Vergleichsportale für Flüge gibt es ohne Ende. Doch ein Vergleichsportal für Bahnfahrten bisher noch nicht. Das könnte sich ändern.

Beim Bahnangebot in Europa fehlt im Vergleich zum Flugverkehr jegliche Transparenz, wo vor allem der Vertrieb darunter leidet. Die Lösung dafür könnte ein EU-Datenstandard sein, welcher es möglich macht, einfacher Angebote und Preise zu vergleichen. Chef des GDS-Lobbyverbands EU Travel Tech Emmanuel Mounier hat dafür erste Ideen entwickelt, wie die fvw berichtet.

“Heute entscheiden sich 80 Prozent für den Zug”

In puncto Schnelligkeit und Dauer triumphiert nicht immer nur das Flugzeug. Auch mit der Bahn kann man dank Hochgeschwindigkeitszüge beispielsweise innerhalb von knapp drei Stunden von Mailand nach Rom reisen. In Sachen Kosten ist das Bahnfahren hier ebenfalls attraktiv. Denn auf dieser Strecke konkurrieren die zwei Anbieter Trenitalia und Italo, was sich auch in den Ticketpreisen bemerkbar macht.

Trenitalia
Trenitalia

Bevor sie verkehrten, nahm jeder zweite Reisende für die Route das Flugzeug, die meisten anderen stiegen ins Auto. (…) Heute entscheiden sich 80 Prozent für den Zug.

Emmanuel Mounier, Chef des GDS-Lobbyverbands EU Travel Tech

Ein vergleichbares Beispiel ist auch die 620 Kilometer lange Strecke Madrid-Barcelona. Diese Route wird sowohl von der spanischen Renfe, mit einer Fahrtdauer von nur zweieinhalb Stunden, als auch von der SNCF-Billigtochter Ouigo angeboten. Inzwischen haben die beiden Bahnanbieter den Airlines schon viele Passagiere abgenommen.

Abschaffung von Monopolen

“Wo es Wettbewerb gibt und wo Reisende und Reisebüros die Angebote miteinander vergleichen können, da wird mehr Bahn gefahren”, so Mounier. “Für einen wirksamen unabhängigen Bahnvertrieb bedarf es regulatorischer Eingriffe, um die passenden Marktbedingungen zu schaffen” führte er fort. Zum Vorbild nimmt der Lobbyvertreter sich den Luftverkehr.

Emmanuel Mounier
Emmanuel Mounier, Chef des GDS-Lobbyverbands EU Travel Tech

In diesem Zusammenhang wird großen Bahngesellschaften wie der Deutschen Bahn (DB) vorgeworfen, dass sie bewusst den unabhängigen Vertrieb behindern würden, indem sie nur über eigene Programm wie dem DB-Navigator ihre Angebote präsentieren. In diesem Fall würden preisgünstigere Konkurrenzprodukte eben nicht dargestellt werden. “Solche Monopole wollen wir nicht mehr”, erklärte Mounier. An dieser Stelle sollte eine Pflicht für Betreiber eingeführt werden, “Echtzeitdaten auszutauschen”. Erst dieses Vorgehen würde es Geschäftsreisebüros ermöglichen, einfacher und schneller auf Angebotssuche zu gehen und zu vergleichen, welche die besten Optionen für die vom Kunden gewünschten Kriterien sind.

Bahnhof Stuttgart

Auch die Europäische Kommission scheint nicht abgeneigt zu sein von der Forderung der Travel-Tech-Anbieter. Ganz im Gegenteil – die Kommission hat es sich sowieso zum Ziel gesetzt, den Flugverkehr in der Union als auch im grenzüberschreitenden Verkehr zu reduzieren und den Verkehr vorwiegend auf die Schiene zu verlagern. So könnten die EU-Klimaziele besser erreicht werden.

Walter Götz, Kabinettschef der EU-Verkehrskommissarin Adina Valean äußerte sich wie folgt: “Die Bahn ist das effizienteste und sauberste Verkehrsmittel, wenn es darum geht, das Mobilitätssegment nachhaltiger zu gestalten”. Das größte Problem, das einen Durchbruch in der Bahnbranche verhindert, sieht Goetz in der großen Schwierigkeit, Tickets auf internationalen Strecken zu buchen.

Das Ziel für das kommende Jahr

Aus diesem Grund hat sich die Kommission für das kommende Jahr vorgenommen, Regeln zu entwerfen, die alle Bahnbetreiber dazu auffordert, ihre Daten frei verfügbar zu machen. Ziel ist der Schaffung eines EU-weit gültigen und einheitlichen Standards, damit es zu keinerlei Missverständnissen kommt. Das Resultat wäre, dass private Portale Zugriff auf die Angebote aller Bahnen hätten und dementsprechend Vergleichssysteme entwickeln könnten.

Die Hoffnung Mouniers ist, dass mit solch einem transparenten System auch niedrigere Preise einhergehen.

Dann machen die Bahnbetreiber bessere Preise und mehr Angebote, weil sie wissen, dass sie direkt mit den Produkten der Konkurrenz verglichen werden.

Emmanuel Mounier, Chef des GDS-Lobbyverbands EU Travel Tech

Es ist nicht zwingend erforderlich, dass die bestehenden Tarife sinken, doch Geschäftsreisenden wird so beispielsweise mehr Flexibilität eingeräumt als zuvor, da sie aus einem größeren Angebot auswählen könnten.

Beitritt der DB bei der Star Alliance ein erster Schritt

Emmanuel Mounier wünscht sich zunächst mittelfristig ein einziges Ticket für intermodale Reisen, welches Flug und Bahnfahrt miteinander kombiniert. Mit dem Beitritt der Deutschen Bahn als erste Nicht-Airline bei der Flugallianz Star Alliance, habe diese bereits den ersten Grundstein dafür gelegt. Doch Mounier schwebt etwas in größeren Dimensionen vor: “Kunden müssen die Produkte sämtlicher Mobilitätsanbieter im Markt miteinander verknüpfen können”.

Fazit zu den Plänen für den innereuropäischer Bahnverkehr

Das Buchen als auch das Fahren im innereuropäischen Bahnverkehr soll zukünftig vereinfacht werden. Hierfür soll ein System entwickelt werden, wo private Portale Zugriff auf die Angebote aller Bahnen hätten und darauf basierend ein Vergleichssystem erstellen können, wie man es schon von Flugvergleichsportalen kennt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass alle Anbieter ihre Daten preisgeben müssen. Ob diese dem Vorhaben einwilligen werden, bleibt also abzuwarten. Grundsätzlich, finde ich persönlich den Ansatz äußerst gut und auch hilfreich, um einen Überblick über alle möglichen Optionen zu erhalten.

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Autor

Nach einem vierwöchigen Roadtrip entlang der Westküste der USA, war es um Sophie geschehen. Die Faszination und Passion fürs Reisen hat sie gepackt und begleitet sie von nun an durchs Leben. Immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer, tauscht sie sich bei Reisetopia gerne mit anderen Reise-Enthusiasten aus.

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  • Die Bahn kann vor allem dann günstige Preise anbieten, wenn sie nicht gezwungen ist kostendeckend zu arbeiten, sondern staatlich (also von uns Steuerzahlern) subventioniert wird.

    Das war so bei der DB, jetzt dem 9 € – und 49 € -Ticket, und auch in Spanien wird kein Geld verdient; über das Vorzeigebeispiel Italien habe ich keine Informationen.

    Wenn man sich dessen bewusst ist und genau das politisch will, ist das auch völlig ok; ansonsten sind das Tagträume, denen man anhängt..

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