Deutschland liegt mit der Fertigstellung des TransEuropExpress 2.0 europaweit im Vergleich mit den Nachbarstaaten stark hinten und verzögert so das europäische Bahnnetz.

Im September 2020 präsentierte Deutschlands Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf dem EU-Schienengipfel die Idee, ein europaweites Streckennetz zu schaffen, welches die Metropolen des Kontinents miteinander verbinden soll. Hintergrund war insbesondere die Nachhaltigkeitsdebatte sowie die attraktivere Gestaltung von Bahnreisen. Nun verkündet die Welt, dass Deutschland im Bauprozess allerdings im Vergleich zu den anderen beteiligten Ländern stark zurückliegt.

Revolution des “Trans-Europ-Express”

Der Trans-Europ-Express verband zwischen 1957 und 1987 viele europäische Städte mit einer zu seiner Zeit schnellen Verbindung. Einige Jahre später, zu Zeiten, in denen die Thematiken rund um Klimawandel und Nachhaltigkeit zunehmend relevanter werden, knüpft der deutsche Bundesverkehrsminister an das ehemalige Bahnprojekt an und sieht im Ausbau des europäischen Schienennetztes die Zukunft des nachhaltigen Reisens.

Mit unserem TransEuropExpress TEE 2.0 und attraktiven Nachtzugangeboten auf der Schiene sind wir künftig in Europa noch klima- und umweltfreundlicher unterwegs.

Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister

Scheuer konnte im September 2020 mit seiner Idee überzeugen, sodass sich die Deutsche Bahn (DB), die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), Frankreichs SNCF und die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) auf eine Zusammenarbeit geeinigt haben, um die Idee schnellstmöglich in die Realität umzusetzen.

Doch hier entsteht das derzeitige Problem: Die europäischen Länder arbeiten in unterschiedlicher Geschwindigkeit an dem Bauprojekt, sodass Teile des Plans schon fertiggestellt sind, während mit anderen Fortschritten, insbesondere in Deutschland, erst Jahrzehnte später gerechnet werden kann.

7AECA139 F906 424F 9B2A A3AF98CB34F0 1 105 C
Bildquelle: Deutsche Bahn Stiftung

Ein Beispiel für die Verzögerung ist die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) – ein Projekt zwischen Deutschland und der Schweiz. Bereits 1996 wurde der Ausbau der sogenannten Zulaufstrecken geplant. Ende letzten Jahres haben die Schweizer mit der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels ihren Teil der Abmachung vollendet, während die Deutschen erst 2041 mit der Fertigstellung rechnen – satte 21 Jahre nach Vollendung des Schweizer Teilprojektes.

Deutsche Bahn IC 2

Doch damit nicht genug: auch mit den Niederlanden wurde noch vor der Jahrtausendwende der Ausbau der Strecke von Oberhausen an die holländische Grenze geplant. Die 160 Kilometer lange Betuweroute wurden von den Niederlanden dann zwischen 1998 und 2007 gebaut. Deutschland braucht für seinen Teil deutlich länger und rechnet frühestens im Jahr 2028 mit der Fertigstellung des Projektes – mit ebenfalls 21 Jahren Verspätung.

Beim Bahnausbau ist die Bundesregierung kein Musterschüler, sondern Nachzügler. […] Damit werden wir unserer zentralen Rolle als Verkehrsdrehscheibe im Herzen Europas nicht gerecht.

Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen

Da Deutschland auch das Europäische Bahnnetz in Projekten mit Polen, Frankreich und Tschechien verzögert, betitelt der bahnpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen den über jahrzehntelangen Rückstand gegenüber den deutschen Nachbarländern als verantwortungslos und blamabel.

Fazit zum “Fortschritt” des Bahnprojektes

Auch wenn die Deutschen den Zugreisen bisher eher zögerlich gegenüber standen, ist Verkehrsminister Andreas Scheuer von seiner Idee überzeugt und blickt hoffnungsvoll in die Zukunft. Seit Jahren versucht die Deutsche Bahn ihr Strecken- und Zugangebot weiter auszubauen und Bahnfahren attraktiver als das Fliegen zu gestalten. Jedoch plant Deutschland allerhand ,ist gleichzeitig aber an mehrere großen Baustellen zugange. Infolgedessen verzögert sich der Ausbau des TransEuropExpress 2.0 aus deutscher Sicht immer weiter nach hinten, obwohl die Teilprojekte der Nachbarstaaten bereits vollendet sind oder in naher Zukunft fertiggestellt werden. Wir sind gespannt, wie sich dies in den kommenden Monaten und Jahren entwickeln wird.

Seid Ihr optimistisch, in ein paar Jahren innerhalb von 13 Stunden mit dem Nachtzug von Amsterdam nach Rom, von Paris nach Warschau und Berlin nach Barcelona zu fahren?

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Emily reist schon seit sie denken kann und ist fasziniert von der Luftfahrt. Den Traum, Flugbegleiterin zu werden, hat sie erst einmal hinten angestellt und studiert derzeit Internationales Tourismusmanagement an der Nordseeküste. Sie freut sich darauf, Euch auf ihrem Weg mitzunehmen!

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.

  • Bei dem Trans-Europ-Express handelt es sich nicht um den Bau von Strecken, sondern um bestimmte Zugfahrten.

    Es würde jeweils nur ein Zug pro Tag zwischen den jeweiligen Endorten fahren, die zudem sehr auf die Hauptstädte ausgerichtet sind, Das ist in etwa so, als gäbe es nur einen Flug am Tag zwischen Deutschland (Berlin) und Italien (Rom). Wer zB. unterwgs in den TEE 2.0 einsteigen möchte, dessen Reise aber über den Endort hinausgeht, kommt am Abend ggf. nicht mehr weiter, einen früheren Zug gibt es aber in dem Konzept nicht.

    An anderen Orten ist der eine Zug am Tag längst vorbeigefahren, bevor man ihn nach Feierabend nutzen könnte. Also ein ziemlich nutzloses Projekt, und selbst das ist meilenweit von der Umsetzung enttfernt.

    Außerdem lohnt es sich gar nicht, für so geringe Zugzahlen ein geeignetes Zugmaterial zu entwickeln bzw. zuzulassen, mit allen Stromsystemen und Zugsicherungen. Das zu vereinheitlichen wäre sinnvollere Arbeit der Politik.

  • Ich bin vor 25 Jahren häufig mit dem Nachtzug Basel-Berlin gefahren. Abfahrt 21.30 Uhr, dann ging man auch gleich ins Bett. Kurz nach 6 Uhr kam die Zugbegleiterin zum Wecken vorbei und fragte, welche Getränke man wollte. Als man aus dem Bad kam, war der Tisch mit einem kleinen Frühstück gedeckt. Gegen 7.30 Uhr dann Einfahrt am Zielbahnhof. Man sollte aber schon ein Zweier- oder Viererabteil gebucht haben, nicht den Liegewagen, um diesen Komfort geniessen zu können, das Zweierabteil hatte sogar ein eigenes Bad. Nach zehn Fahrten war die elfte gratis und manchmal bekam man auch ein Upgrade. Damals war der Nachtzug die deutlich günstigere Alternative zur Crossair, die den einzigen Direktflug anbot. Die Bahn wurde dann immer teurer und das fliegen immer billiger, bis der City Night Line endgültig eingestellt wurde.
    Könnte mir schon vorstellen, wenn Preis und Komfort stimmt, wieder mal Nachtzug zu fahren, denn ich hatte jetzt nicht das Gefühl, viel Zeit zu verlieren.

  • Deutschland versaut Vieles. Egal ob die Bahnstrecke, Air Berlin, die Wirtschaft. Der Lobbyismus ist halt in Deutschland extremst vertreten. Vieles wird taktisch unterbunden oder ver-behindert. Was viele Deutsche denken, dass wir immer die Besten sind, ist leider stark verfehlt. Wie in diesem Beispiel des Themas.

  • Abgesehen davon, dass ich keinerlei Hoffnung hege, solange dieser Herr Scheuer seine Finger im Spiel hat, ist es für mich eine Horrorvorstellung 13 Stunden in einem Zugabteil eingesperrt zu sein, wenn ich die selbe Stecke in 2 oder 2 1/2 Stunden im Flieger bewältigen könnte. Selbst zuzüglich Checkinzeiten dort einfach nicht konkurrenzfähig.

Alle Kommentare anzeigen (1)