Das Corona-Virus hat für die wohl schwerste Krise der Reisebranche in der modernen Zeit gesorgt – die Kritik an die Politik ist groß, Zahlen bestätigen die Annahme.
Auch wenn das Thema “Mallorca-Urlaub” für mehrere Wochen die Medienlandschaft in Deutschland dominierte, kann die Branche noch lange nicht von einem Aufschwung sprechen. Verhältnismäßig wenige Urlauber machten sich auf den Weg auf die beliebte Balearen-Insel. Trotz positiver Tendenzen sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie enorm. So verzeichnet die Reisebranche in Deutschland einen Rückgang von über 75 Prozent bei den Buchungen für den kommenden Sommerurlaub, wie die “Tagesschau” berichtet.
Buchungen um drei Viertel eingebrochen
Schon vor vielen Monaten wurde der erste Impfstoff zugelassen. Digitale Gesundheitszertifikate sollten das uneingeschränkte Reisen wieder ermöglichen. Die Realität sieht im April dennoch anders aus. Der internationale Reiseverkehr ist weiterhin stark eingeschränkt. Das sorgt für die schwerste Krise der Branche, nicht nur in Deutschland. Zahlen bestätigen dies auch für die kommende Sommer-Saison: die deutsche Reisebranche muss einen Rückgang von 76 Prozent bei den Buchungen für den kommenden Sommerurlaub verzeichnen.
Für die Sommersaison liegen die Buchungen gemessen am Umsatz um 76 Prozent unter den Zahlen im Vorjahreszeitraum.
Michael Frenzel, Präsident des Verbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW)
So musste die Branche auch für das aktuelle Frühjahr und die bevorstehende Sommer-Saison mehr Stornierungen als Buchungen hinnehmen. Ein positiver Trend lässt sich jedoch bei den langfristigen Buchungen für den Herbst und Winter verzeichnen. Eine Analyse von Travel Data + Analytics (TDA) beweist die positiven Buchungstendenzen für die kommenden Monate. Besonders auffällig ist hierbei der Großteil der Buchungen für den Spätherbst oder die Wintersaison 2021/2022. Während noch einige Buchungen im Februar auf Osterurlaube im April hofften, setzte die Mehrheit auf Urlaub im dritten und vierten Quartal des Jahres – die Hälfte aller Buchungen in diesem Monat konnte für den Herbst verzeichnet werden. Das sehe man auch daran, dass die Buchungsrückgänge für diese Zeit niedriger seien als in den Sommermonaten davor. Für September betrage der Rückgang demnach 36 Prozent, für Oktober 22 Prozent.
Die Mehrheit der Menschen setzt auf spätere Reisen im Herbst.
Michael Frenzel, Präsident des Verbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW)
Am neuen Berliner Hauptstadtflughafen sind bereits jetzt positive Tendenzen zu erkennen. Im vorherigen Monat März konnte der Flughafen BER erstmals steigende Verkehrszahlen verzeichnen. Die Ursache dafür liegt bei den Lockerungen der Einreisebestimmungen in vielen Ländern. Die Reisenden wollten ihren lang ersehnten Urlaub ermöglichen und nutzten dafür die freien Tage über Ostern.
Reiselust der Deutschen
Ein Viertel der Deutschen plant bereits eine Reise innerhalb von sechs Wochen nach Aufhebung der Beschränkungen zu buchen – das fand eine Umfrage durch das Reisetechnologieunternehmen Amadeus heraus. Helfen sollen dabei sogenannte digitale Gesundheitszertifikate. Die Befürwortung der Deutschen solcher Instrumente ist groß. Einreisebeschränkungen aller Länder sehen mittlerweile eine Vielzahl individueller Formalitäten vor. Apps sollen allen Beteiligten einen besseren Überblick verschaffen. Während die Deutschen auf die Aufhebung der internationalen Reisebeschränkungen warten müssen, befindet sich der Inlandsflugverkehr in den USA wieder nahezu auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
Die Politik muss aufhören, bestehende Modellprojekte im Tourismus abzumoderieren, selbst wenn in Regionen wie Schleswig-Holstein die Corona-Inzidenzen niedrig sind.
Michael Frenzel, Präsident des Verbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW)
Nach Kritik des Branchenverbands DEHOGA, der deutschen Fluggesellschaften sowie Veranstalter, schaltet sich nun auch der Verbandspräsident des BTW, Michael Frenzel, ein und warnt die Politik vor den Folgen der andauernden Beschränkungen. Der TUI-Chef Joussen hingegen möchte die Hoffnung für einen andauernden Anstieg der Buchungszahlen für die kommenden Wochen und Monate noch nicht aufgeben.
Ich weiß nicht, was die Politik in den nächsten Wochen entscheidet. Was ich aber sehe, sind einige gute Signale und Entwicklungen – in Heimat- wie Zielländern der Kunden.
Fritz Joussen, Chef der TUI AG
Gleichzeitig verteidigt der Chef des größten Touristikkonzerns das Reiseangebot nach Mallorca. Die eingeführten Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen seitens der Politik und der Wirtschaft in den jeweiligen Ländern und Regionen würden nicht für einen Anstieg der Infektionszahlen bei Rückkehr nach Deutschland sorgen.
Fazit zu den aktuellen Buchungszahlen
Ein Jahr Corona-Pandemie und die Branche befindet sich noch immer in einer tiefen Krise. Lang ausgearbeitete Konzepte werden von der Politik in Deutschland nicht berücksichtigt – die Branche kritisiert das Vorgehen schon seit längerer Zeit. Während aktuelle Buchungszahlen noch keinen kurzfristig positiven Trend verlauten lassen, möchten Unternehmen wie die TUI AG noch nicht ganz die Hoffnung aufgeben.