Seit einem halben Jahr können für monatliche 49 Euro Busse und Bahnen deutschlandweit in sämtlichen Tarifzonen genutzt werden. Trotz des attraktiven Angebots fällte das Résumé durchwachsen aus.
Der 6. November 2023 rückt immer näher und so auch hoffentlich die (noch offene) Einigung der weiteren Finanzierung des Deutschlandtickets. Am kommenden Montag wird Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam mit den Länderchefs beraten, wie es mit dem Ticket weitergeht. Inzwischen gibt es Hochrechnungen zum ersten Halbjahr des Deutschlandtickets, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Gemischte Gefühle
Dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zufolge besitzen rund zehn Millionen Menschen das Deutschlandticket, wovon die Hälfte der Nutzer auch zuvor ein Abo besaß. Hochgerechnet beansprucht also jeder achte Bürger das 49-Euro-Ticket. Nach Angaben des Verbandes fuhren acht bis zehn Prozent der Abonnenten zuvor vielfach mit dem Auto. Der VDV beurteilt diese Entwicklung als Erfolg, wie fvw übermittelt.
Wir binden Kunden stärker an den ÖPNV durch diese Flatrate.
Alexander Möller – ÖPNV Geschäftsführer VDV
Aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, im Auftrag der Deutschen Presse Agentur, gehen neue Erkenntnisse zum Kaufverhalten der bundesweiten Fahrkarte hervor. Im Rahmen dieser Umfrage wurden volljährige Personen in Deutschland interviewt. Die Erkenntnisse aus der Zeit vom 27. bis zum 30. Oktober 2023 wurden gewichtet und sind repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren. Lediglich sieben Prozent der Befragten erwerben regelmäßig das Ticket. Der Umfrage zufolge haben 66 Prozent der Teilnehmenden noch nie ein Deutschlandticket besessen. 15 Prozent der Befragten kauften das Ticket nur vereinzelt in ausgewählten Monaten.
Der YouGov Umfrage entsprechend lassen 31 Prozent der Abonnenten ihr Auto des Öfteren stehen. 37 Prozent gestehen jedoch, ihr Mobilitätsverhalten nicht verändert zu haben. Sogar mehr als die Hälfte der Interviewten besitzt keine Flatrate Fahrkarte und erwägt auch nicht eine zu erwerben. Ein vorherrschender Grund in diesem Zusammenhang ist, dass diese Personen viel mit dem Auto fahren, wie Bahnblogstelle berichtet.
Deutschlandticket in Gefahr
Anstatt über Regelungen für Studierende, die Mitnahme von Familie und Haustieren oder weitere ungeklärte Aspekte zu diskutieren, streiten sich Bund und Länder um die künftige Finanzierung des Tickets. Eine große Hürde steht dem Fortbestand des Tickets bevor. Ein Beschluss im Finanzstreit über das Deutschlandticket konnte bislang nicht erzielt werden.
Prognosen zufolge werden sich die Mehrkosten im kommenden Jahr in Höhe von 1,1 Milliarden Euro bewegen. Bislang teilten sich Bund und Länder die Kosten für das Ticket. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert, dass sämtliche Mehrkosten 2024 von den Ländern getragen werden sollen, da der Regionalverkehr grundsätzlich Ländersache sei und somit auch die Länder die Zuständigkeit dafür tragen sollen. Die Länder wiederum verlangen, dass sich der Bund wie bisher zur Hälfte beteiligt. Wissing hat dies unmissverständlich abgelehnt. Zeitgleich geht er fest davon aus, dass das Ticket fortbestehen wird:
Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass das Ticket weiter Bestand haben wird, denn es ist sehr erfolgreich.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)
Schließlich war die Idee des Deutschlandtickets eine gemeinsame – von Bund und Ländern. Dahingehend wäre auch eine einvernehmliche Fortsetzung sowie eine nachhaltige Finanzierung wünschenswert. In wenigen Tagen wird hoffentlich eine Einigung im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz erzielt werden können. Ein Ende des Tickets ist hoffentlich auszuschließen.
Herausforderungen für die Bahn
Nicht nur die ungeklärte Frage über die weitere Finanzierung stellt die Bahn vor Schwierigkeiten. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Pünktlichkeit für viele Kunden eine zentrale Rolle spielt. Hinzu kommen Zugausfälle, Signalstörungen oder der Mangel an Personal, was viele vom Kauf eines Deutschlandtickets abhielt. Diese potenziellen Kunden entscheiden sich aus Gründen der Zuverlässigkeit für das Auto – sowohl in der Stadt als auch am Land. Im ruralen Gebiet liegt es wohl nicht alleine am karge ausgebauten Nahverkehr, dass das Interesse an der Fahrkarte ausbleibt. Weiters wurden überfüllte Züge zur Ferienzeit und fehlender Platz für die Mitnahme des Rads genannt. Auch in diesen Punkten gibt es Aufholbedarf für die Deutsche Bahn.
Nicht außer Acht gelassen werden darf der Aspekt der Nachhaltigkeit. Verkehrsforschers Christian Böttger von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft sieht das Deutschlandticket in Hinblick auf die Umwelt als Misserfolg.
Das Ministerium hat an unterschiedlichen Stellen das D-Ticket mit Emissionssenkungen von drei bis vier Millionen Tonnen angekündigt. Geht man davon aus, dass 80 Prozent aller Fahrten im öffentlichen Verkehr mit dem Deutschlandticket erfolgten, kommt man hingegen auf 0,4 Millionen Tonnen Einsparung.
Verkehrsforschers Christian Böttger – Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft
Die Technischen Universität München erforschte, basierend auf Handydaten und Umfragen, einen Monat nach der Einführung des Tickets, die Verkehrsumschichtung von der Straße auf die Schiene und konnte dabei nur eine leichte Tendenz feststellen.
Fazit zum ersten halben Jahr Deutschlandticket
Das Deutschlandticket bietet bundesweite Nutzungsmöglichkeiten und ist insbesondere für Personen aus dem urbanen Raum von Interesse. Das Abo bietet unterschiedlichste Beförderungsmöglichkeiten im Alltag, sogar Auslandsreisen lassen sich mit dem 49-Euro-Ticket unternehmen. Der Fortbestand des Tickets ist jedoch weiterhin ungewiss. Das Resultat der Verhandlung um die Finanzierung ist noch unklar. Denkbar wäre auch ein unpopulärer Entschluss, wie eine Preiserhöhung des Abonnements, was jedoch den Ruf entsprechend schädigen würden. Den jüngsten Umfragen zufolge ist die Beliebtheit des Tickets auch nicht mit einem eindeutigen Ja zu beantworten. Zudem gibt es Kritik seitens Verkehrsforschern und technischen Experten. Am 6. November 2023 findet eine Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz statt, nach welcher hoffentlich die Details zum weiteren Fahrplan offengelegt werden.
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