Boeing hat bei der EASA Zweifel bei der Sicherheit des kommenden Airbus A321XLR angemeldet.

Airbus hat erfolgreich verschiedene Modelle der Airbus A320-Familie auf dem Markt etabliert. Die neueste Variante: Der A321XLR. Nun hat ausgerechnet der US-amerikanische Flugzeugbauer Boeing seine Zweifel an der Sicherheit des Modells bei der europäischen Agentur für Luftsicherheit EASA eingereicht, wie reuters.com berichtet. Ein Ablenkungsversuch oder durchaus berechtigte Zweifel?

Das Erfolgsmodell aus den späten 80er Jahren

Der US-amerikanische Flugzeugbauer Boeing war lange unangefochten die Nummer Eins auf dem Weltmarkt. Auf der europäischen Seite des Atlantiks kam jedoch langsam ein neuer Flugzeugbauer empor, der die Stärken einer Gemeinschaft nutzte – die Europäische Union. Der Airbus A300 wurde zum ersten Erfolg für das noch junge Unternehmen Airbus. Ende der 1980er Jahre folgte dann der Airbus A320 und die noch heute bekannte und erfolgreiche A320-Familie feierte ihre Gründung. Die damaligen Modelle sind zwar immer noch weltweit vertreten, doch die A320neo-Familie löst die älteren Modelle nach und nach ab. Eine erfolgreiche Strategie, die Airbus in den vergangenen Jahren gefahren ist. Auch die heutigen Varianten basieren noch immer auf dem Ursprungsmodell des A320-100. Eine durchaus gängige Praxis, die Boeing genau so bei der Boeing 737 anwendet.

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Das Problem, welches dabei entstehen kann, ist weitreichend mit der Unglücksserie der Boeing 737 MAX bekannt. Infolgedessen wurden alle Flugzeuge des Typs gegroundet. Verfehlungen bei Boeing, aber auch der FAA und EASA wurden aufgedeckt und deutlich gemacht. Mittlerweile darf das Modell in vielen Teilen der Welt wieder abheben. An diesem Beispiel wird aber deutlich, dass ein Basismodell an seine Grenzen gelangen kann und Optimierungen irgendwann zwecklos sind – eine komplette Überarbeitung des Modells würde nötig werden.

Der Airbus A321XLR

Zurück zu Airbus und dem neuesten Modell der A320-Familie. Der Airbus A321XLR soll in zwei Jahren an die ersten Kunden übergeben werden können. Das neueste Erfolgsmodell aus dem Hause Airbus ist jedoch auch nur eine neue Variante des Airbus A321, welcher ebenfalls auf dem Basismodell A320 besteht. Deshalb wurde Mitte der 90er Jahre der erste A321-100 auch nur als verlängerte Version des A320 verkauft. Die Treibstoffkapazität war dieselbe, weshalb dieses Modell eine geringere Reichweite als das Basismodell hatte. Erst später folgten weitere Varianten mit erweiterten Treibstofftanks. Die aktuellste Variante ist der Airbus A321LR, welcher bereits im Einsatz ist. Dieser wird mit bis zu drei erweiterten Centertanks ausgestattet. Das Ursprungsmodell enthält lediglich zwei Tanks in den Tragflächen und einem im Rumpf des Flugzeugs. Beim A321LR werden zwei weitere Tanks hinter und ein weiterer Tank vor der Tragfläche verbaut.

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Beim Airbus A321XLR werden die beiden hinteren Tanks zusammengefasst und in ihrer Kapazität verdoppelt. Optional kann der vordere Tank auch noch integriert werden, was das Flugzeug eine Kapazität von 39.500 Liter Kerosin verleiht. Das maximale Abfluggewicht erhöht sich dabei auf 101 Tonnen. Aufgrund dieser Werte mussten Optimierungen, vor allem an den Tragflächen, vorgenommen werden. Die mittlerweile gängigen Sharklets sorgen für mehr Stabilität und das Klappensystem wurde wie beim A350 angepasst und kann vom Piloten individuell konfiguriert werden. Auch das Fahrwerk musste aufgrund des erhöhten Gewichts verstärkt werden. Genau hier zeigt sich aber auch das größte Problem des neuen Modells: das Basismodell, der Airbus A320, gelangt an seine endgültigen Grenzen.

Boeings Zweifel an der Sicherheit des A321XLR

Es mag wie ein verfrühter Aprilscherz klingen. Ausgerechnet Boeing hegt Zweifel an der Sicherheit eines anderen Flugzeugs. Während bei Boeing viele Jahre an den Problemen der Boeing 737 MAX gearbeitet wurde und weitere Probleme bei der Boeing 787 aufgedeckt werden, bekundet der Flugzeugbauer Boeing bei der europäischen Behörde EASA Sicherheitsrisiken am Airbus A321XLR. Dabei handelt es sich jedoch um eine durchaus gängige Praxis, wobei Flugzeugbauer ihre Zweifel bei den jeweiligen Behörden jederzeit mitteilen können, sollte potenzielle Gefahr für die gesamte Branche bestehen. Tatsächlich hatte bereits die EASA ähnliche Zweifel mitgeteilt und weist darauf hin, dass die neuen Zusatztanks im Rumpf bei Feuer deutlich besser geschützt werden müssen, um den Passagieren ausreichend Zeit zur Evakuierung zu geben.

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Boeings Zweifel konzentrieren sich dabei vor allem auf den Fall eines Fahrwerksfehlers oder sollte das Flugzeug von der Landebahn abkommen. Tatsächlich hat Boeing bereits beim Unfall des Trans World Airlines Fluges TW800 ähnliche Erfahrungen gemacht. Ein Treibstofftank im Rumpf des Flugzeugs fing Feuer, das Flugzeug explodierte in der Luft. Schuld war daran ein heißer Sommertag. Das Kerosin heizte sich wegen einer Verspätung auf dem Vorfeld auf. Ein Kurzschluss während des Starts sorgte dann für einen Funken. Die Piloten hatten keine Chance. Im Rahmen des Unfalls wurden die Tanks im Rumpf nochmals überarbeitet. Dass Boeing hier also seine Zweifel bekundet, ist durchaus nachvollziehbar.

Fazit zu den Sicherheitszweifeln am Airbus A321XLR

Auch wenn die Zweifel von Boeing durchaus nachvollziehbar sind, sollte man dabei beachten, dass sich Airbus und Boeing bereits über viele Jahre einen Wettstreit leisten und die Bekundung von Sicherheitszweifeln zur gängigen Praxis geworden ist. Bereits vor vielen Jahren bekundete Airbus bei der Boeing 777 Zweifel, dass zwei Triebwerke nicht ausreichend sein. Dazu kommt, dass Boeing aktuell jegliche Ablenkung von den eigenen Verfehlungen benötigt. Boeing befindet sich in einer tiefen Krise, die durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt wurde – Airbus kam vergleichsweise positiv durch das vergangene Jahr. Außerdem bietet Airbus ein Konkurrenzmodell zur scheidenden Boeing 757 an. Ein neues Modell war auch bei Boeing angedacht, die Pläne dafür wurden jedoch bereits Anfang des vergangenen Jahres verworfen.

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Autor

Alexander Fink ist als Content Editor seit Januar 2021 für reisetopia tätig. Zuvor war er als Account Manager in der Industrie beruflich unterwegs und schrieb von seinen Reiseerfahrungen im eigenen Blog. Heute ist er Euer Ansprechpartner für alle Airline- und Kreditkartenthemen.

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