Der Airbus-Chef zeigt sich nach nahezu einem Jahr der eingestellten wirtschaftlichen Kooperation mit Russland besorgt über die dortige Nutzung der Maschinen des Herstellers.
Russland ist nunmehr seit einem Jahr nahezu gänzlich von der westlichen Wirtschaft abgeschnitten, eine Kooperation ist wegen der Vielzahl an verhängten Sanktionen gegen den Aggressor in der Ukraine nicht mehr möglich. Dass dies gravierende Probleme für die russische Luftfahrtindustrie bedeute, war allen Beteiligten schnell bewusst. Neben der Fertigung eigener Flugzeuge in Russland, für die nun unrealistische Lieferverträge aufgesetzt wurden, nutzt man allerdings auch Maschinen weiter, die westlichen Leasingfirmen de facto gestohlen wurden, so aerotelegraph. Mit welchen Methoden versucht wird, diese am Laufen zu halten und Wartungen zu umgehen, zeigen wir Euch im Folgenden.
Mehr Nachfrage als vor Pandemie?
Obwohl die Luftfahrtindustrie in Russland sich einer großen Anzahl an Herausforderungen gegenübersieht, scheint der Kurs, der aktuell gefahren wird, zunächst zu funktionieren. Auch wenn das Land und die ehemaligen auftraggebenden Fluggesellschaften schon seit fast einem Jahr weder von westlichen Flugzeugen noch der Lieferung von wichtigen Ersatzteilen Gebrauch machen können. Demnach war die Nachfrage nach Flugreisen im zweiten Halbjahr 2022 so groß, dass mehr Flüge durch russische Airlines durchgeführt wurden als noch vor Pandemiebeginn im Jahr 2019.
Wir haben eine gewisse Sichtbarkeit, aber natürlich weniger als vor dem 24. Februar letzten Jahres.
Guillaume Faury, CEO Airbus
Für Airbus selbst ist das weniger ein Problem, denn die hohe Nachfrage für Flugzeuge auf dem Markt gleicht den Wegfall der russischen Bestellungen allemal aus. Dennoch beobachtet man teilweise mit Sorge, wie mit den vor der Verabschiedung der Sanktionen bestellten Flugzeugen im Land verfahren wird, denn man habe selbst keine Möglichkeit zu handeln.
Problematische Wartung
Besonders die Wartung und Instandhaltung der noch vor Kriegsbeginn gelieferten Maschinen gestaltet sich demnach als schwierig, da keine Ersatzteile geliefert werden dürfen. Die eigene Produktionskapazität von russischen Flugzeugen ist ebenfalls noch lange nicht groß genug, um die westlichen Fluggeräte zu ersetzen. Da zu dem Ersatzteilmangel auch die ausländische Expertise bei der Wartung fehlt, versucht man in Russland die Regierung dazu zu bringen, Intervallverlängerungen bei der Wartung und Erleichterungen bei der Dokumentation des Wartungszustandes zu billigen.
Während es in diesem Belangen noch keine Entscheidung der Regierung gibt, werden bereits neue Maschinen, die noch kurz vor der Verabschiedung der Sanktionen ausgeliefert wurden, ausgeschlachtet und zu Ersatzteillagern umfunktioniert. Dies geschah in der Vergangenheit bereits mit einem Airbus A350, um den Betrieb der anderen Flugzeuge dieser Baureihe gewährleisten zu können. Doch auch in Russland hergestellte Flugzeuge wie Superjets enthalten viele westliche Bauteile, die noch nicht in großem Maße in Russland hergestellt werden können.
Fazit zur russischen Nutzung westlicher Maschinen
Die Besorgnis darüber, dass die Passagiersicherheit bei einer unregelmäßigen oder ungenauen Wartung der westlichen Flugzeuge, die sich noch in russischem Besitz befinden, nicht gewährleistet werden kann, ist groß. Dennoch kann durch die Sanktionen, die gegenüber Russland beschlossen wurden, nicht eingegriffen werden. Die Verzweiflung auf russischer Seite scheint erheblich zu sein, wurden bereits neue Maschinen für die künstliche Ersatzteilgewinnung aufgegeben. Eine langfristige Perspektive bietet diese ignorante russische Luftfahrtpolitik wohl aber nicht.
Etwas auf Verschleiß zu fahren, kann sehr lange funktionieren. Ich bin in der DDR aufgewachsen, da war so etwas Standard. Mein Highlight: Hochdruckkompressoren für die Ammoniakherstellung in Leuna. Die wurden 1915 errichtet und waren – selbst dem 2. Weltkrieg zum Trotz – 1980 noch voll in Betrieb. Natürlich mit katastrophalem Wirkungsgrad und möglicherweise Gasverlusten.
Bei den Flugzeugen wird es mit einiger Wahrscheinlichkeit wohl so weit kommen, dass bei einem oder mehreren Flugzeugen ernsthafte Problem im Betrieb auftreten. Hoffen wir einmal das Beste für eine möglichst passagierfreundliche Version von “ernsthaft”.
Alles sehr, sehr traurig. Mir ist beispielsweise die wirklich nette Flugbegleiterin in einer schnuckeligen Jak-40 in Erinnerung. Klar, ist ein wenig her.
der Autor stellt sich mit Maske vor, ich glaube es nicht!