Vor mehreren Jahren wollte ich Freunde in Chicago besuchen und habe einen Flug gebucht, der mich über Amsterdam und Philadelphia ans Ziel bringen sollte. Wenige Stunden nach Start in Amsterdam mit der US Airways 757 ließ der Captain durchsagen, dass nun der Landeanflug gestartet wird – der Satz „It’s a normal procedure“ wurde mehrmals wiederholt. Ohne große Flugerfahrung wunderte ich mich über die deutlich schnellere Flugzeit über den Atlantik, um wenig später festzustellen: Das ist nicht Amerika, wir sind irgendwo anders notgelandet.
Wenn Roaming plötzlich interessant wird
Nach der Landung untersuchten mehrere Männer in Schutzuniformen die Triebwerke und wir wurden einige Zeit später in das sehr kleine Terminalgebäude gebracht. Ein Armeehelikopter startete zur linken und ich war mir sicher: Wir sind auf einer Militärbasis der USA gelandet. Trotz hoher Kosten habe ich bei meinen Eltern angerufen, woraufhin völlig verwirrte Mitarbeiter vom Auswärtigen Amt nach dem mutmaßlichen Versuch Minderjährige festzuhalten befragt wurden.
Die Kommunikation war katastrophal – keiner war sich bewusst, wo er sich genau befindet. Ich zückte also mein Smartphone und öffnete Google Maps, nur um eine komplett blaue Karte anzufinden. Was ich als technischen Fehler interpretierte, erwies sich nach dem Herauszoomen als meine aktuelle Position: Ich war in der Mitte des Atlantiks, im Westen Amerika und im Osten Europa.
Wenn das Triebwerk ausfällt
So saßen alle Passagiere im kleinen Terminal und es bildeten sich kleine Tumulte, keiner wusste so recht was eigentlich passiert ist. Nicht ganz zur Entspannung beigetragen hat das Verteilen von Azoren-Prospekten durch Flughafenpersonal – schließlich wollten wir alle nach Amerika weiterfliegen.
Irgendwann kam dann die Meldung, dass eines der zwei Triebwerke des Flugzeuges auf halber Strecke ausgefallen war. So musste der nächstgelegene Flughafen angesteuert werden, welcher auf den Azoren lag. Immerhin hatten wir nun die Gewissheit, dass wir nicht auf einer Militärbasis gelandet waren!
“Wir sind seit drei Tagen hier”
Wenig später wurden wir mit Bussen in ein Hotel gebracht mit dem Hinweis, gegen ein Uhr morgens am nächsten Tag vor dem Hotel zu warten, um zurück zum Flughafen gebracht zu werden. Im Hotel trafen wir andere Deutsche die uns mit den Worten begrüßten „Haben Sie Euch auch gesagt, Ihr fliegt morgen weiter? Wir sind seit drei Tagen hier!“. Nicht wirklich motiviert verbrachten wir so den Nachmittag und Abend im Hotel, um auf unsere Rückfahrt zu warten.
Gegen vier Uhr morgens erschienen nun endlich Busse für die Rückfahrt und wir wurden in einer eingeflogenen Boeing 767 weiter in Richtung USA geflogen. Mit 24 Stunden Verspätung landeten wir mittags in Chicago.
Die Quintessenz der Notlandung auf den Azoren
Im Nachhinein betrachtet, hätte es uns wirklich schlimmer treffen können. Ich habe einen Nachmittag auf den Azoren verbracht und die schöne Natur vor Ort gesehen, wurde mit Essen versorgt und erhielt drei Jahre später sogar noch die 600 Euro Kompensationszahlung für die lange Verspätung. In dem Moment damals war es allerdings ein großer Schreck – bis heute bleibt die Notlandung auf den Azoren dafür eine gute Geschichte!