In unserer Rubrik “On This Day In Aviation History” wagen wir einen Blick in die Vergangenheit und beleuchten die Meilensteine der zivilen Luftfahrt-Historie, aber auch die weniger erfreulichen Augenblicke.

Täglich berichten wir von den wichtigsten Nachrichten und neuesten Errungenschaften der zivilen Luftfahrt. Vor allem im vergangenen Jahr hat sich das Treiben am Himmel deutlich verändert. Flugzeuge, die gestern noch als die Zukunft galten, sind morgen bereits verschwunden. Ebenfalls von der Karte verschwunden ist der Flughafen Berlin Tegel, welcher vor zwei Jahren vom neuen Hauptstadtflughafen BER abgelöst wurde. Wir wagen deshalb in der Rubrik “On This Day In Aviation History” einen Blick zurück zu den letzten Tagen am TXL, eine Geschichte, die am 8. November 2020 endgültig endete.

Der 8. November 2020

Am 8. November 2020, also heute vor zwei Jahren, wurde es außergewöhnlich emotional in der Hauptstadt. Üblicherweise geht der Berliner jegliche Events in seiner bekannt trockenen Manier an, und lässt sich dabei (zumindest äußerlich) kaum Emotionen anmerken. Am 8. November 2020 war es aber anders, als sich mehrere Mitarbeiter auf dem Vorfeld vor Terminal A und der Terrasse über dem Übergang zum Terminal C versammelten. Hochrangige Politiker der Hauptstadt ließen sich dieses Event natürlich auch nicht nehmen. Doch am 8. November 2020 schloss Air France ein Kapitel, welches sie einst selbst eröffnete.

Dementsprechend standen die Vorzeichen bereits auf Melancholie. Mit dem Air France-Flug AF1235 von Berlin TXL nach Paris CDG wurde der offiziell letzte Flug vom Flughafen Tegel durchgeführt. Live-Übertragung von Funk und Fernsehen, und natürlich auch von reisetopia, durfte damals nicht fehlen. Und so wurde auch der endgültig letzte Flug noch lange gefeiert, und damit auch eine Ära. Denn trotzdem der Flughafen Berlin-Tegel nie wirklich eine Drehkreuzfunktion einnehmen konnte, so hat er die Geschichte der Stadt maßgeblich mitgeprägt. Und trotz der vielen chaotischen Zustände in den Hochzeiten konnte kein Berliner dem Flughafen auch wirklich böse sein. Wie auch? Denn letztlich wusste er seit seiner Eröffnung in den 1970er-Jahren mit seinen Vorteilen zu überzeugen.

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Der Flughafen der kurzen Wege sollte die großen Flughäfen in den folgenden Jahrzehnten prägen. Doch letztlich blieb TXL mehr oder weniger ein seltenes Beispiel. Und so schön auch das Terminal A war, so schlecht waren durchaus die Erfahrungen in den provisorischen Zusatz-Terminals, wie beispielsweise im Terminal C. In genau diesen Terminal durfte ich am Abend zuvor noch einige Stunden verbringen, der seltenen Atmosphäre im Terminal Zeuge werden, und das Bundesliga-Top-Spiel FC Bayern München gegen Borussia Dortmund gucken. Dazu kam es, da ich auf einem der letzten Flüge nach und von TXL gebucht war. Gemeinsam mit Eurowings wurde ein Charterflug auf die Beine gestellt, welcher mich vom neuen Flughafen BER im Süden der Stadt nach Tegel bringen sollte, und eben wieder zurück.

Dieser Flug war für mich definitiv einer der speziellsten und besonderen Flüge überhaupt. Und zu meinem Glück kamen auch noch einige besondere Umstände hinzu. Aber der Reihe nach. Am Abend des 7. November 2020 kehrte ich erstmals am eröffneten Flughafen Berlin-Brandenburg ein. Mit Eurowings sollte der Flug zunächst nach Tegel gehen. Während des Fluges soll es eventuell ein paar Runden über dem Flugfeld geben, sofern die Flugsicherung uns das erlaubt. Da ich zu spät gebucht habe, war für mich kein Sitzplatz am Fenster mehr drin, aber immerhin in der Mitte, sodass ich das Treiben draußen noch ganz gut verfolgen konnte. Der Flug nach Tegel verlief halbwegs wie geplant. Nach ein paar Runden über der Innenstadt und einer über dem Flughafen Tegel, setzten wir zur Landung an. In der Zwischenzeit folgten noch zwei Rundflüge mit dem Airbus von Eurowings, ich vertrieb mir die Zeit aber im Terminal C, eben mit Fußball gucken.

Zwischendrin immer wieder frenetischer Jubel für den Flughafen und sein Personal. Und dann auch die letzte Ansage zum Boarding. Da unser Airbus ein wenig Verspätung eingesammelt hat, war klar, dass wir der wirklich der letzte Flug für den letzten offiziellen operativen Tag des Flughafens sein werden. Und in meinem Glück hatte ich, eigentlich ein Sitzplatz am Gang gebucht, sogar die komplette Sitzreihe in einem sonst komplett ausgebuchten Airbus erhalten – und rutschte so auch hinüber ans Fenster. Mehrere Hundert Mitarbeiter geleiteten den Airbus aus seiner Parkposition, mehrere Feuerwehr-Löschfahrzeuge verabschiedeten uns mit Wasserfontänen. Wir drehten eine letzte Runde über das Vorfeld, nochmal vorbei am Terminal A und C und rollten letztlich zur Startbahn, geleitet von mehreren Follow Me-Fahrzeugen. Die Tränen kullerten, die Triebwerke heulten auf und der letzte Start in Tegel ging erfolgreich über die Bühne.

Der 31. Oktober 2020

Bereits eine Woche zuvor wurde feierlich der neue Hauptstadt-Flughafen im Süden Berlins eröffnet. Und natürlich verlief das ganze Ereignis wieder einmal nicht wie geplant. Denn ursprünglich war geplant, dass die beiden Platzhirsche in Berlin den BER mit einer Parallel-Landung einweihen sollten. Ich kann mich noch ganz gut an diesen Tag erinnern und verfolgte beide Flüge über Flightradar24. Während die Lufthansa ihre Runden südöstlich des Flughafens drehte, um auf den Airbus von easyJet zu warten, verbesserte sich die Wetterlage leider nicht. Eine Parallel-Landung war unter den gegebenen Sichtbedingungen demnach unmöglich, und so durfte zuerst der Hauptstadtflieger (Sonderlackierung der Lufthansa auf dem Airbus A320neo) die erste offizielle Landung am BER durchführen.

Lufthansa & EasyJet, Flughafen Berlin Brandenburg (BER)
Bild: Thomas Trutschel/media-ber.berlin-airport.de

Kurz darauf folgte auch das Flugzeug von easyJet, ehe beide Maschinen Kopf an Kopf vor das neue Terminal 1 vorfahren durften. Wasserfontänen der Flughafen-Feuerwehr sorgten für die Extra-Portion Wasser an diesem regnerischen Herbsttag. Noch im Laufe des Abends wurde der offizielle Flugbetrieb am BER aufgenommen. Parallel dazu blieb aber noch der Flughafen Tegel eröffnet, um einen entspannten und vor allem sortierten Umzug zum BER zu ermöglichen. Eine große Feier blieb übrigens aus. Die Gründe liegen dafür im Eröffnungschaos der vergangenen Jahre, und auch an der Corona-Pandemie. Denn vor circa einem Jahr schlug das Virus wieder zurück und an große Reisen war nicht zu denken. Die zivile Luftfahrt lag nicht nur am Boden, viele Flugzeuge blieben buchstäblich mit ihren Rädern auf dem Vorfeld stehen.

Von Referenden und Pannen

Die Geschichte des BER wurde bereits lang und breit erzählt. Mehrere Jahre lang hieß es immer wieder: Der BER soll eröffnen. Dann hieß es wieder: Die Eröffnung wird verschoben. Mehrere Chefs und Bürgermeister hat der BER kommen und gehen sehen, doch im Jahr 2020, ausgerechnet während einer weltweiten Pandemie, war es dann endlich so weit. Der neue Hauptstadtflughafen konnte mehr oder weniger geräuschlos seine Türen öffnen. Bereits in den Monaten zuvor testeten mehrere Tausend Freiwillige den Flughafen auf Herz und Nieren. Auch ich war Anfang September für einen Tag dabei und durfte zwei Flüge simulieren. Der erste Eindruck war gut. Doch wie es mit dem BER nun mal so ist, die Passagierzahlen zogen nur langsam an, die Probleme offenbarten sich aber schnell.

Flughafen BER Terminal 1 Haupthalle

Die Infrastruktur schien schon veraltet und sollte den Passagieren zu wenige Ressourcen bieten. Kleine Check-in Bereiche, überfüllte Sicherheitskontrollen, kaputte Fliesen und überfüllte Mülleimer. Das Chaos am BER schien weiterzugehen, auch unter der neuen Chefin Aletta von Massenbach, die zunächst abermals um Geld vom Bund “betteln” musste. Die Stimmen der TXL-Befürworter wurden wieder lauter. Noch vor der Eröffnung des BER wurde erneut ein Referendum abgehalten, welches sich für den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel starkmachte. Federführend agierte hier die Berliner FDP, aber erfolglos. Und auch wenn ich selbst den Flughafen im Nordosten der Stadt schmerzlich vermisse, so war sein Ende meiner Meinung unausweichlich und vor allem der richtige Schritt.

Zwei Jahre danach

Zwei Jahre später sollen diese Aussage unterstützen. Der neue Hauptstadtflughafen scheint angekommen zu sein und sich sukzessiv als drittgrößter Flughafen des Landes zu etablieren. Das Flughafen-Chaos im Sommer scheint mehr oder weniger den BER gemieden zu haben. Die Zeiten von Schlägereien aufgebrachter Passagiere scheinen vorüber, lediglich die Berge von Koffern sind ein Zeichen dafür, dass der BER auch zwei Jahre später noch nicht alles perfekt bewältigen kann. Dafür scheint der BER aber Vorreiter zu werden. Mit der BER Runway hat der Flughafen als erster in Deutschland eine kostenfreie Zeitfenster-Buchung für die Sicherheitskontrolle eingeführt. Der Weg dahin verlief schnell und problemlos, wie wir uns selbst noch von bei der Eröffnung überzeugen konnten.

Anzeigetafel mit Hinweis auf BER Runway

Und auch das neue Terminal 2 ist mittlerweile im Betrieb. Auch wenn es sich dabei nicht um das schönste Gebäude Berlins, und auch nicht der Gemeinde Schönefeld handelt, so erfüllt das Terminal seinen Zweck und fertigt Passagiere reibungslos ab. Das alte Terminal 5 vom ehemaligen Flughafen Berlin-Schönefeld hingegen scheint kein Comeback mehr feiern zu dürfen. Während die Airline-Branche längst totgesagte Riesen am Fließband reaktiviert, so scheint das Aus für das Terminal 5 endgültig besiegelt. Bei der nächsten Aufsichtsratssitzung der Berliner Flughafengesellschaft FBB soll dieser Punkt behandelt werden. Stattdessen plant die Flughafen-Chefin mit einem Pendant zum Terminal 2 im Süden des Flughafens. Das Terminal 3 soll vorgelagert an den Südpier angeschlossen werden und wäre ebenfalls kurzfristig zu errichten, sollten die Kapazitäten dies erfordern.

Stadtentwicklung Berlin Txl Projkt

In Tegel hingegen ist vorerst Ruhe eingekehrt. Zwischenzeitlich fungierte das Terminal C als Impfzentrum, und natürlich konnte auch ich es mir nicht nehmen lassen, meine ersten beiden Impfungen dort verabreichen zu lassen. In Zukunft wird vom Flughafen aber nicht mehr viel übrig werden. Stattdessen soll aus dem Areal ein neues Stadtquartier entstehen, mit Wohnungen und einem Campus einer Hochschule.

Ein ganz besonderer Platz in der Geschichte

Der Flughafen Berlin Tegel hat wohl besonders bei den Berlinern einen Platz in der Geschichte und ihren Herzen verdient. Doch auch Luftfahrtenthusiasten und Reisende, die schon einmal über den Flughafen Tegel geflogen sind, dürften den besonderen Charme und seine typischen kurzen Wege zu schätzen gewusst haben. Mittlerweile ist der Flughafen Geschichte und die Hauptstadt verfügt nur noch über einen richtigen Flughafen – dem Flughafen Berlin-Brandenburg. Bei aller Kritik, sowohl berechtigt über das Chaos der vergangenen Jahre und unberechtigt über seinen vermeintlich falschen Standort außerhalb Berlins, führt kein Weg an diesen Flughafen vorbei, wenn die Stadt weiter wachsen möchte.

Dennoch gebührt diesem Flughafen alle Ehre – TXL hat einen Platz in der Rubrik “On This Day In Aviation History” verdient.

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Autor

Alexander Fink ist als Content Editor seit Januar 2021 für reisetopia tätig. Zuvor war er als Account Manager in der Industrie beruflich unterwegs und schrieb von seinen Reiseerfahrungen im eigenen Blog. Heute ist er Euer Ansprechpartner für alle Airline- und Kreditkartenthemen.

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