Der neuste „Henley Passport Index“ will die bis dato größte Lücke bei der weltweiten Reisefreiheit festgestellt haben. Dabei gibt es interessante Beobachtungen.
Das aktuelle Ranking des „Henley Passport Index“ zeigt, dass die Reisefreiheit weltweit so eingeschränkt ist, wie noch nie seit Bestehen der Studie. Dabei fällt besonders ins Auge, dass Länder mit starken Pässen die striktesten Reisebeschränkungen vorweisen, während Staaten mit „schwachen“ Pässen besonders wenige Beschränkungen vorweisen, wie auf der Webseite des Unternehmens nachzulesen.
Länder mit stärksten Pässen haben meiste Einschränkungen
Der neuste Report des „Henley Passport Index“, zeigt die bisher größte Lücke in der Reisefreiheit. Grund dafür sind – wenig überraschend – die zu Hochzeiten der Pandemie besonders zahlreichen Reisebeschränkungen der einzelnen Länder. Diese führten in den letzten 18 Monaten gar zum größten Einbruch der Reisefreiheit in der 16-jährigen Geschichte des Henley Passport Index. Mit 166 ohne Visum besuchbaren Länder, stehen die Pässe von Japan und Singapur an der Spitze des jüngsten Rankings. Den letzten Platz hat Afghanistan mit nur insgesamt 26 Ländern, die ohne Visum bereist werden können. Bei den jüngsten Ergebnissen zeigte sich zudem, dass jene Länder – zumeist nordeuropäische – mit den mitunter eigentlich hochrangigen Pässen, die strengsten Reisebeschränkungen hatten. Während Staaten, die im Ranking teils sehr weit unten liegen, auch die lockersten Reisebestimmungen in der Pandemie vorwiesen.
Dabei zeigt sich die Studie in ihren Vorhersagen trotz zunehmender Lockerungen recht pessimistisch. Demnach sei anzunehmen, dass sich durch die Pandemie eingeführte Beschränkungen befestigen könnten und besonders die Kluft zwischen den Entwicklungsländern und Industriestaaten noch vergrößern wird. Als gutes (oder eben schlechtes) Beispiel ist hier das erstplatzierte Japan zu nennen. Obwohl mit einem japanischen Pass – nach Henley ein Wert von 192 – in immerhin 166 Ländern kein Visum benötigt wird, ist wiederum die Einreise nach Japan für nahezu alle Ausländer untersagt. Deutschland, dass sich den zweiten Platz mit Südkorea mit 190 Punkten teilt, verbietet derzeit immerhin noch aus rund 100 Ländern die Einreise. Gleichzeitig weist etwa Ägypten nahezu keine Reisebeschränkungen vor, erreicht im Ranking aber nur Platz 97. Ägypter können demnach gerade mal in 51 Länder ohne Visum einreisen.
„Aggressive Strategien zur Eindämmung der Migration“
Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass viele der anhaltenden Beschränkungen mit Absicht – besonders von jenen Industrienationen – aufrecht erhalten werden. Davon ist beispielsweise auch Prof. Mehari Taddele Maru, vom Universitätsinstitut der Vereinten Nationen, überzeugt, wie pressportal.de berichtet:
Der globale Norden verfolgt seit einiger Zeit aggressive Strategien zur Eindämmung der Migration durch die rigide Anwendung von Grenzkontrollen und untergräbt den Personenverkehr auf verschiedene Weise. COVID-19-assoziierte Reisebeschränkungen sind ein neuer Bestandteil des Instrumentariums zur Eindämmung der Migration, das der globale Norden einsetzt, um die Mobilität aus dem globalen Süden einzudämmen.
Prof. Mehari Taddele Maru
Auch bei Henley & Partner, Initiatoren des Henley Passport Index, scheint es ähnlich zu sehen. Deshalb mahnt auch Dr. Christian H. Kaelin darauf hin, dass „wenn wir die Weltwirtschaft wieder in Gang bringen wollen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Industrieländer die Zuwanderung fördern, anstatt an ihren überholten Beschränkungen und ihrem exklusiven Ansatz gegenüber dem Rest der Welt festzuhalten.“
Fazit zum neusten Henley Passport Index
Die Industriestaaten haben – wenig überraschend – auch die stärksten Pässe, wenn es um das Thema Reisen geht. Allerdings hat besonders die Reisefreiheit in den letzten 18 Monaten enorm unter den zahlreichen Beschränkungen gelitten. Dabei gelten diese teilweise noch immer, besonders für Entwicklungsländer. Genau dieses Festhalten an den Beschränkungen für eben jene Staaten, wird denn auch scharf kritisiert. Ob berechtigt oder nicht, ist schwer von außen zu beurteilen. Letztlich bleibt nur zu hoffen, dass sich die Welt aus Reisesicht weiter öffnen wird.
Es ist irgendwie logisch, dass die entwickeltsten, reichsten Länder sich am ehesten leisten können die Grenzen zu schließen, während ärmere Länder meist nicht die Möglichkeiten haben ihre Bevölkerung wirksam zu schützen. Das hat nicht viel mit Methode zur Bekämpfung der Immigration zu tun.
Immigranten aus den sehr armen / unsicheren Ländern halten sich, das ist gar nicht böse gemeint, auch erfahrungsgemäß eher nicht mit Formalitäten wie Reisepässe oder gültige Visa auf, sondern kommen einfach so über die grüne (oder nasse) Grenze.
Die Staatsbürger armer Länder konnten schon vor Corona meist nicht visafrei in reiche Länder einreisen. Die Beschränkungen reicher Länder treffen folglich primär andere reiche Länder. Und ganz unbegründet sind diese Beschränkungen in der Regel auch nicht, da Länder wie Japan, Neuseeland und Australien bei den Impfquoten erst jetzt zu den Ländern in Westeuropa oder Nordamerika aufschließen.
Diskussionspotential sehe ich somit lediglich bei den südamerikanischen Ländern, die früher zum großen Teil visafrei in die EU einreisen durften, jetzt aber nicht mehr. Einige dieser Länder haben auch ausgesprochen hohe Impfquoten. Hier dürfte der Hintergrund wohl einfach der sein, dass die EU-Staaten das Thema nicht auf dem Schirm haben (Ausländer mit EU-Aufenthalt dürfen ohnehin rein und raus, Touristen gibt es eher wenige) oder es als problematisch betrachtet wird, dass in einigen lateinamerikanischen Ländern viel mit Sputnik V und Sinopharm geimpft wurde, welche in der EU nicht zugelassen sind.