Am Montag gab die defizitäre Fluggesellschaft Norwegian in einer Börsenmitteilung bekannt, die Rückzahlung zweier Anleihen im Gesamtwert von 380 Millionen US-Dollar (über 346 Millionen Euro) um bis zu zwei Jahre nach hinten verschieben zu wollen.
Dadurch möchte sich die drittgrößte europäische Günstig-Airline finanziellen Spielraum verschaffen, um den weiteren Betrieb und die eigene Liquidität nicht weiter zu gefährden. Die Gläubiger könnten davon sogar profitieren.
Begehrte Landerechte als Pfand für Anleihen
Am kommenden 16. September möchte Norwegian einige ihrer Gläubiger darum bitten, die Rückzahlung von zwei Anleihen um jeweils zwei Jahre nach hinten zu verschieben. Eine der Anleihen, bei der die Begleichung eigentlich im Dezember diesen Jahres fällig wäre, möchte die Airline dabei in den November 2021 verlegen. Die zweite Anleihe, die wiederum erst im August nächsten Jahres fällig wäre, soll ebenfalls um etwa zwei Jahre, auf den Februar 2022 verschoben werden. Das zumindest wünscht sich Norwegian von den Gläubigern um, wie die Airline selbst sagt, “einen erfolgreichen Betrieb und eine ausreichende Liquiditätsreserve gewährleisten zu können”.
Für die Gläubiger hätte dies auch etwas Gutes, denn damit würden diese ihre Position stärken. Außerdem bietet Norwegian begehrte Start- und Landerechte am Flughafen London-Gatwick als Pfand für die Verschiebungen der Rückzahlungen. Dadurch, so Experten, ließe sich die Lebensspanne der stark strauchelnden Airline tatsächlich verlängern. Sollten die Gläubiger dem Wunsch der Fluglinie jedoch nicht nachkommen, wäre Norwegian wohl gezwungen sich wieder mit der Option eines Verkaufs zu beschäftigen. Zuvor lehnte Norwegian allerdings bereits Angebote der British Airways-Mutter IAG und der Lufthansa ab. Jedoch sehen Analysten die Chancen für einen Verkauf inzwischen deutlich höher, da Airline-Mitgründer und -Chef Bjørn Kjos nach 17 Jahren Anfang Juni diesen Jahres zurücktrat. Kjos sträubte sich zu seiner Amtszeit immer gegen einen Verkauf seiner Airline.
Anhaltende Probleme bei Norwegian
Die Gründe für die aktuelle finanzielle Situation der Günstig-Airline Norwegian sind vielfältig und besonders in der letzten Zeit lief einiges schief. Neben fragwürdigen Geschäftsentscheidungen der letzten Jahre, kommen außerdem die akuten Triebwerksprobleme bei den Boeing 787 Dreamlinern, den einzigen Langstreckenflugzeugen der Airline, sowie das andauernde Grounding des Unglücksfliegers Boeing 737 MAX hinzu, was ebenfalls zu großen finanziellen Verlusten führt und führte. Und natürlich tun auch die steigenden Ölpreise ihr Übriges zu den anhaltenden Turbulenzen dazu. Dabei schloss Norwegian 2012 noch die größte Bestellung von Flugzeugen in der europäischen Luftfahrtgeschichte ab, in dem die Airline insgesamt 220 Flugzeuge bestellte, um in den Transatlantikmarkt einzusteigen.
Fazit zu Norwegians finanzieller Situation
Die Schlinge um Norwegian zieht sich immer weiter zu und die Airline sucht händeringend nach immer neuen Wegen, den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Zumindest könnten die Gläubiger sogar letzten Endes von einer Verschiebung der Rückzahlungen profitieren, weshalb eine Einigung darüber auch ziemlich realistisch erscheint und so Norwegian erneuten Spielraum verschaffen könnte. Ob es die Günstig-Airline dadurch allerdings schafft, wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, sei erst einmal dahingestellt. Schließlich reiht sich auch diese Airline in den anhaltenden Abwärtstrend vieler europäischer und weltweiter Fluggesellschaften mit ein, der bereits jetzt schon etliche Opfer forderte.