträgern” und einigen Warnhinweisen auf öffentlichen Toiletten war auch während der gesamten Reise rein gar nichts von der sich anbahnenden Krise zu spüren.
London im Januar klingt vermutlich auf den ersten Blick nicht allzu attraktiv. Nass, kalt und verregnet stellt man sich eine graue Stadt vor, in der die Touristenmassen unter Regenschirmen versteckt von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten hasten. Doch selbstverständlich hat die Sonne mich in meiner Lieblingsdestination nicht im Stich gelassen und schien mit voller Kraft – was einen eher schon wieder daran zweifeln ließ, dass wirklich noch Winter sein soll. So verbrachten wir die meiste Zeit draußen und flanierten durch Soho, Camden Town und Shoreditch, wo wir uns ganz in Banksy’s Street Art verloren. Währenddessen machten wir unzählige Kaffeepausen, da die Auswahl an süßen Cafés einfach überwältigend groß ist und so passierte es nicht selten, dass man am Abend ein wenig zittrig nach dem ganzen Koffeinkonsum war. Aber einer in Schokolade getauchten Kaffeetasse kann wohl niemand widerstehen…
Neben drei Tagen, die wir in London selbst verbrachten, waren wir einen weiteren in Cambridge, wo wir eine kleine Bootsfahrt unternommen haben und in einem gemütlichen Pub eingekehrt sind. Draußen. Im Januar. Die Temperaturen haben wirklich verrückt gespielt.
Wir hatten uns für unseren Trip eigentlich vorgenommen, viele Museen und Ausstellungen zu besuchen, aber stattdessen entschieden wir uns dafür eher ein bisschen in den Tag hineinzuleben, die Stadt zu voll auszukosten und einfach ohne Zeitdruck und Ziel zu genießen.
Montenegro im Februar
Nur kurz nach meiner Reise nach London ging es dann nach Kotor in Montenegro. Die Reise wäre beinahe schon ins Wasser gefallen, da an dem Tag, an dem mein Flieger gehen sollte, ein heftiges Unwetter wütete, das für mehrere Stunden den Bahn- und Flugverkehr lahmgelegt hat. Doch mit einigen Umwegen und Ungewissheiten habe ich meinen Weg zum Stuttgarter Flughafen gefunden und bin nach einem kurzen aber doch recht turbulenten Flug in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica gelandet. Ich war vorher noch nie in Montenegro und kannte aus der umliegenden Region bisher auch nur die Küste Kroatiens. Umso positiver überrascht hat mich dann Montenegro beziehungsweise die kleine und pittoreske Hafenstadt Kotor. Normalerweise ist die Stadt ein beliebter Anlaufpunkt für Mittelmeerkreuzfahrten, bei denen sich etliche riesige Schiffe durch die schmale Bucht quetschen, doch weil Nebensaison herrschte, das Wetter eher durchwachsen war (und vielleicht auch schon erste Corona-Maßnahmen eingeläutet wurden?) hatte ich die sonst wohl sehr überlaufende Altstadt, die ähnlich wie Dubrovnik von einer Stadtmauer umgeben ist und daher nur eine begrenzte Fläche bietet, fast für mich alleine. In meinem Hotel – welches mitten in der Altstadt lag – gab es auch nur noch zwei weitere Gäste, was schon fast eine 1:1 Betreuung für mich bedeutete 😉
Direkt an meinem ersten Tag machte ich mich auf und erkundete die verwinkelten Gassen der Altstadt. Hinter jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken und sobald ich dachte, dass ich an einem Ort schon einmal war, gab es eine andere Abbiegung, die mich in noch kleinere Gässchen führte. Irgendwann erreichte ich dann an der Stadtmauer einen etwas unwegsamen Pfad, der den Aufstieg zum Sveti Ivan Fortress einläutete. Bereits vorher hatte ich gehört, dass man von der alten Festung aus eine tolle Sicht auf die gesamte Bucht von Kotor haben soll und auch wenn ich es eigentlich für einen späteren Tag geplant hatte, musste ich sofort hinauf wandern. Und es hat sich wirklich gelohnt! Die Aussicht gepaart mit der Frühjahrssonne hat mich dort oben – wo ich ebenfalls mangels anderer Touristen die meiste Zeit allein war – wirklich beeindruckt und ich denke gerne an diesen für mich sehr besonderen Moment zurück.
Ein weiteres Highlight meiner Zeit in Kotor war eine Bootsfahrt vom Nachbarort Perast zur kleinen Insel Gospa od Škrpjela. Anders als man es vielleicht an so einem verwunschenen Ort erwarten würde, ist die Insel künstlich erschaffen. Jedoch erlangt sie sofort ihren Charme zurück, wenn man weiß, dass es sich nicht um eine moderne Touristenattraktion handelt, sondern um eine sehr sehr alte künstliche Insel. Sie wurde wohl durch ein Bollwerk aus Felsen und alten, mit Steinen beladenen Schiffen geschaffen und bereits Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die erste Kirche auf der Insel errichtet. Die Kirche, die heutzutage auf der Insel anzufinden ist, ist auch nicht viel jünger – sie wurde immerhin auch erst im frühen 18. Jahrhundert fertiggestellt. Bevor ich Kotor wieder verlassen habe, hatte ich noch die Möglichkeit einen Blick auf Budva sowie die kleine Insel Sveti Stefan zu werfen, die lediglich für (gut zahlende) Hotelgäste und nicht für die Allgemeinheit zugänglich ist.
Alles in allem hat es mir in Montenegro wirklich sehr gut gefallen und ich hatte mich schon sehr darauf gefreut, im nächsten Monat noch einmal wegen eines beruflichen Termins wiederzukommen, doch die Pandemie kam näher und so wurde aus meiner zweiten Reise nichts.
Die erste Corona-Welle
Auch wenn man es hat kommen sehen, konnte man sich kaum vorstellen, wie das weitere Jahr verlaufen sollte. Nach mehreren Wochen, in denen der Radius, in dem man sich bewegte, auf wenige Kilometer rund um die eigene Wohnung beschränkt war, ging es dann aber schon bald mit den ersten Tagesausflügen los, die ich auch in vollen Zügen genießen konnte.
So war ich in dieser Phase des Jahres kurz in Dänemark, in Süddeutschland in der Region rund um Stuttgart sowie viel in Norddeutschland unterwegs und konnte mich sehr glücklich schätzen, während des Sommers nur zehn Minuten vom Strand entfernt gewohnt zu haben – so konnte man die schönen Tage immerhin draußen sehr gut aushalten.
Südengland im Juli
Die erste Reise im Sommer, als die Welt gerade eine Art Verschnaufpause einlegte und Deutschland auf die “Travel Corridor Liste” des Vereinigten Königreichs gesetzt wurde, ging für mich wieder nach England. Dieses Mal flog ich von Hamburg aus nach London Heathrow – aber nicht um meiner Herzensstadt wieder einen Besuch abzustatten, sondern um Richtung Süden an die Küste Englands zu fahren, wo meine Familie in Gosport, nahe Southampton ein Boot liegen hat. Aufgrund dieses Anlasses entschied ich mich auch nur für die Reise, da ein Städtetrip auch im Juli sicherlich noch nicht die beste Idee gewesen wäre. Auf dem Boot befand man sich aber wohl in der besten “Isolation”, in der man zu dem Zeitpunkt wohl sein konnte.
Da das Wetter zwar wunderschön war, die Winde aber nicht so wirklich mitspielten, legten wir keine großen Strecken zurück, sondern verbrachten die meiste Zeit rund um die Isle of Wight. Es war das erste Mal, das ich im Ärmelkanal auf einem kleinen Boot unterwegs war und es war doch etwas schaukeliger als gedacht, hat aber auch wahnsinnig viel Spaß gemacht und durch die Wellen in Richtung Sonnenuntergang zu segeln, verspricht ein einmaliges Freiheitsgefühl.
Allgäu im August
Meine letzte längere Reise führte mich in diesem Jahr in den äußersten Süden Deutschlands – ins wunderschöne Allgäu. Eine sehr gute Freundin von mir lebt dort und somit hatte ich den optimalen Tourguide direkt an meiner Seite. Ich war zuvor erst einmal in der Gegend, konnte aber direkt einen Unterschied zum letzten Mal erkennen: Es war eindeutig voller! Dank Corona, verbrachten wohl so viele Menschen wie lange nicht mehr ihre Ferien in Deutschland beziehungsweise den Nachbarländern und so war ich wirklich überrascht, wie überlaufen es an einigen Stellen war – insbesondere an den Badeseen.
Wir haben allerdings auch genügend Orte gefunden, die wir dann doch etwas mehr nur für uns hatten, beispielsweise während einer Wanderung auf dem Tegelberg, von wo aus wir auch einen Blick auf die österreichische Seite der Alpen erhaschen konnten. Am Schloss Neuschwanstein sind wir nur vorbeigelaufen, doch auch hier war ich überrascht, wie viel Publikumsverkehr es schon wieder an der Marienbrücke gab. Ich glaube, dass mein Aufenthalt im Allgäu gerade zu einer Zeit stattfand, in der wir alle wieder Reisen wollten und jeder sich nach monatelangem Warten wieder einmalige Erlebnisse wünschte. Und die hatte ich im Allgäu auf jeden Fall – jeden Tag lernte ich einen neuen Badesee sowie kleinere Wanderwege kennen und auch kulinarisch habe ich viele tolle Dinge probieren dürfen.
Die zweite Corona-Welle
Mein kurzer Besuch im Allgäu sollte dann aber auch die letzte Reise in diesem Jahr sein. Denn bevor wieder größere Pläne geschmiedet werden konnten, traf uns die zweite Welle der Corona-Pandemie und die letzten Wochen waren eher von kleineren Ausflügen und Tagestrips gespickt. In dieser Zeit habe ich mich hauptsächlich in Berlin und Hamburg aufgehalten und Erkundungstouren waren eher auf Stadtteile beschränkt.
Nun heißt es weiter warten und dafür sorgen, sich und andere Menschen keinen gesundheitlichen Risiken auszusetzen. Auch wenn es einem vielleicht in dem ein oder anderen Moment mal schwerfällt, muss man sich immer wieder vor Augen rufen, dass man sich trotzdem glücklich schätzen kann, auf so viele schöne Erinnerungen zurückzublicken.
Fazit zu meinem Reisejahr 2020
Definitiv war das Reisejahr 2020 anders als geplant – wenn ich auf die letzten Monate zurückschaue fallen mir dennoch viele schöne Trips und Touren ein, die ich nicht missen möchte. 2020 hat einem obendrein auch gezeigt, dass man auch in Heimatnähe eine schöne Zeit verbringen kann, ohne die fernsten Destinationen der Welt zu besuchen. Einige davon hätte ich vielleicht gar nicht kennengelernt, wäre dieses Jahr anders verlaufen. Dennoch blicke ich mit Vorfreude auf das kommende Jahr – oder zumindest die zweite Jahreshälfte. Nicht unbedingt, weil ich dringend ganz weit weg muss, sondern einfach, weil ich mir Spontanität und Unbeschwertheit zurückwünsche.