Im Namen des Begriffs Vielfliegerprogramm ist ein Wort immanent: Vielflieger. Zumindest bei British Airways spielt dieser Faktor zukünftig kaum mehr eine Rolle – ein negatives Vorbild für andere?
British Airways war schon bei einigen Themen mindestens europäischer Vorreiter. Egal, ob es um bezahlte Snacks und Getränke in der Economy Class auf der Kurzstrecke, Tarife mit reduzierten Leistungen oder auch bestimmte Aspekte des Vielfliegerprogramms angeht. Doch was British Airways mit seinem Executive Club nun plant, setzt neue Maßstäbe. Wie klug die Strategie ist, wird sich allerdings zeigen, denn für diejenigen mit einer Wahl dürfte das Programm massiv an Relevanz verlieren.
Über 10.000 Euro Ausgaben für einen relevanten Status
Kurz zusammenfassen lassen sich die Veränderungen am British Airways Vielfliegerprogramm wie folgt: Statt wie bislang auf Basis von Flugsegmenten werden Statuspunkte zukünftig primär nach Umsatz vergeben. Für die beiden besonders relevanten Statuslevel Silber (oneworld Sapphire) und Gold (oneworld Emerald) werden dann 7.500 beziehungsweise 20.000 GBP an Ausgaben fällig.
Umgerechnet sind das schon einmal mindestens 9.000 Euro – dazu kommt, dass es sich nur um die Ausgaben vor Steuern und Gebühren handelt. Ergo muss man deutlich mehr als 10.000 Euro ausgeben, um zukünftig auch auf einem Economy Class Flug die Gerichte aus Warmhalteboxen in British Airways Lounges genießen zu können.
Dass es zudem noch ein paar Punkte für den Kauf von nachhaltigem Treibstoff auf Flügen, Ausgaben mit der Kreditkarte (wohl nur in Großbritannien und den USA) sowie durch das Buchen von Paketen aus Flügen und Hotels bekommt, ist da im Verhältnis ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Fast schon kurios mutet zudem an, dass bei Partnerfluggesellschaften nun für verschiedene Buchungsklassen und nicht nur für Reiseklassen, sondern auch prozentual unterschiedlich viele Tier Points nach Buchungsklasse vergeben werden. Hier gibt es dann wiederum je nach Partner noch einmal unterschiedliche Tabellen, was für eine unglaubliche Komplexität sorgt. Bei den ansonsten blumigen Begriffen in der Pressemeldung fehlt immer das Wort “Vereinfachung”, das rund um das neue Miles & More Statusprogramm immer wieder propagiert wurde.
Voller Fokus auf Geschäftsreisende
Gänzlich nachzuvollziehen sind die Veränderungen von British Airways allerdings nicht. Das liegt daran, dass die Kriterien auf der einen Seite dafür sorgen dürften, dass der Status an den einen oder anderen Reisenden förmlich verschenkt werden dürfte. Gerade Geschäftsreisende, die oft kurzfristig fliegen und teure Tickets akzeptieren müssen, bekommen den Status durch die neuen Kriterien enorm leicht. Mit Vielfliegern muss das nicht zwingend zu tun haben.
Bei einem kurzfristigen Hin- und Rückflug von London nach New York dürften je nach Reiseklasse zwischen 1.000 und 15.000 Tier Points winken. Heißt konkret: So könnte schon ein Business Class Hin- und Rückflug reichen, um an den Status zu kommen. Das Problem daran: Diejenigen, für die solche Tickets gebucht werden, entscheiden sich eben nicht der Punkte wegen für British Airways, sondern weil es keine Alternative gibt.
Vielfliegerprogramme sollen aber insbesondere zu irrationalem Verhalten anregen und eben dafür sorgen, dass sich Reisende entgegen der Logik oder zumindest mit viel Aufwand für die Buchung einer bestimmten Airline entscheiden. Genau das dürfte mit dem neuen Programm zur absoluten Ausnahme werden, weil es sich eben insbesondere für Geschäftsreisende lohnt, die auf im Verhältnis recht teuren kurzfristigen Tickets unterwegs sind.
British Airways verabschiedet sich von vielen Kunden
Bislang ist der British Airways Status oft ein Geheimtipp, denn mit einem geschickt gebuchten Business oder First Class Hin- und Rückflug in die USA für wenige tausend Euro ließ sich bislang mindestens der oneworld Sapphire Status erreichen. Gerade bei Angeboten aus Deutschland war dies zu einem vergleichsweise günstigen Kurs zu machen – vornehmlich dann, wenn man geschickt auf mehrere Segmente optimiert hat.
Dass British Airways diese Art von einfacher Statuserlangung nicht unbedingt wünscht, ist sicherlich keine Überraschung. Entsprechend dürfte man in London nicht unglücklich sein, wenn sich hier die Spreu ein wenig vom Weizen trennt, denn bislang hatte man so viele Reisende mit hohem Status im Programm, die nicht definitionsgemäß Vielflieger sind.
Dennoch muss man sich Sorgen machen, dass British Airways sein Vielfliegerprogramm zerstört, denn viele “normale” Privatreisende mit hohem Flugaufkommen – echte Vielflieger also – dürften mit dem neuen Programm ebenfalls auf der Strecke bleiben. Wer etwa für 250 Euro (150 Euro vor Steuern und Gebühren) von Frankfurt nach Dublin via London und zurück fliegt, erhält 150 Tier Points. Um an den mittleren British Airways Silber Status zu gelangen, wären so allein 200 Flüge notwendig.
Selbst auf der Langstrecke und in der Business Class zeigt sich das Bild. Wer etwa ab Deutschland für 2.000 Euro einen Hin- und Rückflug in die USA bucht (1.500 vor Steuern und Gebühren) würde insgesamt mindestens fünf solcher Reisen und damit mindestens 20 Business Class Flüge inklusive Zubringern nach London brauchen, um den mittleren Status zu erreichen. Für die meisten Privatreisenden und auch für Geschäftsreisende, die die Wahl haben, dürften diese Kriterien ein absolutes No-Go sein.
Wie Miles & More zum Vorbild für andere wird
Wie es besser geht, zeigt ironischerweise genau das oft kritisierte Miles & More Programm der Lufthansa. Selbst für den Senator Status, der als stärker anzusehen ist als der British Airways Silber Status, reichen generell immer 100 Kurzstreckenflüge oder 25 Hin- und Rückflüge mit je zwei Segmenten im Jahr aus. In der Business Class reichen sogar 50 Flüge oder 13 Hin- und Rückflüge mit einem Zwischenstopp an einem der Lufthansa Group Hubs.
Der große Unterschied ist zudem, dass bei Miles & More die Ticketpreise keine Rolle spielen. Das führt dazu, dass der Status auch für Geschäftsreisende nicht einfach so zu erreichen ist. Selbst mit einem 10.000 Euro teuren Business Class Hin- und Rückflug in die USA gibt es nur 400 Punkte und damit ein Fünftel der Statusqualifikation. Vielfliegen ist also eine zwingende Bedingung, um einen Status zu kommen – ohne Wenn und Aber.
Genau darum geht es eigentlich in einem Vielfliegerprogramm, denn während der umsatzbasierte Faktor bei den Prämienmeilen nachvollziehbar ist, ergibt er bei der Statusqualifikation schlicht wenig Sinn. Am Ende bekommen so diejenigen einen Status, die gar nicht viel fliegen und die Privilegien vermutlich kaum nutzen können oder müssen.
Damit aber nicht genug, denn British Airways zerstört insbesondere den wichtigsten Aspekt eines Vielfliegerprogrammes: die Irrationalität. Bei rein auf dem Umsatz basierenden Kriterien und so hohen Hürden für diejenigen, die selbst für Tickets bezahlen oder privat unterwegs sind, wird niemand mehr unkluge Entscheidungen treffen, um an den Status zu kommen. Bei Miles & More ist das ganz anders, wie man gerade zum Jahresende immer wieder beobachten kann.
Die Chefs der Vielfliegerprogramme sind ja generell nicht dumm. Ich denke, dass solche Änderungen auf Basis einer enormen Reisenden-Datenbank motiviert & simuliert worden sind.
Am Ende des Tages wollen die Airlines Revenue. Ein direkter Reward für Revenue scheint so schön auf den ersten Blick nicht ganz absurd.
Gute Zusammenfassung und hoffentlich der Tiefpunkt des Jahres für Vielflieger- ist ja bald vorbei. Auf ein Kundenfreundlicheres Jahr 2025. Dir und dem Team einen guten Rutsch und frohes Neues.