Die Weihnachtstage waren für Condor alles andere als eine besinnliche Zeit. Die geplante Zukunftsstrategie der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft steht komplett infrage.
Überraschungen gab es in der deutschen Luftfahrt in den vergangenen Jahren fraglos. Die größte davon war sicherlich, dass Condor sich entschieden hat, das Langstreckennetz massiv auszubauen und auf vielen Routen in direkte Konkurrenz zur ehemaligen Mutter Lufthansa zu treten. Doch ohne eine Spezialregelung droht diese Strategie nicht nur zu scheitern, sie könnte die gesamte Zukunft von Condor infrage stellen. Nutznießer wird die Lufthansa sein – das ist schon jetzt klar.
Vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für die Lufthansa
Angedeutet hatte es sich in den vergangenen Monaten bereits, mittlerweile scheint es relativ klar: Das sogenannte Special Pro-Rate Agreement (SPA), das Condor unter Schutz des Kartellamts bislang günstige Lufthansa-Zubringer garantiert hat, dürfte es in dieser Form zukünftig nicht mehr geben. Zwar dürfte die endgültige Gerichtsentscheidung erst Mitte 2025 fallen, doch mit der Ablehnung einer Rechtsbeschwerde von Condor direkt vor Weihnachten seitens des Bundesgerichtshofs (BGH), muss die Lufthansa das SPA schon jetzt nicht mehr fortführen.
Die Folge dürfte sein, dass lange vor der finalen Entscheidung Tatsachen geschaffen werden. Zwar ist unbekannt, ob die Lufthansa mit ihrer kurzen Frist für neue Konditionen für Condor-Zubringer – die Rede war ironischerweise vom 24. Dezember – durchgekommen ist, aber klar ist: Condor muss für alle neu gebuchten Tickets schon sehr zeitnah akzeptieren, dass deutlich höhere Preise für Zubringer anfallen.
Wie dramatisch das ist, wurde nicht nur im Laufe des Gerichtsverfahrens deutlich, als unter Eides statt von einem existenzbedrohenden Szenario gestrichen wurde. Nach der Entscheidung des BGH folgte binnen kürzester Zeit die Streichung von einem halben Dutzend Condor-Strecken nach Nordamerika. Betroffen waren scheinbar insbesondere die Routen, auf denen Condor auf die Zubringer der Lufthansa besonders stark angewiesen war. Die Rede ist von teilweise mehr als 25 Prozent Passagieren, die ein über Condor gebuchtes Ticket mit einem Lufthansa-Zubringer kombiniert haben.
Das Ende der rosaroten Welt für Condor
Dass Condor trotz der Ankündigung zumindest einiger eigener Zubringer ab dem kommenden Sommer direkt mehrere Langstrecken streicht, zeigt die Tragweite der Gerichtsentscheidung. Das gilt umso mehr, als die Lufthansa der Condor auch weiter ihre Zubringerdienste von und nach Frankfurt anbieten wird – nur zu “normalen” Preisen. Was das genau bedeutet, ist an dieser Stelle noch unklar. Bislang allerdings, so heißt es von Insidern, musste die Lufthansa die Zubringer so günstig an Condor verkaufen, dass die größte deutsche Airline mit einem Verlust aus dem Geschäft gegangen ist.
Die Folge war, dass Condor Langstreckenverbindungen über Frankfurt günstiger anbieten konnte als die Lufthansa selbst. Nicht nur, weil die Lufthansa auf der Langstrecke eine höhere Kostenbasis hat, sondern auch weil sie die Zubringer selbst höher bepreisen musste als für die Lufthansa, um rentabel zu arbeiten. Ebendies hat zur Sonderkonjunktur von Condor geführt, im Rahmen derer die frühere Ferienfluggesellschaft im Grunde das sehr profitable Nordamerika-Netzwerk der Lufthansa Stück für Stück nachbauen konnte.
Wenn Condor nun normale Preise für Zubringer akzeptieren muss oder die Lufthansa verständlicherweise zumindest einen gewissen Aufschlag gegenüber selbst verkauften Tickets nimmt, dürfte Condor auf den konkurrierenden Märkten – etwa auf der Strecke nach New York – massiv an Konkurrenzfähigkeit verlieren. Wenn der Kostenvorteil für Condor wegfällt, dürfte es der Lufthansa ein einfaches sein, die Airline aus dem Markt zu drängen: mit mehr Flügen, mehr Services und nicht zuletzt auch einem breiten Netzwerk an Partnern im Rahmen des Star Alliance Joint Ventures über den Atlantik.
Eine fragliche Zukunftsperspektive
Die hohen Investitionen von Condor in die neue Flotte, der Fokus auf beliebte Routen zu Metropolen in Nordamerika und die gesamte Langstreckenstrategie stehen damit so sehr infrage wie nie zuvor. Eine echte Perspektive hat die Airline mit dem Ende des SPA auf den Konkurrenzstrecken zur Lufthansa nicht. Zumindest nicht so lange, die Airline selbst ein vergleichbares Netz an Zubringern oder Partnerschaften hat.
Realistisch ist das gleichwohl nicht, denn die von Condor angekündigten Zubringer sind im Verhältnis zur Zahl der Destinationen und auch Frequenzen der Lufthansa ab dem Frankfurter Flughafen nichts als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dass der Frankfurter Markt für eine große Zahl an US-Destinationen, wohlgemerkt mit wenigen Ausnahmen wie Seattle ohne entsprechende Weiterflüge mit Partnern auf der anderen Seite des Atlantiks, groß genug ist, darf auch bezweifelt werden – zumal auch hier teilweise nicht nur in Konkurrenz zur Lufthansa und auch weiteren Airlines geflogen wird.
Nun könnte auch Condor den Weg von mehr Partnerschaften gehen, etwa als Teil einer der globalen Allianzen. Doch darf man bezweifeln, dass eine Aufnahme zum einen schnell genug gehen würde und zum anderen auch das Interesse seitens der Allianzen allzu groß ist. Am ehesten käme wohl noch oneworld mit der in Europa dominierten IAG rund um British Airlines infrage. Teil eines der globalen Joint Venture über den Atlantik zu werden, dürfte für die Condor-Langstreckenstrategie aber womöglich auch der einzige Strohhalm werden.
Freie Bahn für die Lufthansa-Tochter Discover
Zwar werden teilweise auch Szenarien in den Raum geworfen, dass Condor seine Langstrecken auch nach Berlin oder Düsseldorf verlegen könnte, um der direkten Konkurrenz aus dem Weg zu gehen. Doch mit Blick darauf, dass sich selbst große Airlines aus Nordamerika nur sehr spartanisch in diese Städte wagen, zeigt das vergleichsweise überschaubare Potenzial auf. Wirklich infragekommen, wird ein solch massiver Strategieschwenk wohl kaum.
Gleichwohl bleibt die Frage, ob das Condor-Langstreckengeschäft im Gesamten zur Disposition stehen könnte. Zum einen gibt es die neuen Verbindungen in nordamerikanische Metropolen, zum anderen aber eben auch die Urlaubsflüge ab Frankfurt – hierfür war das SPA einst erdacht worden. Diese wiederum werden ohne die vergünstigten Zubringer für Condor auch schwerer zu füllen, zumindest mit einer erträglichen Marge.
Das aber ist nicht alles, denn die Lufthansa hat mit ihrer Tochter Discover Airlines einen eigenen Konkurrenten mit vergleichbarer Kostenbasis aufgebaut, der in Teilen ein überlappendes Streckennetz aufweist und mit dem die Lufthansa dieselbe Verdrängungsstrategie wählen könnte wie auch die “Mainline”. Dunkle Wolken also für Condor, denn auch wenn der Strohhalm einer anderen Entscheidung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf bleibt – viel Hoffnung dürfte die Airline nicht haben. Dass sie eine passende Strategie für die neue Realität hat, bleibt immerhin zu hoffen.
Mit Condor bin ich bereits dreimal hervorragend geflogen, mit Lufthansa nur einmal und nie wieder! Grottenschlecht!!!
“Wenn Condor nun normale Preise für Zubringer akzeptieren muss oder die Lufthansa verständlicherweise zumindest einen gewissen Aufschlag…”
Normale Preise… Schon klar.
Schau einfach mal im Frühjahr nach Flügen mit *A Partner SQ in Business nach BKK.
Von FRA und MUC gibts da ähnliche Preise. Und jetzt versuch mal, das gleich ab BER mit LH Zubringer. Dir wird schwindlich…
Fliegst du aber LH ist der Preis egal, ob ab BER oder nicht.
soviel zum Thema normale Preise…
Condor in OneWorld wäre ein klasse alternative in Deutschland. Würde AirBerlin ersetzen. Aber besser aufgestellt. Gern sollen sie innerdeutsche Verbindungen auflegen, damit die LH endlich mal Konkurrenz bekommt.
Zur großen Mutter Lufthansa? Das ist ja wohl Jahrzehnte her. Condor gehört längst nicht mehr zum Konzern
Moin,
sonst bin ich ein verfechter von einfacher Betriebswirtschaft. Aber in diesem Fall soll das Bundeskartellamt bei der Lufthansa tätig werden.
Die Lufthansa hat durch ein wenig Glück (Air Berlin Pleite) und Eingreifen des Staates während der Corona Pandemie eine in m.A. marktbeherrschende Stellung innerhalb von Deutschland. Gleichzeitig sind die Preise innerdeutsch so absurf hoch (der steuerliche Aspekt kommt dazu), dass m.E. die Lufthansa um den Carsten hier mehr und mehr zu einem Problem des dt. Marketes und nicht zu deren Lösung beiträgt.
Ich frage mich gerade was Ihr Anspruch ist? Was erwarten Sie genau?
Sollte jede Firma in Deutschland jedes Produkt und jede Diesnleistung so günstig anbieten MÜSSEN, dass sie sich JEDER leisten kann?
Prima Idee. Ich freue mich schon auf meinen neuen (günstigen) Mercedes und mein neues (günstiges) iPhone und das Städtetrip-Wochenende in der (günstigen) Suite im Adlon.
Nicht jeder muss/kann sich alles leisten können. Warum das ausgerechnet bei Fluggesellschaften immer anders sein muss, erschließt sich mir nicht.
Das „Eingreifen des Staates während der Pandemie“ immer wieder aus der Schublade zu holen wird langsam langweilig und zeugt von mangelnder Phantasie uns vor allem schlechter Recherche. Deutschland hat an dem Deal verdient! Kann man alles nachlesen. Und was viele gern vergessen: man hätte den Laden auch pleite gehen lassen können was viele Tausend Arbeitslose beschert hätte. Scheint Ihnen egal zu sein. Hauptsache Sie fliegen für wenig Geld First Class!
Zu Glück wird das NIE passieren!
Moin,
ich denke du hast mich nicht verstanden. Nicht JEDE Firma soll ein Produkt güsntig anbieten müssen. Wir leben in einer kapitalistischen Welt. Daher regelt der Markt durch Angebot und Nachfrage den Preis. Schlechte und/oder zu teure Produkte werden vom Markt gedrängt. Innovationen und Verbesserungen führen dazu, dass wir uns entwickeln.
Dieses System funktioniert aber nur solange wie Firmen einen Ansporn haben, ihr Produkt zu verbessern. Daher ist ein Monopol oder ein Duopol i.d.R. schlecht für eine Gesellschaft.
Daher hat es nichts mit First Class für wenig Geld fliegen zu tun. Sondern mit einfacher Volkswirtschaftslehre. Und LH hat nunmal innerdeutsch eine marktbeherrschende Stellung (fast ein Monopol). Daher liegt es im Interesse einer Gesellschaft, dass ein Markt mit Konkurrenz funktioniert.
Ist doch logisch oder? Und daher ist es korrekt, dass eine Lufthansa gezwungen wird, Preise für einen Wettbewerber anzubieten, der zwar über den eigenen Kosten liegt, aber nicht dem aktuellen Marktpreis entspricht.
Sonst ist die Lösung da ganz einfach. Man zerschlägt die Lufthansa 🙂 Genauso wie Microsoft Anfang der 00er Jahre. Wenn ein Unternehmen zu große Macht anhäuft, muss der Staat dazwischen.
Und tausende Arbeitslose sind Kleingeld. Es geht um 83.000.000 Menschen, die hier leben 😉