Am vergangenen Montag fand das digitale Forum zum Deutschen Hotelkongress und Hotelier der Fachzeitschrift ahgz statt. Gemeinsam mit namhaften Vertretern wurde die aktuelle Stellung der Hotelbranche in der Coronakrise erörtert, mit einerseits bedrückenden Äußerungen andererseits aber auch einem Hauch Optimismus.
Viele Branchen leiden unter der Coronakrise. Dazu zählt besonders der Tourismussektor inklusive der Hotellerie. Seit nun mehr als drei Monaten sind Hotels erneut geschlossen und an eine baldige Wiedereröffnung denkt derzeit kaum jemand. Zwar sinken die Zahlen, Politiker und Experten halten sich jedoch angesichts möglicher Lockerungen bedeckt. Im Forum der Fachzeitschrift ahgz ging es deswegen um die aktuelle Situation sowie die Zukunft der Hoteliers – Prognosen zum Zeitpunkt von Hotelöffnungen wurden ebenso kund getan wie Meinungen bezüglich einer Öffnung ab einer bestimmten Inzidenz oder unter Voraussetzung einer Impfung.
Die Not der Branche ist groß
Besonders gut steht es derzeit nicht um die Hotellerie – nicht nur in Deutschland. Denn aufgrund der Restriktionen fehlen vielen Ländern die Touristen und Hotels bleiben geschlossen. Im am Montag stattfindenden digitalen Forum zum Deutschen Hotelkongress und Hotelier der Fachzeitschrift ahgz sprachen die Top-Vertreter der Branche über den aktuellen Stand und die Hoffnung auf baldige Besserung. Dazu gehörten Marcus Bernhardt, CEO, Deutsche Hospitality (zu der auch die Steigenberger Hotels gehören), Christoph Hoffmann, CEO der Lifestyle-Marke 25hours Hotels, Otto Lindner, Vorsitzender des Vorstandes des Hotelverbands Deutschland und Inhaber der Lindner Hotels und Susanne Gräfin von Moltke, Vorstandsmitglied, Relais & Chateaux und Eigentümerin des Relais & Chateaux Hotels Gut Steinbach.
Nach nunmehr zehn Jahren aufstrebender wirtschaftlicher Entwicklung der Branche hat die Coronakrise einen harten Einschnitt vollzogen. Vielmehr verzeichnet Otto Lindner derzeit einen seitwärts Trend der Branche. Die Not der Branche ist derzeit größer denn je und muss ein baldiges Ende haben, sind sich alle Vertreter des Forums einig. Auch wenn in diesem Jahr viele Hotelneueröffnungen einiger großer Hotelketten, wie Marriott, Hyatt oder auch Accor anstehen, so sind die Projekte schon vor der Coronakrise unterzeichnet worden und Eröffnungen mussten verschoben werden. Dazu zählt auch die Neueröffnung des ersten 25hours Hotels in Dubai. Nach einem kleinen Hoch im Sommer folgte bekanntermaßen der zweite harte Lockdown.
Betrachtung der Gesamt-Inzidenz Deutschlands nicht mehr sinnvoll
Otto Lindner ist zudem davon überzeugt, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten einige Gegenbewegungen in der Politik, aufgrund von Landtags- und Bundestagswahlen sehen. Ein konkretes Beispiel ist der Fahrplan des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), der in seinem Konzept Lockerungen je nach Inzidenzwert vorsieht, beispielsweise Hotelöffnungen ab einem Wert unter 50. Die Hotellerie blickt diesem insbesondere gespannt entgegen, denn ein Blick ausschließlich auf die Inzidenz ist nicht mehr sinnvoll.
Der zweite Lockdown hat uns deutlich härter getroffen. Die Reserven sind aufgebraucht. Wir sind keine Corona-Treiber. Wir dürfen nicht nur auf die Inzidenzen schauen, sondern müssen auch andere Parameter berücksichtigen.
Otto Lindner, Vorsitzender des Vorstandes Hotelverband Deutschland
Daher hofft Otto Lindner auf eine Differenzierung nach Landkreisen, denn in einigen befindet sich der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen bereits unter 50.
Beim Forum war im Zuge dessen natürlich auch das Thema Impfen ein Thema, doch auf etwaige Vorteile für Geimpfte wollte sich keiner konkret aussprechen. Vielmehr muss die Bundesregierung ihre Strategie neu ausrichten, so Otto Lindner. Statt krampfhaft die leeren Testzentren zu füllen, müsse man deutlich mehr Testen. Auch bei den Hilfen sehen die Branchenvertreter noch deutliches Potenzial nach oben.
Mehr als die Hälfte der Betriebe warten auf November-Hilfe
Ein großes Versagen der Politik sehen Lindner und Marcus Bernhardt somit in der Ausgabe der Novemberhilfen. Von dieser Hilfe, die einen Verfügungsrahmen von einer Million Euro besitzt, wurden bislang nur 44 Prozent ausgezahlt. Vorrangig an kleine und mittelgroße Hotels. Große Hotelketten, wie die Deutsche Hospitality und damit auch die Steigenberger Hotels warten immer noch auf die rund 10.000 Euro.
Es ist unverständlich, dass die November-Hilfe erst im Februar kommt.
Otto Lindner, Vorsitzender des Vorstandes Hotelverband Deutschland
Teilweise wird die Hilfe auch nur pro Unternehmen und nicht pro Betrieb ausgezahlt, was laut ihnen ein weiterer großer Fehler ist, an dem der Branchenverband mit der Politik arbeiten muss. Auch Marcus Bernhardt, der erst im vergangenen September neuer CEO der Deutsche Hospitality wurde, ist empört über die Arbeit der Politik.
Ich habe keinerlei Verständnis. Es hat fast den Anschein, als betreibe man bei der Hotellerie und Gastronomie aktive Sterbehilfe. Für viele wird die Hilfe zu spät kommen. Die Politik ist hier gefordert. Wir sind sehr enttäuscht.
Marcus Bernhardt, CEO, Deutsche Hospitality
Hoteleröffnung zwischen Ostern und Pfingsten
Schon der Tourismusexperte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, machte in einem Interview mit ntv-Frühstart deutlich, dass er innerdeutsche Urlaube zu den Osterferien kaum für möglich sieht. Mehr Reisefreiheit erwarte er erst zu Pfingsten. Auch Otto Lindner machte in ahgz Forum deutlich, dass er keine Hoteleröffnungen am 15. Februar sieht, sondern die Öffnungen eher zwischen Ostern und Pfingsten stattfinden werden.
Dennoch blicken Hoteliers wie etwa Bernhardt positiv in die Zukunft – die Schließzeit hat er bereits genutzt, um die Marke neu aufzubauen. Änderungen an ihrer Strategie sollten aber auch andere Hoteliers in Betracht ziehen, denn Kunden werden nach der Krise andere Bedürfnisse haben.
Hotels sollten sich neu ausrichten
Bernhardts Ziel ist es deswegen in den kommenden Monaten und vielmehr auch Jahren, in die Spitzengruppe der Hotels aufzusteigen. Bis 2025 will die Gruppe von den 120 Hotels auf 700 Hotels wachsen, 25 Prozent davon mit Neueröffnungen. Klappen soll das mit dem neuen Eigentümer, der chinesischen Huazhu Group. Alleine in diesem Jahr werden in China fünf neue Steigenberger Hotels eröffnen.
Hoffmann, CEO der Lifestyle-Marke 25hours Hotels hat sich ebenfalls mit der Zukunft der Hotelmarke und die Bewegungen der Gäste beschäftigt. Auf was legen die Gäste nach der Coronakrise wert? Welche Hotels braucht der Markt? Spannende Fragen, zu denen er einen klaren Standpunkt vertritt. Durch die Übernahme durch den Hotelriesen Accor wächst die Lifestyle-Marke auch international und in diesem Jahr steht die Eröffnung des Hotels in Dubai und in Florenz an. Durch den starken Partner im Hintergrund konnten mehr Projekte realisiert werden, die den Gästen auch längere Aufenthalte ermöglichen. Etwas, wo er einen klaren Fokus in der Zukunft sieht.
Auch für Susanne Gräfin von Moltke, die nicht nur für die 16 Relais & Chateaux Hotels in Deutschland spricht, sondern auch für ihr eigenes, gibt es klare Gewinner der Pandemie. Beispielsweise die Ferienhotellerie auf dem Land, in der Natur. Laut ihr plant in diesem Jahr fast die Hälfte der Deutschen Bevölkerung einen Urlaub im eigenen Land und dieser Trend hat großes Zukunftspotenzial. Mit den weltweit 580 Hotels in 60 Ländern sieht sie bei den Relais & Chateaux einen klaren Vorteil, denn den Menschen geht es in diesen Zeiten auch um das lokale Erbe und um Nachhaltigkeit.
Wenig Zukunft für reine Kongress- und Übernachtungs-Hotels
Ein Hotelprojekt, das Marcus Bernhardt als CEO der Deutsche Hospitality durch die Coronakrise nicht mehr unterschreiben würde, ist das Steigenberger Kongress Hotel Frankfurt Airport im Entwicklungsgebiet Gateway Gardens. Eigentlich sind in den zwei miteinander verbunden Gebäude 527 Zimmer und Suiten, die sich auf zwei miteinander verbundenen Gebäudetürme verteilen, sowie ein Kongress- und Konferenzzentrum-Komplex von 5.500 Quadratmetern.
Konferenzbereiche werden nicht mehr so wichtig sein, wie 2019.
Marcus Bernhardt, CEO Deutsche Hospitality
Aus diesem Grund hofft er, mit dem Flughafenhotel Frankfurt noch in eine andere Richtung gehen zu können. Wichtig ist für ihn dennoch, dass das Produktportfolio auch in Zukunft vielfältig bleibt und nicht nur auf eine Sparte, wie beispielsweise Luxushotels gesetzt wird. Otto Lindner ist, wie die anderen Branchenvertreter auch, der Ansicht, dass vor allem Hotels mit einem Mehrwert für die Gäste nach der Krise eine Zukunft haben. Aus diesem Grund müssen jetzt besondere Konzepte umgesetzt werden. Auf mittlerer Sicht rechnet er dennoch mit einem harten Wettbewerb in der Hotellerie, besonders im Geschäftsreisesegment. Auch Christoph Hoffmann, CEO von 25hours, sieht ein Problem für Hotels, die sich ausschließlich auf Übernachtungen fokussieren. Er schätzt, dass in absehbarer Zeit vermehrt kleine Messen in Hotels stattfinden und der Fokus auf Individualität liegen wird.
Fazit zum aktuellen Stand der Hotelbranche in Deutschland
Beim Forum bekam man spannende Einblicke in die aktuelle Lage der Hotels. Dass es den Hoteliers dabei nicht besonders gut geht, war klar zu erkennen. Kritik gab es dabei seitens der Politik mit Blick auf die November-Hilfen sowie die Strategie rund um die Impfungen und einer Öffnung ab einer bestimmten Inzidenz. Auch wenn sich die Experten einig sind, dass sich Hotels neu ausrichten müssen, wird es laut ihnen trotzdem einige “Verlierer” in der Branche geben, die in oder nach der Krise schließen müssen. Dennoch blickt die Hotellerie positiv in die Zukunft und sieht sich, sicherlich zerrüttet aber solidarischer als vor der Krise und vor allem als Einheit.
Tja, in Nürnberg und Umgebung mussten bereits die ersten Hotels aufgeben und ihren Betrieb dauerhaft einstellen. Nicht gut. Auch die Aussicht, dass ein Osterurlaub nicht mal in Deutschland möglich sein soll, ist für mich ein Schlag ins Kontor. Ostern wäre für viele Hoteliers und Reisende wenigstens so etwas wie eine Perspektive gewesen. Ich hoffe trotzdem, dass bei entsprechend niedrigen Zahlen der Osterurlaub in Deutschland noch möglich wird.