Anfang dieses Jahres fand sich unsere Autorin Lilli von einer Nacht auf die andere in einer unerwarteten Situation wieder: Ein Wasserschaden in ihrem Kreuzberger Wohnhaus zwang sie gemeinsam mit ihrem Partner zu einem spontanen Umzug in das Berliner Hauptstadthotel Amano. Bei ihrer Ankunft in der Lobby hätte wohl niemand erwartet, dass die beiden erst gute zehn Wochen später wieder ausziehen würden – und wie sich ein Leben im Hotel für Normalsterbliche anfühlt.
Irgendwann Ende des Jahres 2020, nur wenige Wochen vor dem anstehenden Weihnachtsfest, musste Autorin Lilli gemeinsam mit ihrem Freund ihre gemeinsame Wohnung verlassen, um Platz zu machen für wochenlange Renovierungsarbeiten in den eigenen vier Wänden. Mitten im mittlerweile dritten Berliner Lockdown stieß unsere Autorin auf verschiedene Langzeit-Angebote der Hauptstadthotels, die pandemiebedingt wochenlang geschlossen waren. Anfang dieses Jahres zog das Paar für beinahe drei Monate in das Berliner Hotel Amano. In diesem Artikel berichtet unsere Autorin von den Hochs und Tiefs dieser so außergewöhnlichen Zeit und gibt wertvolle Einblicke in das Hotelleben inmitten der wohl schlimmsten Krise der internationalen Tourismusindustrie.
Wie alles begann…
6. Dezember 2020, kurz vor drei Uhr morgens. Es ist Samstagnacht, mein Freund und ich werden in den frühen Morgenstunden von permanenten Klingelgeräuschen an unserer Wohnungstür geweckt. Während ich verschlafen, zerzaust und unendlich verwirrt zur Tür stolpere, höre ich ein Plätschern hinter der verschlossenen Küchentür. Ich blicke am Türrahmen herunter, spüre die kalte Nässe unter meinen Füßen und die sich langsam ausbreitende Pfütze in unserem Wohnungsflur. Während ich langsam die Haustür öffne, stürmt unser Nachbar herein und reißt die Tür zur Küche auf: „Habt Ihr schon gesehen? Bei mir unten kommt alles durch die Decke!“ Wir blicken in einen Raum der Zerstörung, dessen zerbrochene Einrichtungsgegenstände ich vage als die unseren wiedererkenne. Der Küchenboden ist übersät mit zerbrochenem Geschirr, Gewürzdosen und Einweggläsern, aufgeweichten Küchenhandtüchern, Salzstreuern und anderen Gegenständen, die man üblicherweise in der Küche lagert. Eines unserer Holzregale ist umgestürzt, die Küchendecke aufgerissen und der Boden vollständig mit Schutt, Lehm und literweise Wasser überzogen, dass unaufhörlich aus unserer Wohnungsdecke schießt. In dieser Sekunde ist uns klar: Den Jahresbeginn werden wir wohl nicht in unseren eigenen vier Wänden verbringen.
9. Dezember 2020. Einige Tage, mehrere Stunden Aufräumarbeiten und einen nächtlichen Feuerwehreinsatz später ist unsere geliebte Wohnung mit Trockenlüftern und Heizstrahlern notversorgt und mein Freund und ich sind Hals über Kopf auf dem Weg in unsere Heimatstadt München. Die Weihnachtsfeiertage verbringen wir bei unseren Familien, wegen des Lockdowns Anfang Januar bleiben wir. Mitte des Monats ziehen wir in eine befreundete Wohngemeinschaft in Berlin, gerade als der erlösende Anruf eines Freundes uns erreicht – und von einem Angebot berichtet, das wir in unserer Situation nicht ausschlagen können.
Das Amano Hotel und der dritte Lockdown
18. Januar 2021. Wir stehen in der Lobby des Boutique Hotels Amano, selbstbezeichnetes „Flaggschiff“ der Berliner Hotelgruppe Amano Group und nur unweit des Rosenthaler Platzes in Berlin Mitte gelegen. Nach einem kurzen und ausgesprochen freundlichen Begrüßungsgespräch werden wir über die Konditionen des pandemiebedingten Langzeitangebotes aufgeklärt: Unter dem Namen „long stay“ öffnet die zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Pandemiepolitik eigentlich geschlossene Hotelgruppe einige ihrer Türe für ausgewählte Gäste mit Sondergenehmigung. Darunter fallen beispielsweise systemrelevante Geschäftsreisen, dringend notwendige Familienbesuche beispielsweise zur medizinischen Versorgung, oder auch ein Wasserschaden in den eigenen vier Wänden, wie wir schnell herausfinden.
Für gerade einmal 600 Euro buchen wir insgesamt 30 Übernachtungen in einem Standard Room für zwei Personen. Inklusive ist hier – verständlicherweise – nur die Übernachtung. Das tägliche Frühstück (12 Euro), den wöchentlichen Zimmerservice (10 Euro) sowie die Endreinigung (50 Euro) konnten wir bis auf Letzteres optional dazu buchen. Nur einmal, am Valentinstag, bestellten wir das Frühstück, das sich trotz pandemiebedingter Einschränkungen als sehr ansprechend herausstellte.
Nur wenige Minuten später betreten wir unsere neue Bleibe zum ersten Mal, unserer Wunschliste ist durch die fehlenden Hotelgäste zur Genüge erfüllt worden: Badewanne statt Dusche, dritter statt erster Stock und eine Fensterfront in Richtung Straße, nicht Innenhof. Das Zimmer ist überschaubar aber stilvoll eingerichtet, die kleine Arbeitsnische für zwei Laptops nicht ausreichen, doch dafür gibt es die Lobby. Überglücklich ein vorübergehendes Zuhause gefunden zu haben, fallen wir übermüdet in Bett.
Am nächsten Tag begeben wir uns frühmorgens auf Erkundungstour durchs Hotel – und bemerken die durchaus spürbaren Einschränkungen durch die monatelangen Lockdowns. Das kulinarische Angebot des Hotels ist auf ein Minimum heruntergefahren, an Bar und Lobby werden Getränke ausschließlich in Flaschen verkauft, die Spa- und Fitnessbereiche sind vorübergehend geschlossen, die ikonische Dachterrasse des Hotels leider ebenso. Selbst der Wäscheservice ist ausgesetzt; hin und wieder fahren wir in unsere Wohnung für frische Kleidung, oder zum Waschsalon am Rosi. Ein durchaus witziges Erlebnis – zumindest für einige Wochen.
Das Hotelleben im Berliner Amano
An der Rezeption ist man jedoch stets liebevoll und zuvorkommend, auch, weil man sich unter den wenigen Gästen eben schon sehr bald kennt. Täglich leihen wir Teller und Besteck für improvisierte Snacks in der Lobby oder auf dem Hotelzimmer, abends bestellen wir öfter etwas Warmes. Wir erkunden eine neue Berliner Nachbarschaft, die aus kulinarischer Perspektive auch inmitten des kältesten Lockdowns zuverlässig allerhand Streetfood bereithält und freuen uns über ein bisschen Abwechslung im Innenhof.
Am schwierigsten gestalten sich allerdings die Arbeitstage, denn wir beide teilen unsere Wochen zwischen Online-Uni und Homeoffice auf, was in erster Linie bedeutet, dass wir täglich einige Stunden nebeneinander am Laptop sitzen – wobei wir beide häufig in Telefongesprächen und Videokonferenzen anwesend sein müssen. Wir wechseln also einige Tage zwischen Lobby und Hotelzimmer hin und her und versuchen wichtige Meetings nicht in denselben Zeitraum zu legen.
Nach einigen Wochen – wir haben uns mittlerweile in unserem neuen Hotelleben eingerichtet – erhalten wir einen verhängnisvollen Anruf unseres Vermieters, der eine Verlängerung der Renovierungsarbeiten für weitere sechs Wochen ankündigt. Für uns ist klar: Auf so engem Raum können wir nicht noch einen Monat leben – für 20 Euro Aufpreis täglich buchen wir ein Upgrade für ein Appartement. Eine wunderbare Entscheidung, wie sich schon bald herausstellt.
Im Gegensatz zu den Doppelzimmern sind die Appartements im Boutique Hotel Amano durchaus geräumig, umfassend ausgestattet und ohne weiteres für einen Langzeitaufenthalt nutzbar. Der große Balkon mit Aussicht auf den nahegelegenen Fernsehturm und den ein oder anderen Regenbogen im frühlingshaften Wetterchaos runden das Erlebnis für uns perfekt ab!
Fazit zum Hotelleben im Lockdown
Anfang dieses Jahres verbrachte unsere Autorin Lilli gemeinsam mit ihrem Freund etwas über zehn Wochen im Berliner Hotel Amano. Zwar war das Hotelleben der beiden pandemiebedingt mehr als eingeschränkt, denn sowohl die Fitness- als auch Spa-Bereiche des Hotels waren wie viele andere Serviceleistungen durchgehend geschlossen. Nichtsdestotrotz verbrachten die beiden einige außergewöhnliche Wochen vor Ort und fanden in einer Extremsituation ein zweites Zuhause mitten in Berlin.