Regelmäßig beschäftigen wir uns mit den aktuellsten News und ordnen diese ein. Dabei beschäftigen wir uns aber auch mit möglichen Entwicklungen in der Luftfahrt – in diesem Artikel ganz konkret mit der Zukunft von Luftfahrtallianzen.
News, Guides, Erfahrungsberichte – dazu eine breite Auswahl an exklusiven Stories und Kolumnen. Das macht den Content auf reisetopia aus. Dabei wollen wir den Lesern einen Mehrwert bieten, aber auch den eigenen Angestellten. Regelmäßig tauschen wir uns deshalb zu den aktuellen Themen der Luftfahrt aus. Aber auch die Zukunft spielt dabei eine Rolle. Haben Luftfahrtallianzen in dieser Zukunft noch einen berechtigten Platz verdient oder handelt es sich dabei um ein Auslaufmodell?
Expansion des Konzerns, nicht der Allianz
Vor einigen Tagen erschien bei airliners.de ein Artikel mit einer spannenden These. Die Lufthansa würde sich demnach keine Airlines kaufen, sondern ganze Märkte. Dabei bezieht man sich im Artikel auf das Übernahmeangebot von ITA Airways durch Lufthansa. Und in der Tat: Während man bei der Star Alliance schon lange keinen relevanten Neuzugang mehr vermelden konnte, so setzt die Lufthansa auf Expansion des eigenen Konzerns. Nachdem man bereits in den vergangenen Jahren erfolgreich Austrian Airlines, Swiss und Brussels Airlines akquirieren konnte, soll ITA Airways nur der nächste Schritt sein.
Denn mit TAP Air Portugal schielt man ebenfalls schon seit längerer Zeit auf die nächste Airline, die man übernehmen möchte. Während die Übernahme von ITA Airways aber noch kreativer anmutet, würde man mit TAP einen ohnehin schon vorhandenen Partner nur näher an sich heranholen. Dabei spart sich die Lufthansa und die Star Alliance mögliche Gespräche und Verhandlungen über den Rahmen einer Partnerschaft und übernimmt lieber gleich ganze Airlines. Ein Trend, der sich nicht bei jeder Allianz erkennen lässt. Während das SkyTeam bei einer recht geringen Größe stagniert, will die oneworld auf Wachstum setzen.
Dabei wird diese Luftfahrtallianz, die eigentlich mitunter als exklusiv mit vielen verschiedenen Premium-Airlines wirkt, vor allem von den Plänen Qatar Airways’ getrieben. Die Airline will ein schnelles Wachstum der oneworld vorantreiben. Mit Alaska Airlines konnte man im vergangenen Jahr bereits erfolgreich eine neue Airline integrieren. Mit Starlux wird bereits die nächste Airline debattiert. Dabei scheint es so, als würde Qatar Airways vor allem den eigenen Einfluss weltweit vergrößern wollen und dabei eine Airline schaffen, die eben unter vielen verschiedenen Airlines agiert. Welche Ausmaße dies annimmt, lässt sich bei den Partner-Airlines aktuell sehr gut erkennen.
Wegen des Streits von Qatar Airways mit Airbus um den A350, fehlt es beim Golf-Carrier aktuell massiv an Langstreckenflugzeugen. Um die hohe Nachfrage und die eigenen Pläne stillen zu können, müssen Partner-Airlines einspringen. So kommt es, dass American Airlines und Finnair für Qatar Airways nach Doha fliegen müssen. Bei Finnair wird Doha mittlerweile sogar aus drei verschiedenen Städten Skandinaviens angeflogen. Dabei kommt die modernste Kabine zum Einsatz, samt neuer Premium Economy sowie Business Class. Und hier darf Qatar Airways Sitze sogar exklusiv selbst vermarkten. Die Allianz wird also neu gedacht.
Übernahmen konsolidieren den Markt
Die Ansätze sind also verschieden. Die Lufthansa und Star Alliance scheint auf Übernahmen und Fusionen zu setzen. Ein Trend, der durch die Corona-Pandemie beschleunigt wird. Die vergangenen Jahre trieben einige Airlines in ein immer größer werdendes Loch. Airlines, die ohnehin am Rande ihrer Existenz standen, mussten in die Insolvenz gehen oder wurden in letzter Sekunde noch vom Staat gerettet. Diese Airlines sollen wieder privatisiert werden. Ein Markt, der vor der Pandemie überfüllt mit verschiedenen Airlines war, scheint “dank” der Pandemie konsolidiert zu werden.
Ein Trend, den einige Airlines auch fürchten. Denn die Rettung der Staaten rief vor allem Ryanair auf den Plan. Der Lowcost-Carrier witterte Marktmanipulation. Stattdessen hätte man laut Ansicht Ryanairs alle Airlines scheitern lassen sollen, die sich nicht selbst retten konnten – oder eben alle mit finanziellen Mitteln unterstützen. Ryanair setzt dabei auf keine Allianz, dafür aber auf ein Wirtschaftsmodell, was mehrere Länder und ihre jeweiligen Vorteile hervorhebt. Dementsprechend ist Ryanair auch nicht für eine bestimmte Regierung greifbar und wurde bei Staatshilfen außer Acht gelassen.
Stattdessen sieht sich Ryanair-Chef O’Leary gezwungen, vor möglichen Übernahmen und Fusionen zu warnen – und das in diesem Fall sogar berechtigt. Je geringer das Angebot wird, desto höher steigen die Preise. Wenige Airlines können den Markt kontrollieren. Der Einfluss in Europa durch die Star Alliance ist immens, allein durch die Präsenz der Lufthansa Group. Und auch die IAG, die International Airlines Group – Eigentümerin von British Airways, Iberia und weiteren Airlines -, setzt auf Wachstum des Konzerns. So arbeitet die Gruppe bereits seit geraumer Zeit an einer Übernahme von Air Europa, einem aktuellen SkyTeam-Mitglied.
Think outside the Allianz
Sollte ITA Airways tatsächlich zur Lufthansa übergehen und Air Europa zur IAG, so würde das SkyTeam zwei weitere wichtige Airlines im Verbund verlieren. Die Luftfahrtallianz würde dementsprechend auch an Einfluss verlieren. Lässt sich damit der neue Trend erkennen? Verlieren Allianzen an Wichtigkeit für die Airlines? Bleiben wir beim SkyTeam.
Die Luftfahrtallianz um Delta Air Lines konnte in den vergangenen Monaten und Jahren auch Erfolge vermelden. Mit LATAM konnte man der oneworld einen der wichtigsten Partner der gesamten Allianz abwerben. Und auch Virgin Atlantic soll in wenigen Wochen offiziell dem SkyTeam beitreten. Dass die Allianz aber nicht über allem steht, zeigen beide Airlines deutlich. Virgin Atlantic arbeitet schon seit vielen Jahren eng mit Delta Air Lines zusammen, verlässt sich aber auch auf Zubringerflüge der oneworld-Airline British Airways. Sicherlich wird man mit dem Beitritt zum SkyTeam zukünftig auch vermehrt auf Air France und KLM setzen können, wer aber nimmt zwei Umstiege in Europa in Kauf, um mit Virgin Atlantic zu fliegen?
Und auch LATAM scheint über die Grenzen der Allianz hinweg zu denken. So vertiefte die südamerikanische Airline zuletzt ihre Partnerschaft mit der Lufthansa und ihrem Vielfliegerprogramm Miles & More. Prämienflüge lassen sich so ab verschiedenen Airports innerhalb Europas auch mit LATAM buchen. Und auch innerhalb Nord- und Südamerikas bietet Miles & More dank LATAM einige spannende Sweetspots.
Ein Umdenken, was auch bei der Star Alliance stattfindet. Denn statt neue Airlines für die Allianz zu gewinnen, geht man mit Airlines Partnerschaften ein, die vor wenigen Jahren undenkbar waren. So machten Emirates und United Airlines keinen Hehl daraus, an einer Partnerschaft kein Interesse zu haben. Emirates gilt dabei sogar als Paradebeispiel für eine Airline, die sich ganz bewusst gegen eine Allianz stellt und stattdessen strategische Partnerschaften mit vielen Airlines auf bestimmten Ebenen führt. Und dennoch konnten beide Airlines zuletzt eine Partnerschaft erfolgreich vermelden. Diese sieht unter anderem Codeshare-Abkommen vor.
Dabei sollte man davon ausgehen, dass Emirates nicht näher an die Star Alliance heranrückt. Stattdessen öffnen sich Airlines und Allianzen für neue Partnerschaften. Vielleicht ein Trend, der in Zukunft noch mehr Anklang finden wird?
Fazit zur Zukunft der Luftfahrtallianzen
Luftfahrtallianzen werden sicherlich immer ihre Existenz in der Luftfahrt behalten und es wird bestimmt auch nie den Stichtag geben, der alles verändern wird. Aber die Wichtigkeit einer Allianz für bereits existierende Airlines und Airlines außerhalb der Allianzen dürfte immer mehr an Stellenwert verlieren. Stattdessen dürften Airlines vielmehr auf strategische und ganz gezielte Partnerschaften setzen und damit über die Grenzen hinweg schauen. Und ich würde es ehrlich gesagt begrüßen. Damit gewinnen alle Beteiligten an mehr Flexibilität, auch wenn viele Fragen offen bleiben dürften. Wie ist das mit der Anerkennung der jeweiligen Vielfliegerprogramme, wer ist für mich zuständig und wie verlässlich ist so eine Partnerschaft auf lange Sicht. Aber ich persönlich glaube, dass die Idee einer Luftfahrtallianz in Zukunft mehr auf einzelne Partnerschaften übertragen wird.
Wie wird sich die Relevanz von Luftfahrtallianzen entwickeln? Haben diese überhaupt eine tatsächliche Auswirkung auf Eure Kaufentscheidung?