Karl Lauterbach kritisiert die derzeit geltenden Corona-Auflagen für geimpfte Reiserückkehrer aus dem Virusvariantengebiet Portugal und spricht sich gegen eine Quarantänepflicht für Geimpfte aus.
Vor vier Tagen hat das RKI Portugal und Russland zu Virusvariantengebieten erklärt. Damit einhergehend gelten gesonderte Rückreisebestimmungen für Rückkehrer aus diesen Ländern. Insbesondere die 14-tägige Quarantäne für alle Urlauber – egal ob geimpft, genesen oder nicht – , die nicht verkürzt werden kann, ist dabei stark umstritten. Obwohl Karl Lauterbach vor einigen Tagen noch striktere Auflagen für Reisende gefordert hatte, erachtet er die Quarantänepflicht für Geimpfte als sinnlos und plädiert vielmehr für einen anderen Weg, wie die Tagesschau und Merkur berichten.
Lauterbach fordert Testpflicht anstelle der Quarantänepflicht für Geimpfte
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich in der hitzigen Debatte um die verschärften Regelungen für Reiserückkehrer aus Portugal ganz klar gegen die derzeit geltende 14-tägige Quarantänepflicht positioniert. Diese Maßnahme sei nur bei unbekannten Virusvarianten und Mutationen sinnvoll. Allerdings lägen bei der sich derzeit ausbreitenden Delta-Variante bereits so gute Daten vor, dass man mit Sicherheit sagen könne, dass der Schutz durch die COVID-19-Schutzimpfung gegeben ist. Aus diesem Grund fordert Lauterbauch zumindest für geimpfte Reiserückkehrer eine Testpflicht nach Ankunft in Deutschland statt der zeitraubenden Quarantänepflicht. Dadurch könne ausreichend geprüft werden, ob Reiserückkehrer den Erreger trotz Impfung in sich tragen oder davon verschont geblieben sind.
Auch Dominik Spitzer, Gesundheitsexperte der FDP-Landtagsfraktion und praktizierender Arzt, befürchtet durch die Regelung einen Rückschritt in der Impfkampagne, da Urlauber meist nur für die gesonderten Privilegien zur Impfung erscheinen würden. Wenn diese Privilegien dann aber nicht greifen und Urlauber trotzdem in zweiwöchige Quarantäne geschickt werden, könnte die Impfbereitschaft mit der Zeit nachlassen.
Zu mir in die Praxis kommen viele, die sich nur wegen des Urlaubs gegen Corona impfen lassen wollen. Für solche Menschen könnte jetzt der Impfanreiz wegfallen, wenn sie sehen: Ich muss ja trotzdem in Quarantäne.
Dominik Spitzer, Gesundheitsexperte der FDP-Landtagsfraktion und praktizierender Arzt
Die folgenden Länder gelten laut der aktuellen Liste des RKI als Virusvariantengebiete, für die infolge der Deklarierung gesonderte Rückreisebestimmungen greifen:
- Botsuana
- Brasilien
- Eswatini
- Indien
- Lesotho
- Malawi
- Mosambik
- Namibia
- Nepal
- Portugal
- Russische Föderation
- Sambia
- Simbabwe
- Südafrika
- Uruguay
- Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland der Isle of Man sowie aller Kanalinseln und aller britischen Überseegebiete
Kritik seitens der EU-Kommission
Doch nicht nur einige deutsche Politiker kritisieren die Reisebeschränkungen für Virusvariantengebiete – jetzt meldet sich auch die EU-Kommission zu Wort und übt Kritik an Deutschlands Corona-Bestimmungen für Portugal aus. Generell bleibt die Ausgestaltung der Quarantäne- und Testpflicht jedem einzelnen EU-Land selbst überlassen, weshalb sich Deutschland zurecht für eine verpflichtende Quarantäne über eine Dauer von 14 Tagen entschieden hat – ohne Option auf Verkürzung. Dabei gilt die Regelungen für alle Reisende, obgleich geimpft, genesen oder getestet. Aus Sicht der EU sollte die Reisefreiheit allerdings nicht eingeschränkt werden, da Deutschland durch etwaige Beförderungsverbote in Virusvariantengebiete auch einen großen Einfluss auf die Bahn oder Fluggesellschaften ausüben würde, die nun lediglich deutsche Staatsbürger und Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland über die Grenze transportieren dürfen.
Fazit zur Kritik an den Reisebeschränkungen für Virusvariantengebiete
Die Deklarierung als Virusvariantengebiet war eine ernüchternde Nachricht für Reiseliebhaber mit vollständiger COVID-19-Impfung, weshalb viele Portugal-Urlauber das Land sogar frühzeitig verlassen haben, um der Quarantäne noch umgehen zu können. Seit Dienstag ist das Land für zunächst zwei Wochen aufgrund der Delta-Variante als Virusvariantengebiet eingestuft. Ob sich Karl Lauterbauch und die anderen Kritiker durchsetzen können, sodass die Quarantänepflicht wenigstens für Geimpfte aufgehoben wird, bleibt abzuwarten. Eventuell regt die Diskussion auch noch einmal den Gedanken der Einführung der Doppel-Test-Strategie als Kompromiss zwischen Testpflicht und Quarantäne für Geimpfte an.
Danke für diese Klarstellungen und dafür, die stimmige Position von Karl Lauterbach dargelegt zu haben. Wir haben aber jetzt viel Vertrauen in die Maßnahmen der Bundesregierung und in das RKI verloren, denn nicht nur, dass sehr kurzfristig Portugal, das ja nicht einmal als Risikogebiet eingestuft war, zum Virusvariantengebiet innerhalb weniger Tage eingestuft wurde. Ab heute aber müssen geimpfte Rückkehrer aus Portugal nicht mehr in Quarantäne und selbst nicht Geimpfte können sich nach 5 Tagen bereits frei testen lassen. Das ist gut, die aber, die nach dem 1.7. und vor dem 7.7. aus Portugal zurückgekehrt sind, müssen 14 Tage in Quarantäne gehen und haben keine Chance, sich vorher freitesten zu lassen – egal ob geimpft, negativ vor Rückflug getestet und ohne Symptome. Das ist nicht mehr nachvollziehbar, nicht gerecht und rechtlich wohl auch nicht haltbar. BMG und Gesundheitsbehörden antworten nicht gezielt auf Anfragen bzw. beharren darauf, dass die 14-tägige Quarantäne voll eingehalten wird. Wir sind mehr als stinksauer und können nicht nachvollziehen, dass hier nicht nicht gleiches Recht geschaffen wird und die Quarantäne entsprechend auch reduziert wird.