Es vergeht kaum eine Woche, in der es nicht um Langstreckenverbindungen ab Berlin geht. Doch ein relevantes Drehkreuz wird Berlin trotz aller Bemühungen wohl nie werden.
Die deutsche Hauptstadt bleibt Provinz – so oder so ähnlich liest man es oft, wenn es um das Thema Flugverbindungen geht. Trotz der Eröffnung des neuen Berliner Flughafens vor wenigen Jahren hat sich vergleichsweise wenig getan, was Langstreckenverbindungen angeht. Im Vergleich zu airberlin-Zeiten bleibt die Zahl der Flüge auf Fernstrecken weiterhin enorm gering. Ändern dürfte sich trotz aller Bemühungen der Lokalpolitik wenig, denn es gibt schlicht wenig wirtschaftliche Argumente für ein Aufblühen des Standorts.
Berlin und sein historisches Problem
Fakt ist, dass Berlin nicht etwa primär durch seine Lage oder seine schwache Wirtschaft keine Chance darauf hat, ein relevantes Drehkreuz zu werden. Vielmehr ist die Historie das Problem der Bundeshauptstadt, denn die rein wirtschaftlichen oder geografischen Argumente gehen zu kurz. So gibt es mit Lissabon oder Warschau in Europa durchaus kleinere oder wirtschaftlich schwächere Hubs. Die historische Sonderrolle von Berlin teilt dagegen keine andere Stadt und genau hier beginnen die Probleme.
Vor der Wende war die geteilte Stadt aus offensichtlichen Gründen nicht als Langstrecken-Hub geeignet – zu kompliziert die Logistik, zu eingeschränkt die Zielgruppen. Nach der Wende wären die Voraussetzungen zwar anders gewesen, besonders nach der Verlegung der Hauptstadt von Bonn nach Berlin. Doch zwei Probleme sollten die Zukunft von Berlin als Hub von Anfang an limitieren: Die nicht vorhandene Infrastruktur im Sinne eines großen Flughafens (statt drei veralteten mittelgroßen) auf der einen und die bereits bestehender Dominanz von Frankfurt und München als Hubs andererseits.
Nun kann man argumentieren, dass Berlin eine Chance als Hub gehabt hätte, wenn der neue Airport nicht um Jahrzehnte zu spät gekommen wäre. Doch fairerweise wäre Berlin als Hub schon zu diesem Zeitpunkt gegenüber München und Frankfurt deutlich im Hintertreffen gewesen, sodass wohl auch diese Entwicklung nicht gereicht hätte, um den deutschen Platzhirsch Lufthansa vom Umsteuern zu bewegen – einzig starke Subventionen hätten potenziell Wirkung gezeigt.
Kein Platz für ein weiteres Drehkreuz
Jahrzehnte später ist der Zug längst abgefahren, denn in Deutschland gibt es schlichtweg keinen Platz mehr für ein drittes großes Hub. Man könnte sogar noch weiter gehen und in Frage stellen, ob die Zahl der Drehkreuze im deutschsprachigen Raum nicht sowieso bereits zu hoch ist. Wien, Zürich, München, Frankfurt und dann auch noch keine Stunde entfernt London, Paris, Amsterdam und Warschau – für Berlin ist in dieser Konstellation schlicht kein Platz mehr.
Dieses „Drama“ erlebt dabei auch keineswegs nur die deutsche Hauptstadt, denn auch für andere wirtschaftlich starke Städte mit relevantem Einzugsgebiet – etwa Lyon, Mailand, Barcelona oder Manchester ist aufgrund der Dominanz anderer Standorte schlicht kein Platz in der Welt der europäischen Drehkreuze. Nicht immer lässt sich dabei die Position der Drehkreuze durch die aktuelle Wirtschaftskraft oder das Einzugsgebiet begründen, oft spielt die Historie eine Rolle, wie wichtige US-Drehkreuze wie Minneapolis, Detroit oder Charlotte zeigen, die einem vermutlich nicht zuerst als bedeutende US-Städte in den Sinn kommen.
Nun mag man argumentieren, dass eine Airline ja auch ihr Drehkreuz wechseln könnte. Doch aus welchen Gründen? Die Kosten wären enorm, die Vorteile zweifelhaft und die Umstellungen enorm. Der Aufschrei am ehemaligen Drehkreuz wäre zudem enorm, was einen signifikanten Rufschaden nach sich ziehen würde, womit eine solche Entscheidung wirtschaftlich nahezu ausgeschlossen ist. Dass es nach dem airberlin-Debakel zukünftig zudem eine neue Airline versuchen wird, Berlin zu ihrem Drehkreuz zu machen, wie es etwa JetBlue am vergleichsweise vernachlässigten Standort Boston getan hat, erscheint ebenfalls sehr unwahrscheinlich.
Hoffnung auf ein bisschen mehr Langstrecke
Zwar sollte man sich damit abfinden, dass Berlin wohl auch in Zukunft kein Drehkreuz wird, aber im Vergleich zu anderen wirtschaftlich bedeutenden und einwohnerstarken Regionen in Europa – etwa den oben angesprochenen Städten Mailand, Lyon, Manchester und Barcelona – hat Berlin noch vergleichsweise wenige Langstrecken. Dass Delta nach New York nicht das ganze Jahr über aufrechterhält und United die Verbindung nach Washington sogar wieder komplett streicht, mag dabei deprimierend sein, sollte aber nicht überbewertet werden.
Sobald es die Luftverkehrsabkommen zulassen sollten, ist damit zu rechnen, dass Emirates und gegebenenfalls Etihad Airways durch Flüge nach Berlin die Konnektivität in Richtung Asien und Australien erhöhen werden. Mit dem potenziell wieder wachsenden China-Geschäft dürfte zudem nicht nur Hainan Airlines seine Verbindung ausbauen, auch der Start weiterer Verbindungen nach Asien ist dann nicht ausgeschlossen. Zwar dürfte die Sperrung des russischen Luftraums dazu führen, dass Flüge nach Fernost schwer wirtschaftlich zu betreiben sind, doch langfristig erscheinen auch Verbindungen nach Japan oder Südkorea nicht ausgeschlossen.
Bleibt der nordamerikanische Markt, der insbesondere mit Blick auf die touristische Bedeutung von Berlin sowie die neue Tesla-Fabrik nahe des Flughafens, relevant erscheint. Hier tut sich Berlin bislang besonders schwer, verbleiben mit Ausnahme der ausgewählten Verbindung von Norse doch nur der saisonale Delta-Flug sowie der immerhin das ganze Jahr über angebotene United-Flug (beide nach New York). Gerade mit neuen und kleineren Flugzeugen wie dem Airbus A321(X)LR erscheint es hier nicht unwahrscheinlich, dass langfristig weitere Routen dazukommen, etwa nach Toronto, Washington D.C. oder auch Charlotte und Atlanta.
Umsteigen wird der Standard bleiben
Gleichwohl sollte man sich als Berliner nichts vormachen, denn das Umsteigen wird die Regel bleiben. Zwar steigt die Zahl der Flugverbindungen und Ziele ab dem BER von Saison zu Saison, doch sowohl in Europa als auch weltweit lassen sich Dutzende Ziele ab Berlin nicht direkt erreichen, die Reisende ab Frankfurt oder München teils sogar mehrmals täglich direkt ansteuern können. Gerade als Geschäftsreisender wird das Umsteigen dabei die Regel bleiben.
Dass weder easyJet noch Ryanair noch Eurowings planen, den Berliner Standort signifikant auszubauen, wird sich daran vorerst auch nichts ändern. So einige Destinationen werden Reisende auch in Zukunft ausschließlich mit einem Stopp in Frankfurt, München oder einem anderen europäischen Drehkreuz erreichen. Das klingt zwar nervig, aber ist am Ende ein Schicksal, dass sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern ein Großteil der Bevölkerung teilt – auch dass sollte man nicht aus dem Blick verlieren.
Ein Drehkreuz Berlin wäre wohl nur auf Kosten von Lufthansa möglich – also über einen Freifahrtschein für die Golf-Airlines. Für ein solches Szenario hat Lufthansa jedoch zu viel Einfluss auf die Bundespolitik.
lieber Moritz da hast du absolut recht , zu airberlin Zeiten war es einfach da txl als hub fungierte ..sorry daherkam 😀 Lufthansa Entschuldigung Heide heute als Monopol airline alleine wo sie ihr hub betreiben , das ist Fra und Muc und basta . solange es keine wirklich Mitbewerber airline gibt wird sich da auch nichts tun und wir bleiben löckebömmel Flughafen . bedauerlicherweise ….