Kampfjets am Himmel über Deutschland: Im Rahmen von “Air Defender 23” wappnen sich 25 Nationen für den Ernstfall. Was bedeutet das für zivilen Luftverkehr?

Für knapp zwei Wochen findet die große NATO-Übung statt, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Am Vorabend wurde noch gegen das internationale Luftwaffenmanöver demonstriert, dennoch starten gestern die ersten Flugzeuge in den drei betroffenen Lufträumen. An vielen deutschen Flughäfen wie dem BER wird mit Beeinträchtigungen des Flugverkehrs durch “Air Defender 23” gerechnet. In welchem Ausmaß müssen Passagiere mit Einschränkungen des zivilen Luftraums rechnen?

Welche Auswirkungen hat die NATO-Übung für Passagiere?

Unter dem Namen “Air Defender 23” findet seit gestern die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Gründung der NATO statt. Zwischen dem 12. und 23. Juni üben die 24 NATO-Staaten und der NATO-Partner Schweden die gemeinsame Zusammenarbeit im Luftraum. An den Standorten Wunstorf, Schleswig/Hohn, Geilenkirchen, Spangdahlem, Lechfeld und Neuburg werden außerdem Luftfahrzeuge von Partnernationen stationiert sein. Mehr als 10.000 Soldatinnen und Soldaten sowie über 250 Flugzeuge sind an der Übung gebunden, die in drei großen Lufträumen stattfindet.

Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs durch die NATO-Übung werden erwartet, sollen sich laut Bundeswehr jedoch im Rahmen halten. Allerdings hat die europäische Flugsicherungsorganisation Eurocontrol ein mögliches Szenario errechnet, das bis zu 50.000 Verspätungsminuten pro Manövertag ausweist, berichtet das ZDF. Das entspräche bei rund 10.000 Flugbewegungen einem Tag mit schwerem Unwetter und den entsprechenden Auswirkungen auf einen reibungslosen Flugverkehr.

Air Defender 23 Luftübungsräume
Quelle: Bundeswehr

Es wird mit Verkehrsverdichtungen, Flugverspätungen und -Umleitungen wie auch Kapazitätsengpässen im europäischen Flugraum gerechnet. Laut der Bundeswehr werden Flugausfälle aufgrund der ausführlichen Planung bis dato nicht erwartet:

Alle Beteiligten, zuvorderst die Luftwaffe selbst, die Deutsche Flugsicherung, Eurocontrol, Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber tun alles dafür, die Belastung durch Air Defender 23 für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. 

Günter Katz, Generalleutnant und Kommandierender General des Luftwaffentruppenkommandos in Köln

In enger Zusammenarbeit mit den für die Flugsicherung zuständigen Behörden, den Airlines sowie den zivilen Flughäfen wurden Abläufe und Verfahren im Voraus optimiert, um die Auswirkungen auf den zivilen Flugverkehr weitestgehend zu minimieren, heißt es.

Wann sind welche Lufträume gesperrt?

Die drei Luftübungsräume werden nur zeitversetzt und für bis zu vier Stunden maximal täglich für NATO-Übung genutzt. In diesen Zeitfenstern stehen die Lufträume dem zivilen Luftverkehr nicht zur Verfügung:

  • Luftraum Ost (Mecklenburg-Vorpommern bis Ostsee) von 10 bis 14 Uhr
  • Luftraum Süd (Bayern bis Baden-Württemberg) von 13 bis 17 Uhr
  • Luftraum Nord (über der Nordsee) von 16 bis 20 Uhr

Wer am 17. oder 18. Juni in Deutschland abfliegt oder ankommt, kann aufatmen, denn am Wochenende wird die Übung ausgesetzt.

An welchen Flughäfen gibt es aktuell Einschränkungen durch die NATO-Übung?

Im Rahmen von “Air Defender 23” wurden bislang keine Flugannullierungen veröffentlicht. Die Tagesschau berichtet jedoch bereits über diverse Verspätungen am ersten Übungstag am Flughafen Hamburg. An den Flughäfen in Frankfurt am Main, Berlin, Düsseldorf und Köln/Bonn hat die NATO-Übung bisher noch nicht zu nennenswerten Einschränkungen im Flugbetrieb geführt. Der Flughafen Nürnberg meldet zwar gestern vereinzelte Verspätungen. Diese sollen aber nicht durch die NATO-Übung zustande gekommen sein.

Das könnte sich allerdings in den folgenden Tagen noch ändern, berichtet Airliners. Am Montagabend gab der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zu verstehen, dass die Übung am ersten Tag mit “vergleichsweise noch geringem militärischen Flugbetrieb” begonnen habe:

Wir gehen davon aus, dass an den folgenden Tagen die Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs aber zunehmen werden, insbesondere mit Verspätungen in den Abendstunden.

Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer BDL
Flughafen

Informiert über etwaige Verspätungen oder gegebenenfalls Annullierungen werden Passagiere über die gängigen Kanäle. Größere Änderungen werden in der Regel per Mail angekündigt. Um den Flugstatus zu prüfen, lohnt sich außerdem ein Blick auf die Homepage der jeweiligen Airline.

Das Nachtflugverbot wurde zudem in manchen Städten im Rahmen der Übung aufgeweicht. Am Flughafen Zürich wurden die Nachtflugregeln aufgrund der NATO-Übung gelockert und auch am Flughafen Düsseldorf sind für die nächsten zwölf Tage Nachtlandungen erlaubt. Genauso wie in Berlin dürfen Flugzeuge in Düsseldorf auch noch später landen, wenn der Flug durch die Übung verspätet ist – allerdings nur dann. Sonst gelten die Nachtflugverbote auch weiterhin.

Welche Kritik gibt es an der NATO-Übung?

Bereits im Voraus war Kritik gegenüber der NATO laut geworden. In Wunstorf und Hannover wurde daher gegen “Air Defender 23” demonstriert. Auch am Sonntag haben sich in Pfalzheim in der Kyritz-Ruppiner Heide rund 150 Menschen gegen die NATO-Übung aufgelehnt. Die Demonstranten legten unter anderem mit blauen Tüchern ein großes Friedenszeichen. Die Planungen für “Air Defender 23” hätten allerdings schon vor fünf Jahren begonnen, entgegnet Luftwaffengeneral Günter Katz:

Die Entscheidung ist bereits 2018 getroffen worden und hat tatsächlich mit dem Russland-Ukraine-Krieg nichts zu tun.

Günter Katz, Generalleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr

Die Demonstrationen verliefen allerorts weitestgehend friedlich ab.

Fazit zur aktuellen Situation der NATO-Übung “Air Defender 23”

Für knapp zwei Wochen findet die NATO-Übung “Air Defender 23” statt – die ersten beiden Tage wurden jedoch bereits überstanden. Dabei handelt es sich um eine Luftraumübung, die knapp fünf Jahre geplant wurde. Die zu erwartenden Einschränkungen des zivilen Luftraums sollen sich in Grenzen halten. Insgesamt sind drei deutsche Lufträume betroffen, die zu unterschiedlichen Zeiten für maximal vier Stunden pro Tag für den zivilen Flugverkehr gesperrt werden. Mit verspäteten Abflügen oder Landungen kann gerechnet werden, Annullierungen wurden jedoch von öffentlicher Seite nicht in Aussicht gestellt.

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Autor

Unstillbare Abenteuerlust und chronisches Fernweh treiben Anja seit jeher raus in die weite Welt. Die Berlinerin nennt jeden Ort, an dem sie mehr als zwei Tage verbringt, ihr temporäres Zuhause und ist am glücklichsten, wenn ihr Tag nur aus neuen Wegen besteht.

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  • Vielleicht noch interessant zu erwähnen sind die Sperrzeiten der einzelnen, in Deinem Beitrag genannten, Übungslufträume. Das “Zentrum Luftoperationen” hat dies in einem Verteilerschreiben mit folgenden Zeiten benannt:

    Ü-Ost: Mo-Fr 8-12Uhr
    Ü-Süd: Mo-Fr 11-15Uhr
    Ü-Nord: Mo-Fr 14-18Uhr

    Ü=Übungslufträume

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