Bereist Ende letzten Jahres wurde ein Rettungspaket für die TUI geschnürt. Am Montag stimmte die EU-Kommission zu und gestern die Aktionäre des größten Reiseveranstalters, auf einer außerordentlichen Hauptversammlung.

Nachdem die Reise- und Tourismusindustrie bereits ein hartes Jahr hinter sich hatte, folgt nun das nächste. Trotz mehrerer Impfstoffe wird es wohl noch einige Monate dauern, bis eine weitgehende Normalität eintritt. Die TUI ist nun der zweite deutsche Reisekonzern, bei dem der Staat eintritt, um ihn aus der Krise zu führen. Denn neben den 1,8 Milliarden Euro hohen Rettungspaket, stimmten die Aktionäre gestern auch für eine mögliche Beteiligung des Staates. Was das bedeutet, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Zweite Beteiligung des deutschen Staates

Seit gestern ist es offiziell: TUI wird mit einem Rettungspaket von 1,8 Milliarden Euro vor der Insolvenz bewahrt. Das sind jedoch nicht die ersten Hilfsgelder für den angeschlagenen Reisekonzern. Während es sich aber bei den vorherigen Hilfen um Darlehen handelte, die die TUI mit Zinsen zurückzahlen wird, wie der Vorstandschef Fritz Joussen gestern auf einer Pressekonferenz nochmal deutlich machte, handelt es sich bei diesem Rettungspaket um staatliche Hilfen, mit denen der deutsche Staat die Möglichkeit hat, in den Konzern einzusteigen. Das ist nicht die erste staatliche Beteiligung an einem Konzern seit der Coronakrise. Der Lufthansa wurde mit einem neun Milliarden Euro schweren Rettungspaket ebenfalls in dieser Form geholfen. Die 1,8 Milliarden Euro setzen sich aus 1,25 Milliarden Euro deutscher Hilfen zusammen, wovon 420 Millionen Euro eine wandelbare stille Beteiligung an der TUI darstellen.

tui group

Konkret bedeutet das, der deutsche Staat kann diese Summe in Aktien wandeln, erhält dann 25 Prozent am Unternehmen und zwei Sitze im Aufsichtsrat. Sollte dieser das tun, hätte er auch eine Sperrminorität und somit ein Mitspracherecht bei weiteren wichtigen Entscheidungen. Bereits am Montag genehmigte die EU-Kommission diese hohe Summe, da aus ihrer Sicht die wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen vonseiten Deutschlands erfüllt wurden. Darüber hinaus umfasst das Rettungspaket eine weitere wandelbare Einlage, deren Rahmenbedingungen bereits im Sommer geklärt wurden, jedoch würde der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) eine große Rolle bei neuen Kreditaufnahmen, Verkäufen oder Übernahmen spielen, wie airliners.de zitiert.

TUI Cruises

Unklar ist jedoch, was mit der zweiten nicht wandelbaren Anleihe in Höhe von 680 Millionen Euro geschieht. Eine Entscheidung über die genaue Ausschöpfung der Summe steht noch aus, da nicht geklärt ist, ob das Land Niedersachsen am Hauptsitz des TUI-Konzerns bereit ist, einen Teil des Geldes, rund 400 Millionen Euro, mit einer eigenen Garantie abzusichern. Eine ähnliche Situation löste schon bei der staatlichen Beteiligung an der Lufthansa heftige Diskussionen in der Politik und Bevölkerung aus. Die Begrenzung der Anteile auf 15 Prozent würde nur zustande kommen, wenn das Land Niedersachsen einen Teil des Geldes nicht absichert. Dagegen wehren sich indes die Grünen und die FDP:

Es ist nicht Aufgabe des Staates, die TUI-Investoren zu retten, die bislang herzlich wenig zur Lösung beigetragen haben.

Stefan Wenzel, Finanzexperte die Grünen

Für eine Beteiligung des Landes Niedersachsen spricht sich dagegen die CDU aus, sie sieht auch in der TUI eine systemrelevante Bedeutung.

Weitere Darlehen gesucht

Doch mit dem 1,8 Milliarden schweren Rettungspaket ist der Konzern noch lange nicht gerettet. Es gilt einen harten Sparkurs zu fahren, was auch eine Reduzierung der TUIfly Flotte zur Folge haben kann, wie Vorstandschef Fritz Joussen erklärte. Insgesamt wurde der TUI bereits mit Darlehen, Garantien, Anleihen, Vermögenseinlagen und Kapitalerhöhung mit 4,8 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. Derzeit besitzt der Konzern nach Angaben seines Vorstandschefs rund 2,3 Milliarden Euro an liquiden Mitteln, wobei das neue Rettungspaket bereits eingerechnet wurde. Bei der zusätzlich genehmigten Kapitalerhöhung handelt es sich um 500 Millionen Euro. Darunter befindet sich auch der 266 Millionen Euro hohe Anteil des bisherigen TUI-Großaktionärs Alexej Mordaschow. Der russische Investor kann seine Anteile dadurch aber von 25 Prozent auf rund 36 Prozent erhöhen. Den Weg dafür frei machte die Finanzaufsicht Bafin mit einer Sondergenehmigung.

TUIfly Boeing 737

Doch die Zeiten sind schwer, besonders für die Tourismusbranche. Daher braucht TUI dringend weitere Finanzierungsquellen, die der Konzern auch suchen muss, wie der Vertrag mit dem staatlichen Rettungsfonds (WSF) vorsieht. Dazu prüft TUI gerade die Möglichkeit Unternehmensteile abzustoßen, wie etwa die Auslagerung des Airline-Betriebs in Gemeinschaftsfirmen. So könnte die Rückzahlung der Kredite erleichtert werden. Auch die Möglichkeit einige Hotels in Fonds zu geben, um dafür weitere Investoren zu werben, besteht. Der Managementvertrag würde so bei TUI bleiben, jedoch nicht die gesamten Eigentümerverhältnisse. Genaue Pläne sind derzeit jedoch nicht bekannt und für den Konzern kommt es hier auf die weitere Entwicklung der Coronakrise an und wie die Lage zur Hauptsaison im Sommer ist.

Fazit zum staatlichen Einstieg bei TUI

Harte Zeiten erfordern entschiedenes Handeln, vor allem wenn es darum geht, große Konzerne vor der Pleite zu bewahren. Ein Einstieg des Staates ist nicht erst seit der Coronakrise eine Option. Schon die staatliche Beteiligung an der Commerzbank im Zuge der Finanzkrise 2008 sorgte für reichlich Diskussionen. Ob und wann der Staat seine stille Beteiligung umwandelt, ist derzeit noch vollkommen offen. Damit erhält er jedoch maßgebliche Entscheidungsbefugnisse im Aufsichtsrat, wie auch schon bei der Lufthansa. TUI hofft indes auf eine schnelle Besserung der Lage, dank Impfungen und Schnelltests, die normales Reisen wieder früher möglich machen könnten. Der Winter zählt eher nicht zu den umsatzstarken Monaten. Wie sich der Konzern also behauptet, hängt wohl vom Sommergeschäft ab.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autorin

Seit sie 4 Jahre alt ist, reist Julia um die Welt und besucht gerne exotische Orte und weiße Strände. Am liebsten entspannt sie irgendwo am Strand in der Sonne oder genießt beim Windsurfen die Grenzenlosigkeit des Meeres. Nebenbei studiert sie in Berlin Tourismusmanagement. Bei reisetopia möchte sie ihre Erlebnisse gerne mit Euch teilen!

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.