Inmitten von Tarifstreits, Kündigungen und weiteren erheblichen Einschnitten, hat die Lufthansa nun bestätigt, den Milliardenkredit vom Staat auch zum Aufstocken der Kurzarbeitsgehälter der Piloten zu verwenden.

Seit die Corona-Pandemie die Luftfahrt so gut wie zum Erliegen gebracht hat, steht es auch um die Piloten nicht gut. Häufig standen bereits Kündigungen, ein massiver Stellenabbau und selbstverständlich Kurzarbeit auf der Tagesordnung. Jüngst gab es erst erhebliche Tarifstreits zwischen der Lufthansa und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, bei der sich erst vor wenigen Tagen auf ein Krisenvertrag geeinigt werden konnte. Nun stehen die Lufthansa-Piloten schon wieder im Fokus der Öffentlichkeit, denn der Lufthansa Konzernchef Carsten Spohr hat in einem Interview mit der Welt am Sonntag bekannt gegeben, dass der Konzern einen Teil der vom Staat erhaltenen Milliardenhilfen zur erheblichen Aufstockung der Piloten-Gehälter nutzt, so die Welt.

A380-Piloten erhalten 15.000 statt 5.000 Euro

Die erhoffte Erholung des Flugverkehrs kommt nicht wie erwartet. Auch im Dezember blieben die Zahlen erschreckend gering. Weniger als 10 Prozent der Passagiere des Vorjahresmonats konnte die Lufthansa in diesem Monat befördern. Die Piloten, die in der Konsequenz auch nicht ihre regulären Pensen fliegen können, befinden sich wie weite Teile des Konzerns in Kurzarbeit. Interessant ist in diesem Zusammenhang nun ein Detail, das Konzernchef Carsten Spohr in einem Interview mit der Welt am Sonntag preisgab. Die Piloten erhalten nämlich aktuell nicht nur ihr Kurzarbeitergeld, sondern bekommen weitere Unterstützung durch den Konzern – aus den Mitteln des Milliardenkredits des Staats.

Lufthansa A380

Am Beispiel eines A380-Piloten bedeutet dies, dass er statt der 5.000 Euro Kurzarbeitergeld eine Aufstockung auf 15.000 Euro erhält. Die Begründung für dieses Vorgehen liegt in der Bemessungsgrenze des Kurzarbeitergeldes. Da die Pilotengehälter in der Regel weit über dieser Grenze liegen, fällt bei ihnen ein großer Anteil heraus, sodass sich ihre “monatlichen Grundbezüge mehr als halbieren”. Spohr führt weiter aus, “das können und wollen wir unseren Piloten nicht zumuten”.

“Jeder fünfte Lufthanseat” wird den Konzern bis zum Ende des Jahres verlassen

Einen gewissen Beigeschmack hat die Nachricht sicherlich. Insbesondere in Bezug auf die weitreichenden Stellenstreichungen, die konzernweit durchgeführt werden. Im Rahmen der Sparmaßnahmen muss auch die Arbeit innerhalb des Konzerns neu verteilt und vermehrt auf Teilzeitmodelle gesetzt werden. Über die genaue Ausgestaltung befindet sich der Kranich noch in den Verhandlungen mit den Gewerkschaften, jedoch ist bereits jetzt deutlich, wie viele Arbeitsplätze bereits an die Krise verloren gegangen sind.

Unter anderem werden uns bis Ende dieses Jahres 29.000 Beschäftigte verlassen haben, also leider jeder fünfte Lufthanseat.

Carsten Spohr, Lufthansa Konzernchef
Lufthansa 1

Jedoch sind auch die Piloten nicht vor Stellenstreichungen bewahrt. Gerade sie hatten in den letzten Tagen stark zu kämpfen, als in der Debatte um Kosteneinsparungen rund 1.000 Pilotenstellen auf der Kippe standen. Ein Krisentarifvertrag hat nun erstmal für einen Kündigungsschutz von rund 5.000 Piloten gesorgt, allerdings erlaubt dieser auch die Verlängerung der Kurzarbeit bis ans Ende des nächsten Jahres.

Fazit zur Gehaltsaufstockung der Lufthansa-Piloten

Eine solche Nachricht liest sich inmitten einer globalen Krise immer mit ambivalenten Gefühlen: Das Kurzarbeitergeld der Gutverdiener wird aufgestockt während überall Kosteneinsparungen vorgenommen werden. Den Piloten, die ansonsten auf über die Hälfte ihres Gehaltes verzichten müssen, kommt dies sicherlich sehr entgegen, jedoch steht es etwas im Gegensatz zu anderen Maßnahmen, Kosteneinsparungen und personellen Einschnitten, die nicht zuletzt ja auch die Piloten betreffen.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autorin

Wenn Anna unterwegs ist, ist sie in ihrem Element. Selten ist sie mehr als ein paar Tage am selben Ort. Der nächste Kurztrip oder eine Fernreise stehen immer schon in ihrem Kalender. Nach ihrem Tourismus-Studium konnte sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen und teilt auf reisetopia.ch ihre Erfahrungen, Tipps und News aus der Reisewelt mit euch.

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.

  • Alle anderen LH Beschäftigen bekommen doch auch das Kurzarbeitergeld aufgestockt, warum nicht auch die Piloten. Für mich ist das eine reine, typisch deutsche, Neiddiskussion. Für was soll denn die LH die 9 Mrd Staatskredit bitte sonst nutzen, wenn es nicht für Personalkosten verwendet werden soll?

    • … stimmt. Der Porsche oder X6 oder A8 muss ja irgendwie finanziert werden. Und das hat weiß Gott nichts mit Neid zu tun. Staatliche Zuschüsse für die, die es N Ö T I G haben. Da fällt mir zum Beispiel ein Aufstocken des Gehaltes für Pflegekräfte im Altersheim oder in den Intensivstationen ein. Da wird kein Gehalt erhöht, wenn Sie länger oder mehr arbeiten. Aber der Pilot in Kurzarbeit, der hat es verdient! Bravo!

    • Zum Beispiel für Gutschriften für nicht angetretene Flüge aufgrund von Covid-Reisewarnungen? Oder gar für die Erstattung der Flugkosten? Die Lufthansa taktiert dreist beim Bearbeiten von Rückerstattungen und erhofft sich wohl, dass ihre Kunden keinen langen Atem haben. Derzeit darf man genau einmal kostenfrei umbuchen und muss den Flug bis Ende des Jahres angetreten haben. Wenn man jedoch kostenfrei umbuchen will, heißt es, es sei nicht dieselbe Buchungsklasse und man müsse einen Aufschlag zahlen.
      Lufthansapiloten bekommen im Moment 80% ihres Gehalts, auf Antrag mehr, und sitzen daheim ohne (!) Kurzarbeit. Das ist keine Neiddiskussion, das ist eine Diskussion um soziale Gerechtigkeit in unserem Land.

  • Das hat keinen Beigeschmack, das ist ein schlichter Skandal, der beispielhaft der sozialen Marktwirtschaft widerspricht.

    Wir haben nunmal Bemessungsgrenzen für die Sozialversicherung, entsprechend werden die eingezahlten Beiträge zur Sozialversicherung auch gekappt.

    Hier wird so getan, als ob 5.000 Euro Verdienst nichts wären.

    Sollen die Piloten doch freiwillig kündigen, wenn ihnen ein derartig niedriges Gehalt in dieser sehr speziellen Situation nicht ausreichen sollte.

    Ich verstehe es nicht, es ist unbrgreiflich, was hier auf Kosten der LH Belegschaft veranstaltet wird.

Alle Kommentare anzeigen (1)