Seit Jahren fordern Politiker und Umweltaktivisten die Einführung einer Kerosin-Steuer für die europäische Luftfahrt im Sinne des Klimaschutzes. Ein Dokument der entsprechenden EU-Kommission soll dies nun begünstigen.
Dieser neuerliche politische Diskurs entfachte sich über die Veröffentlichung eines “Inception Impact Assesments“, das auf die zügige Revision und Neubeurteilung des Regelwerkes zur Energiebesteuerung von 2003 abzielt. Die internationale Luftfahrtindustrie wehrt sich mit aller Kraft gegen diesen “Irrweg, der nicht zu mehr Umweltschutz führen wird” – und fordert stattdessen Selbstverpflichtungen, wie das Reiseportal Airliners zuerst berichtete. Ein Überblick.
EU-Kommission möchte Kerosin künftig mit 33 Cent pro Liter besteuern
Die im Jahre 2003 beschlossenen Richtlinien zur Energiebesteuerung Energy Taxation Directive (ETD) sind längst nicht mehr aktuell und bedürften einer erneuten Evaluierung, heißt es vonseiten der entsprechenden EU-Kommission. Auch die aktuelle Rechtsklage zu Umweltschutzthemen sowie die im Rahmen des Pariser Klimaabkommen entschiedenen Beschlüsse seien stark ausbaufähig und entsprächen nicht mehr dem Puls der Zeit. Um die im European Green Deal verabschiedeten Zielsetzungen zum Klimaschutz überhaupt erreichbar zu machen, brauche es eine “effektive CO2-Bepreisung und die Beseitigung von Subventionen für fossile Kraftstoffe”. Frans Timmermans, Stellvertreter der amtierenden Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, begründet die Bemühungen in Richtung einer Besteuerung von Kerosin gegenüber dem Spiegel wie folgt:
Ich glaube, dass es eine Kerosinsteuer geben muss. Wenn Sie Ihr Auto mit Benzin betanken, zahlen Sie Steuern, wenn Sie den Zug nehmen, müssen Sie Mehrwertsteuer bezahlen. Wenn Sie das Flugzeug nehmen, ist das Kerosin nicht besteuert. Das ist nicht richtig.
Frans Timmermans, geschäftsführender Vizepräsident und Kommissar für Klimaschutz
Der Politiker erfährt aus verwandten Kreisen einige Unterstützungen: Zuletzt hatten sich neben dem französischen Staatsoberhaupt Emmanuel Macron auch das niederländische Parlament für eine offizielle Kerosin Besteuerung in der europäischen Luftfahrt ausgesprochen. Unterstützung gibt es auch vonseiten des Umweltbundesamtes, der Umweltminister sowie einer Initiative verschiedener europäischer Finanzminister. Diese hatten ihre Forderungen nach einer Luftverkehrsbesteuerung in einem Brief an Brüssel zuletzt mit der ebenfalls nicht erhobenen Umsatzsteuer auf internationalen Flügen begründet.
Bis zu 15 Milliarden Euro Zusatzkosten für Europas Flugverkehr
Dass Luftfahrtunternehmen und Fluggesellschaften gegen eine solche Einführung lautstark protestieren, erschließt sich insbesondere aus den entsprechenden Zusatzkosten für die innereuropäische Luftfahrt, die eine Besteuerung in Milliardenhöhen produzieren würden. Nach Informationen des Spiegels wäre die zusätzliche finanzielle Belastung für die Lufthansa Group am deutlichsten spürbar.
Eine Versteuerung von 33 Cent pro Liter Kerosin würde das deutsche Luftfahrtunternehmen mit all seinen Tochterfirmen rund 4,2 Milliarden Euro jährlich kosten; für die Lufthansa-Airline alleine wären es immerhin 2,5 Milliarden pro Jahr. Ähnlich verhält es sich mit anderen europäischen Fluglinien und Gesellschaften: bei Air France und KLM kommt man auf bis zu 3,5 Milliarden Euro, rund 1,5 Milliarden für Ryanair und auch der Billigfluganbieter easyJet müsste mit einer zusätzlichen Milliarde rechnen.
Zusatzkosten für europäische Fluggesellschaften nicht tragbar
Die Argumentation aufseiten der Fluggesellschaften ist dahingehend vielschichtig, denn eine verstärkte Motivation für Einsparungen und Klimaschutz möchte man nicht gelten lassen: Die regulären Treibstoff-Kosten hätten bereits derart hohe Werte erreicht, dass ohnehin an allen Ecken und Enden gespart werden müsse. Sowieso seien reguläre Ausgaben für Fluggesellschaften inzwischen derart immens, dass sich die Steuerbefreiung von rund 570 Millionen Euro jährlich zumindest in Deutschland kaum rechne.
Die Vorschläge zu einer darüber hinaus gehenden Kerosinsteuer im nationalen oder europäischen Alleingang wären ein ökonomischer und ökologischer Irrweg, der für die europäischen Luftverkehrsunternehmen zu schweren wettbewerbsverzerrenden Belastungen führen würde, ohne dass ein Fortschritt im Klimaschutz erreicht werden würde.
Matthias von Randow, Geschäftsführer BDL
Wie oben erwähnte Quelle bezeichnet, beträgt allein die Luftverkehrssteuer den doppelten Wert der jährlichen Einsparungen durch eine (noch) fehlende Kerosinsteuer. Weitere knapp sechs Milliarden Euro jährlich würden für Flughafennutzungen und Sicherheitskontrollen ausgegeben, die in anderen Bereichen des Personentransports grundsätzlich nicht anfallen. Durch die Regelungen bezüglich der Kompensationssysteme Corsia international sowie EU-ETS gebe es ohnehin längst eine “verbindliche CO2-Bepreisung”, wie BDL-Geschäftsführer Matthias von Randow zitiert wird.
Passagierzahlen steigen trotz Klimaschutzdebatten stetig an
“Gut konzipierte Steuern spielen eine direkte Rolle im Umweltschutz, indem sie die richtigen Preissignale senden und nachhaltige Praktiken von Produzenten, Nutzern und Verbrauchern attraktiv machen”. Diese gegen argumentativen Worte vonseiten der europäischen Kommission sollen die politischen Zielsetzungen der EU unterstreichen, die von der Gesetzeslage offenbar nicht mehr berücksichtigt werden können. Zudem wird auch mit fehlender Relevanz der Beschlüsse aus 2003 argumentiert: Für die meisten Energieformen gebe es im Ausland längst wesentlich höhere Steuersätze.
Besonders dramatisch entwickelten sich allerdings die Passagierzahlen, denn diese stiegen trotz fortlaufender Klimadebatten kontinuierlich an. So wurde vor der Corona-Krise mit einem jährlichen Wachstum des globalen Luftverkehrs von rund 3,7 Prozent bis 2040 gerechnet, wie aus Berechnungen des deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hervorgeht. Im Jahr 2040 rechnete man also mit bis zu 9,4 Milliarden Passagieren weltweit. Zum Vergleich: im Jahr 2016 waren nur knapp vier Milliarden Personen weltweit unterwegs – weniger als die Hälfte also. Auch wenn aktuell durch die Krise deutlich weniger Leute reisen und das Flugaufkommen drastisch eingebrochen ist, wird sich der Flugverkehr in den nächsten Jahren wieder von der Pandemie erholen und dann wieder weiter wachsen.
Fazit zur möglichen Einführung einer Kerosinsteuer für Europa
Mit der Vorlage des eingangs erwähnten “Inception Impact Assesments” bemüht sich die Kommission nun im ersten Schritt um eine öffentliche Diskussion zum Thema. Hierdurch sollen Interessenvertreter und außerdem die Öffentlichkeit über die vorliegende Thematik informiert werden, und sich künftig an den Beratungsprozessen beteiligen können. Auch soll der öffentliche Diskurs angeregt werden, um Interessenbekundungen von möglichst vielen Seiten einholen zu können. In welchen Zeitabständen diese Verhandlungen und Diskussionen künftig ablaufen werden, kann nach aktuellem Informationsstand nicht gesagt werden. Wir werden wie immer natürlich schnellstmöglich über etwaige Neuinformationen berichten!
Man kann durchaus kontrovers über das Thema diskutieren, aber Forderungen mit Zahlen aus der Vor-Corona-Zeit zu begründen ist obsolet, derzeit sind die Passagierzahlen völlig eingebrochen und die Airlines sind quasi reihenweise am sterben.
Was soll der Unfug, sie einerseits mit zig Milliarden zu subventionieren und am Leben zu halten, und sie gleichzeitig auf der anderen Seite immens zu belasten? Das können doch nur verstrahlte Ideologen wollen.
Wenn die nur für Europa kommt dann flieg ich halt Langstrecke aus Europa raus – ganz einfach…..