Wie auch in Europa wird in den USA aktuell scharf darüber diskutiert, ob Fluggesellschaften bei wegen des Coronavirus stornierten Flügen eine Erstattung leisten müssen. Ein neues Statement macht klar: Um diese Erstattungen kommen die Fluggesellschaften nicht herum.
In der aktuellen Situation gibt es gute Gründe, sich nicht nur um die persönlichen Finanzen, sondern auch um die Gesundheit des gesamten Tourismussektors Gedanken zu machen. Nicht umsonst gibt es auch in Hinblick auf einen Beschluss der Bundesregierung, Erstattungen durch Gutscheine zu ersetzen, sowohl scharfe Kritik als auch Verständnis. Auf der anderen Seite des Atlantiks geht man einen anderen Weg – hier will das Department of Transportation (DOT) Erstattungen erzwingen, wie TPG berichtet.
DOT zwingt Fluggesellschaften zur Erstattung der Tickets
Ähnlich wie auch in der Europäischen Union gültigen Rechtslage sahen die Regularien des Department of Transportation bei einer Absage eines Fluges durch eine Airline schon bislang die Möglichkeit einer vollständigen Erstattung vor. Dies war explizit auch bei höherer Gewalt vorgesehen, sodass die Regeln sich grundlegend nicht von den in der EU gültigen unterscheiden. Dennoch hatten die Fluggesellschaften darauf gehofft, dass in der Coronakrise eine Ausnahme gemacht wird. Dem ist allerdings nicht so, denn das Department of Transportation hat in einem Statement festgestellt:
The obligation of airlines to provide refunds, including the ticket price and any optional fee charged for services a passenger is unable to use, does not cease when the flight disruptions are outside of the carrier’s control (e.g., a result of government restrictions).
Wie TPG in einer Nachfrage herausgefunden hat, gilt dies selbst dann, wenn sich nur ein einziger Flug der Buchung signifikant verändert hat:
The requirement to refund passengers includes refunding all unused segments of a single ticket when a carrier cancels or makes a significant change to one or more segment of the passenger’s itinerary, and the passenger chooses not to travel.
Darüber hinaus weist das Department of Transportation in seinem Statement auch noch darauf hin, dass es sich hierbei nicht nur um eine Regel handelt, sondern man sich auch intensiv darum kümmern wird, dass diese auch eingehalten wird. So heißt es konkret:
The Aviation Enforcement Office will monitor airlines’ refund policies and practices and take enforcement action as necessary.
Anders als in Europa kümmert sich das DOT auch selbst um Fälle, in denen die Fluggesellschaften konkret brechen, sodass üblicherweise nicht der Rechtsweg notwendig ist, um einer Forderung Gewicht zu verleihen. Darüber hinaus ist die Behörde für relativ scharfe Strafen bekannt, weswegen Airlines sich üblicherweise an die Regeln halten und es selten überhaupt zu Schlichtungsfällen kommt. Gerade ausländischen Airlines droht bei Verstößen etwa der Entzug der Landeerlaubnis.
Entscheidung ist auch für Europäer von großer Relevanz
Für Europäer ist die Entscheidung des Department of Transportation in doppelter Hinsicht interessant. Zum einen, weil die Meldung auch Einfluss auf eine mögliche Entscheidung in Europa haben könnte, zum anderen aber auch, weil möglicherweise so einige Verbraucher direkt betroffen sind. Die Entscheidung des DOT entfaltet ihre Wirkung sogar noch weitreichender als die EU-Verordnung für Fluggastrechte. Konkret umfassen die Regeln des Department of Transportation alle Flüge, die:
- von einer US-Fluggesellschaft durchgeführt werden,
- oder in den USA starten,
- oder in den USA enden.
Das heißt konkret, dass anders als in der EU-Verordnung für die Fluggastrechte auch Flüge umfasst sind, die nicht auf dem Hoheitsgebiet der USA starten oder von einer Fluggesellschaft aus den USA durchgeführt werden. Dadurch, dass auch landende Flüge von den Regularien umfasst sind, kann man sich auf die Rechtslage etwa auch dann berufen, wenn man einen Flug von Frankfurt nach New York gebucht hat. Für einen möglichen Rückflug gilt natürlich dasselbe. Ebenfalls erfasst sind alle Flüge mit einem Umstieg in den USA, also etwa eine Verbindung von München via New York nach Toronto, unabhängig davon, ob einer der Flüge mit einer US-Airline durchgeführt wird.
Airlines müssen Passagiere selbstständig kontaktieren
Das DOT hat im Zuge der neuen Regularien auch klargemacht, dass die Fluggesellschaften sich selbst darum kümmern müssen, dass Passagiere über ihre Rechte informiert werden. Hat eine Airline einem Kunden bereits einen Gutschein angeboten, muss sie diesen nachträglich selbstständig kontaktieren und darauf hinweisen, dass auch eine Erstattung eine mögliche Option sei. In den letzten Wochen hatten auch viele Fluggesellschaften in den USA ihre Kunden explizit nicht darauf hingewiesen, dass eine Erstattung eine der Möglichkeiten ist.
Stattdessen haben die Airlines nur Gutscheine oder kostenfreie Umbuchungen angeboten und somit suggeriert, dass eine Erstattung wegen des Coronavirus nicht möglich ist. Denselben Weg gehen trotz anderslautender Rechtslage auch die Airlines in Europa. Ob es möglicherweise zu einer Änderung der Rechtslage durch die Europäische Kommission kommen wird, ist Teil einer aktuellen Diskussion, die etwa durch den Beschluss der Bundesregierung angeheizt wird. Bei gebuchten Flügen in die USA muss man sich allerdings erst einmal keine Sorgen machen: Durch die Regeln des DOT ist eine Erstattung hier garantiert möglich, auch wenn die Airline nicht aus den USA kommt.
Fazit zur Entscheidung des Department of Transportation
Passagiere dürfen auch in Zeiten der Coronakrise weiterhin auf eine Erstattung ihrer bereits bezahlten Tickets bauen, sofern die Airline einen Flug von sich aus streicht oder signifikant verschiebt. Dies gilt zumindest bei allen Flügen mit US-Airlines sowie mit Start oder Ziel in den USA. Es ist aus Sicht der Passagiere zu hoffen, dass auch die Europäische Kommission in den nächsten Tagen noch einmal bekräftigen wird, dass diese Rechtslage auch innerhalb der Europäischen Union weiterhin gültig bleibt. Ähnlich wie in den USA, wo ein insgesamt mehr als 60 Milliarden US-Dollar schweres Hilfspaket für die Luftfahrt geschnürt wurde, scheinen andere Maßnahmen zur Rettung der Airlines auch schlichtweg mehr angebracht.
Ich warte schon seit Monaten auf eine Rückerstattung der Buchungskosten für einen Inlandsflug der Fa. Jetblue. Es fand nur eine Teilerstattung statt und auf meine zahlreichen Emails bisher keine Antwort. Ich weiß nicht, wo man sich hier in Deutschland wenden kann, um den Rest (das ist der Großteil der zu erstattenden Kosten) zu erhalten.
Kann mir jemand einen Tipp geben?
Danke!
Das Verhalten einiger Fluggesellschaften ist ein Ding der Unmöglichkeit und sehr kurzfristig gedacht. Das Vertrauen der Verbraucher langfristig im voraus zu buchen, wird nämlich geschwächt. Wer hat schon ein Interesse einen zinslosen Kredit zu geben, wenn bei Ausfällen die Aussicht auf einen Gutschein winkt
Sie schrieben “Nicht umsonst gibt es auch in Hinblick auf einen Beschluss der Bundesregierung, Erstattungen durch Gutscheine zu ersetzen,” – es gibt allerding keinen solchen Beschluss. Beschlossen wurde lediglich, die EU Kommission zu beauftragen, eine einheitliche Regelung zu schafen. Dabei hat man Wünsche, was diese beinhalten soll, vorgetragen. Eine Insolvenzabsicherung für Flug-Gutscheine ist dabei nicht vorgesehen.
Hey Ronald, das ist korrekt. Inzwischen wurde der Vorschlag die Erstattungen durch Gutscheine zu ersetzten ja auch von der EU abgelehnt. Viele Grüße
Hier sollte nicht vegessen werden, dass es sich bei diesen Praktiken um ein inzwischen von der Bundesregierung legalisiertes Schneeballsystem handelt. Mit dem gleichen Recht könnte jeder Autohändler die Auslieferung eines bereits bezahlten Autos zurückziehen und den Kaufpreis für 2 Jahre als zinsloses Darlehen behalten. Wenn ich heute einen Flug 6 Monate vor dem Abreisetag buche, muss ich diesen sofort bezahlen. Die Fluggesellschaft vereinnahmt dann den Flugpreis und bezahlt offensichtlich damit laufende Gehälter und Ausgaben. Im Normalfall sollte dieses Geld bis zur Erbringung einer Gegenleistung noch vorhanden sein. Wenn nicht, haben wir hier das typische, bisher verbotene Schneeballsystem. Darauf müssen wir uns offensichtlich bald für alle vorbezahlten Waren und Dienstleistungen einstellen.
Aber wie will man sein gutes Recht (abgeleitet aus den DOT Regelungen) gegen eine Lufthansa, Eurowings, Air France, Virgin Atlantic und co. für Transatlantikflüge durchsetzen? Die von mir genannten Airlines werden doch wieder nur die Schultern zucken und die Aufforderungen ignorieren bzw. auf die eigene (falsche) Rechtsauffassung hinweisen.
Der Punkt ist: Recht haben und Recht bekommen sind zwei paar Schuhe.
DOT hilft auch nichts, wenn die Airline sich in einem Schutzschirmverfahren (siehe Condor) befindet.
Hallo Patrick, das ist in der Tat richtig, allerdings ist die Sache beim DOT tatsächlich auch in der Vergangenheit immer einfacher gewesen. Dies liegt daran, dass das DOT auch die Beschwerden der Kunden verwaltet und an die Airlines weitergibt (unter diesem Link kann eine Beschwerde ausgefüllt werden: https://www.transportation.gov/airconsumer/file-consumer-complaint). Durch die aktive Drohung, bei Non-Compliance Landerechte und ähnliches zu entziehen, geben die meisten Airlines meist schnell klein bei. Die Durchsetzung der Ansprüche ist daher im Verhältnis zur EU, wo im Zweifel immer der Weg über Gerichte notwendig, etwas einfacher.
Interessant, dass in den USA eine andere Vorgehensweise an den Tag gelegt wird und die (bei USA-Flügen) auch möglicherweise wohl Anwendung auf Europa findet. Das wird manchen freuen. Mal sehen, inwieweit sich die EU daran orientieren wird.
Möglicherweise bekomme ich dann doch noch mein Geld für meinen LH-Flug FRA-JFK letzte Woche.
Einen Inlandsflug mit DL habe ich schon in eCredit umgewandelt und mit einem von AA will ich das noch machen.
Wobei ich bei LH auch mit der Gutscheinversion leben könnte, weil ich das Geld entbehren kann und die Reise lieber heute als morgen antreten möchte; denn das hieße, dass Corona wohl überwunden wäre und die Welt wieder normal tickt und es vor allem keine Kranken und Toten mehr gäbe!
Wäre auch am 19.03 von FRA nach JFK geflogen. Es wurden Hin und Rückflug gestrichen.
LH sagt , das man nicht sagen kann wann genau die Erstattung kommt.
Meint Ihr LH wird jetzt bei besagten Verbindungen in die USA schneller zahlen?
Oder sollte man sich jetzt schon an die DOT wenden?
Gruss, Benny
Hey Benny, dazu haben wir leider noch keine Erfahrungen. Ich würde noch ein paar Tage-Wochen abwarten und dich dann an die DOT wenden. Viele Grüße
“LH sagt , das man nicht sagen kann wann genau die Erstattung kommt.”
Hast du mit denen gesprochen und haben die das gesagt?