Boeing manipulierte Testergebnisse bei MAX-Rezertifizierung

Boeing-Mitarbeiter sollen Testpiloten bei der Rezertifizierung der 737 MAX „unangemessen gecoacht“ haben, um das (ehemalige) Sorgenkind des US-amerikanischen Flugzeugbauers wieder in die Luft zu kriegen, wie es in einem US-Kongressbericht heißt.

Der Bericht, der am Freitag vom Handelsausschuss des Senats veröffentlicht wurde, wirft Fragen zu den Tests des wichtigen Sicherheitssystems (MCAS) auf, das mit den beiden tödlichen Abstürzen in Verbindung steht, bei denen beide Boeing 737 MAX kurz nach dem Start in den Sturzflug gingen. Das berichtet unter anderem aero.de.

„Ein vorbestimmtes Ergebnis festgelegt“

In einem neuen Untersuchungsbericht des US-Kongresses heißt es unter anderem, dass die US-Luftfahrtregulierungsbehörde, die Federal Aviation Administration (FAA) und Boeing-Beamte „ein vorbestimmtes Ergebnis festgelegt hatten, um eine lange gehaltene Annahme über den menschlichen Faktor in Bezug auf die Reaktionszeit der Piloten zu bestätigen“. Weiter heißt es von Seiten des Ausschusses:

It appears, in this instance, the FAA and Boeing were attempting to cover up important information that may have contributed to the 737 Max tragedies.

US-Handelsausschuss

Boeings 737 MAX wurden im März 2019 nach zwei tödlichen Abstürzen, bei denen 346 Menschen ums Leben kamen, mit einem weltweiten Flugverbot belegt. Der Flugzeughersteller sagte am Freitag, dass Boeing „die Erkenntnisse des Ausschusses ernst nimmt und den Bericht weiterhin vollständig prüfen wird“. Boeing fügte hinzu:

We have learned many hard lessons from the Lion Air Flight 610 and Ethiopian Flight 302 accidents, and we will never forget the lives lost on board. The events and lessons learned have reshaped our company and further focused our attention on our core values of safety, quality, and integrity.

Boeing-Statement

Die FAA sei dabei, „das Dokument sorgfältig zu prüfen, von dem der Ausschuss anerkennt, dass es eine Reihe von unbegründeten Behauptungen enthält“. Die Aufsichtsbehörde fügte hinzu, dass der Bericht des Komitees „eine Reihe von unbegründeten Anschuldigungen“ enthalte und dass die Überprüfung der 737 MAX durch die FAA gründlich gewesen sei. Die Behörde erklärte weiter, sie sei zuversichtlich, dass die Sicherheitsprobleme des Flugzeugs behoben worden seien.

Ursache für die Unfälle „beseitigt“

Der Bericht des Handelsausschusses des Senats zitierte einen Whistleblower, der behauptete, dass Boeing-Beamte Testpiloten unmittelbar vor einer Übung dazu aufforderten, eine bestimmte Steuerung zu verwenden. Die FAA hatte im November den Flugbetrieb der 737 MAX nach einem 20-monatigen Flugverbot wieder freigegeben, nachdem die bestehenden Flugzeuge vor der Wiederinbetriebnahme modifiziert wurden und die Piloten nun umgeschult werden müssten. Die geforderten Konstruktionsänderungen hätten laut FAA „die Ursache für diese speziellen Unfälle beseitigt“.

Auch die oberste Regulierungsbehörde der Europäischen Union (EASA) erklärte im November, dass das Flugzeug nach Änderungen an der Konstruktion des Jets sicher zu fliegen sei. Die Krise, die zur Entlassung des Vorstandsvorsitzenden Dennis Muilenburg führte, verursachte Entlassungen bei Zulieferern und ließ Boeing bei den Verkäufen und Auslieferungen neuer Jetliner hinter den Rivalen Airbus zurückfallen.

Fazit zum neusten Bericht des US-Kongresses

Wenngleich es für Boeing in Sachen 737 MAX inzwischen wieder – verhältnismäßig – bergauf geht, holen den US-Flugzeugbauer die Geister der Vergangenheit dennoch immer wieder ein. Das beweist einmal mehr der nun veröffentlichte Bericht des US-Kongresses. Ob die darin aufgeführten Ergebnisse für Boeing nochmals Konsequenzen nach sich ziehen werden, ist noch nicht bekannt. Bei den ganzen Skandalen rund um Boeing und die MAX, ist man kaum überrascht ob der neuen Erkenntnisse – und das wiederum überrascht.