Eigentlich war schon fast alles in trockenen Tüchern, doch die Coronakrise könnte den Deal zum Platzen bringen: Laut einem Bericht des Spiegels hat die polnische PGL – die Mutter der polnischen Airlines LOT – für die Übernahme von Condor inakzeptable Nachforderungen gestellt.

Noch vor wenigen Monaten hatte sich die polnische LOT in einem Bieterkampf gegen zwei US-amerikanische Hedgefonds durchgesetzt und den Zuschlag für den deutschen Ferienflieger Condor bekommen. Noch vor wenigen Tagen hat die Übernahme eine weitere Hürde genommen. Doch alledem zum Trotz könnte der Deal nun platzen, wie der Spiegel berichtet.

Extreme Forderungen an das Bundeswirtschaftsministerium

Aus Verhandlungskreisen heißt es demnach, dass die PGL für die Übernahme von LOT beim Bundeswirtschaftsministerium “extreme Forderungen” gestellt haben soll, um das Investment abzusichern. Im Spiegel ist davon die Rede, dass es sich dabei um eine “komplette Absicherung” der Transaktion handeln würde – das Risiko also komplett beim deutschen Staat liegen würde.

Laut einem vom Spiegel zitierten Insider wäre eine Zusage unter diesen Bedingungen inakzeptabel:

“Wenn man darauf eingehen würde, käme dies einem Verschenken der Condor an ein polnisches Unternehmen gleich.”

Demnach seien die Nachforderungen bewusst so umfangreich, damit PGL noch von dem Kaufvertrag zurücktreten kann. Zwar wollten sich weder Condor noch die polnische Gesellschaft dazu äußern, doch schon das deutet auf gravierende Probleme im Verhältnis der beiden möglichen zukünftigen Partner hin. Auch das Bundeswirtschaftsministerium äußert sich nicht zu den neuen Vorgängen.

Coronakrise könnte Übernahme zum Scheitern bringen

Der Hintergrund für den Rückzieher von PGL beziehungsweise die starken Nachforderungen, erklären sich natürlich durch die andauernde Coronakrise. Das wichtigste Investment der PGL ist die staatliche polnische Fluggesellschaft LOT Polish Airlines. Diese ist seit mehr als einer Woche nicht mehr in der Luft, der Flugbetrieb wurde vorübergehend komplett eingestellt. Wann die polnische Airline wieder fliegen wird und ob sie überhaupt je wieder in dem Umfang agieren wird wie bislang, lässt sich schwer absehen. LOT hatte in den letzten Jahren enorm expandiert und nicht nur die Langstreckenverbindungen ab Warschau ausgebaut, sondern auch ab Krakau und Budapest neue Verbindungen in die USA angeboten – zudem hat die Airline hier jeweils kleine Hubs errichtet.

LOT Boeing 787 Dreamliner

Diese Expansion könnte für LOT nun teuer werden, denn durch den größeren Betrieb, ist auch die Fallhöhe durch das Coronavirus deutlich größer. Da die polnische Regierung zudem besonders rigide auf das Virus reagiert, könnte es bis zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs lange dauern – für PGL wäre das mit enormen Verlusten verbunden. Dazu kommt, dass natürlich auch bei Condor unklar ist, wann das Geschäft wieder anläuft. Die Airline konzentriert sich komplett auf den Ferienbetrieb und dieser liegt nicht zuletzt auch wegen Einschränkungen bei der Einreise komplett brach. Während sich der Geschäftsreisemarkt zumindest etwas schneller erholen könnte, ist gerade der für Condor wichtige Tourismus auf Fernstrecken vermutlich noch viele Monate beschädigt.

Für PGL ändern sich entsprechend natürlich die Vorzeichen, denn statt einer im Kern profitablen Airline, würde die Gesellschaft nun einen Verlustbringer übernehmen und wann Condor wieder Gewinne machen wird, erscheint aktuell völlig offen. Dazu kommt, dass PGL so oder so den staatlichen Hilfskredit von 380 Millionen Euro im Zuge der Übernahme ausgleichen müsste – Liquidität, die dem staatlichen Unternehmen in diesen Zeiten anderswo fehlen würde. Auch eine politische Komponente gibt es dabei: Würde LOT und damit die PGL mit Steuermitteln gerettet werden, wäre es den Bürgern schwer zu verkaufen, dass dieses Geld für den Kauf eines deutschen Ferienfliegers genutzt wird.

Hilfskredit für Condor wird wohl verlängert

Wohl unabhängig davon, ob die Übernahme durch PGL am Ende zustande kommt oder nicht, wird sich Condor voraussichtlich über eine Verlängerung des eigentlich Ende April auslaufenden Hilfskredits freuen dürfen. Zwar gibt es hierzu noch kein offizielles Statement, es erscheint aber unwahrscheinlich, dass die KfW den Kredit in aktuellen Zeiten nicht verlängern würde. Das wäre aber wohl nicht das einzige: Aufgrund der Krise braucht Condor nicht nur länger, um das Geld zurückzuzahlen, sondern auch eine weitere Finanzspritze. Der Kredit muss also wohl auch weiter ausgeweitet werden.

Condor Boeing 757

Dies führt dazu, dass die Condor als Investment für Käufer weniger interessant wird, da die Schulden bei einer Übernahme zurückgezahlt werden müssen. Dazu kommt, dass völlig unklar ist, wie die Welt der Fluggesellschaften in einigen Monaten aussehen wird. Nach der Krise werden viele Airlines wohl erst einmal nicht mehr expandieren, manche werden wohl komplett von der Bildfläche verschwinden. Ob sich in diesen Zeiten noch ein Käufer für eine Fluggesellschaft finden lässt, die nicht nur mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag in Form eines Kredits belastet ist, sondern auch eine umfangreiche Flottenerneuerung benötigt, ist fraglich.

Nachdem die Story rund um Condor also noch vor wenigen Wochen wie ein Erfolg staatlicher Rettungspolitik gewirkt hatte, könnte sie am Ende doch zu einem tragischen Schicksal der Coronakrise werden.

Fazit zum möglichen Scheitern der Condor-Übernahme

Für die Luftfahrt sind die Zeiten aktuell sehr schwierig, dies macht natürlich auch vor Condor und der LOT-Mutter PGL nicht halt. Dennoch war zuletzt noch davon auszugehen, dass die Polen den deutschen Ferienflieger übernehmen werden. Mittlerweile erscheint dies mehr und mehr unwahrscheinlich, auch von Vertragsstrafen für einen Rücktritt vom Kauf wird sich PGL wohl nicht abhalten lassen, den Kauf doch noch platzen zu lassen. Es werden ohne Zweifel spannende Tage für Condor. Sollte der Kauf wirklich nicht stattfinden, ist die Zukunft der Airline wohl so unsicher wie nie zuvor.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.